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Polen Die Rückkehr der Schwalbe

Unvergessen ist die Schwalbe bis heute geblieben, wegen ihres einmaligen Designs und unverkennbaren Sounds. In Breslau feiert sie gleich zwei Mal ein Comeback.

Von: Katharina Zabrzynski

Stand: 25.02.2018 | Archiv

Schwalbe | Bild: BR

Die Formen sind geblieben, nur die Technik ist neu: Bessere Beschleunigung, stärkerer Motor, keine Abgase, ökologisch.

Michał Koziołek

Auch seine Schwalben sind elektrisch. Aber Schwalbe ist nicht gleich Schwalbe:

"Das ist wirklich retro und nicht nur auf retro gemacht. Es sind echte Simson-Schwalben aus den 60er Jahren, nur eben mit einem innovativen Motor."

Michał Koziołek, RetroElectro

Daniele Cesca

Ein Industriegebiet im Westen von Breslau: Hier stellt die Firma Govecs ihre E-Schwalben her. Der Marketingexperte der Firma ist überzeugt: mit der E-Schwalbe kauft man Emotionen.

"Das ist Lebensgefühl. Das ist Fahrspaß. Das ist das Gefühl, auch etwas Gutes zu tun für die Umwelt. Ich habe etwas Einzigartiges auch. Man kauft auch eine Ikone: das ist ein Kultobjekt, die Schwalbe."

Daniele Cesca, Govecs

Seit August letzten Jahres wird die E-Schwalbe hier gebaut, vieles wird von Hand gemacht. Gerademal 50 Roller verlassen pro Woche das Werk. Auch das technische Know how kommt aus Breslau. Nicholas Holdcraft, ein gebürtiger US-Amerikaner leitet den Standort.

Daniele Cesca arbeitet in der Hauptniederlassung von Govecs in München. Von dort stammte die Idee, die Schwalbe neu aufzulegen, eine deutsch-polnische Zusammenarbeit:

"Wir wollten die Form möglichst beibehalten, das Produkt aber mit einer völlig neuen Technik ausstatten. Das war die größte Herausforderung."

Daniele Cesca, Govecs

"Was uns viel Zeit gekostet hat: Der Motor befand sich unter dem Rahmen. Dort haben wir die Batterie untergebracht. Den Motor haben wir jetzt an der Hinterachse angebracht. Da war vorher nichts."

Nicholas Holdcraft, Govecs

Fünfeinhalb bis sechseinhalb Tausend Euro kostet die E-Schwalbe – viel Geld. Für junge Trendsetter in den Großstädten sei das aber hinnehmbar, glaubt Cesca. Schließlich ist die E-Schwalbe kein gewöhnlicher Roller:

"Junge Leute, die keine Ahnung haben von der Geschichte, sehen gleich: das ist etwas Besonderes, es zieht Blicke auf sich. Dann informieren sie sich und stellen fest, das schaut nicht nur einzigartig aus, es hat eine Geschichte. Das wird den absoluten Coolnessfaktor der Schwalbe ausmachen."

Daniele Cesca

Über eine Million Schwalben wurden ab Mitte der 60er Jahre im thüringischen Suhl hergestellt. Für Generationen junger DDR-Bürger war der Roller aus dem Simson-Werk das Symbol der Freiheit.

Das dagegen ist eine originale Simson-Schwalbe. Nur da, wo sich einst der Motor befand, werden jetzt Batterien angebracht. Michał Koziołeks Schwalben-Abenteuer begann mit einem Anruf: Ein Freund, der an der deutsch-polnischen Grenze lebte, bot dem Breslauer vor ein paar Jahren den Roller seines Opas an. Er fuhr sofort hin.

"Gegen drei, vier Uhr morgens sind wir nach Breslau zurückgekommen. Wir waren total high, weil wir ein neues Kind hatten, dem wir ein neues Leben schenken würden. Und schon morgens um vier fingen wir an zu überlegen, was wir auswechseln müssen und wie die ganze Renovierung aussehen sollte. Und irgendwie durch Zufall kam uns der Gedanke: warum den Antrieb nicht gegen einen modernen, ökologischen austauschen?"

Michał Koziołek, RetroElectro

Ab dreieinhalb Tausend Euro gibt es die Retro-Schwalben zu kaufen. Noch gibt es Probleme mit der Zulassung, denn die Elektroroller werden nicht seriell hergestellt. Michał Koziołek arbeitet an einer Lösung, denn es gibt viele Interessenten: Menschen, die genug haben von Dingen, die kaputt gehen, wenn die Garantie ausläuft.


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