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Polen Neue Mediengesetze

Vor Telewizja Polska, dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen, wartet Slawomir Sierakowski auf seine kurze Ansprache. Wie alle hier lehnt er die Medienpolitik der neuen Regierung ab.

Von: Griet von Petersdorff

Stand: 21.02.2016 | Archiv

Das Gebäude von Telewizja Polska | Bild: BR

Hauptsorge: Hörfunk und Fernsehen sind nun der Regierung unterstellt.

"Die neue Macht hat uns Medien ohne Werbung versprochen, aber diese Medien werden auch keine Zuschauer haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Leute Lust haben auf ein extrem parteiliches Fernsehen."

Slawomir Sierakowski

Es weht nun ein rauer Wind in den Redaktionsstuben. Regierungskritik kommt schlecht an. Das bekam die Journalistin Lewicka zu spüren, als sie den Kulturminister in einem Interview in die Mangel nahm. Sie verlor ihren Sendeplatz – erst nur kurz, jetzt aber für immer.

So soll das neue Mediengesetz umgesetzt werden: "Alle Arbeitsverträge der Festangestellten werden aufgehoben. Sie gelten noch drei Monate. Dann wird entschieden, wer weiter arbeiten darf, wer nicht. Das entscheiden die neuen Direktoren."

Jacek Kurski

Einer von ihnen ist der neue Intendant von TVP Jacek Kurski, einst PIS-Abgeordneter im polnischen Parlament. Die politische Richtung ist also klar. Und er fegt mit eisernem Besen: Diese Reporter fliegen raus. Es ist wie Roulette, einer bleibt, drei gehen, die waren wohl zu PIS-kritisch. Abschiede gibt es derzeit viele. Moderator Krasko schreibt: "Ich habe 14 Intendanten erlebt, der 15. ist mein letzter. Vielen Dank für die ungewöhnlichen Jahre."

Und wer kommt? Zum Beispiel Journalisten von Republika, ein rechtsgerichteter Fernsehsender, in dem auch PIS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski häufig zu Gast ist. Es gibt quasi eine Parallelwelt rechtslastiger Medien, auch weil sich die PIS von den öffentlich-rechtlichen Medien ungerecht behandelt fühlt.

Als das Mediengesetz im Sejm verabschiedet wurde, sind die PIS-Abgeordneten begeistert. "Endlich freie Medien", riefen sie, Häme schwang mit. Großes Entsetzen wiederum zeigt die Opposition, die PO, liberale Bürgerplattform, die zuvor an der Regierung war.

"Es gibt eine Menge Pseudo-Journalisten, die die PIS in anderen kleinen Medien unterstützt haben. Sie stehen schon Schlange, um bei den großen öffentlichen Medien das große Geld zu verdienen."

Rafal Grupinski, PO

"Es geht der PIS nicht um das Wohl der öffentlich-rechtlichen Medien, es geht ihr nur darum, die Posten dort an die eigenen Leuten zu vergeben."

Malgorzata Kidawa-Blonska, PO

Aber wie war es, als sie, die Liberalen, an der Regierung waren? Oder früher? Gehen wir mal einige Jahre zurück. Die Wahrheit ist: schon immer wurden die öffentlich-rechtlichen Medien von der Politik missbraucht. Alle Intendanten wurden von der einen oder anderen Partei nach vorn geschoben. Es waren viele in der letzten Zeit, manche blieben nur einige Monate. Es war immer ein Hauen und Stechen.

Slawomir Sierakowski

Slawomir Sierakowski arbeitet für den Verlag Krytyka Polityczna. Seit langem beobachtet er mit seinen Mitstreitern die Entwicklung in den polnischen Medien. Da läuft fundamental was schief, findet er.

"Solche Übergriffe auf die Medien haben alle Parteien gemacht. Alle! Auch die PIS früher schon, die Postkommunisten, die PO, auch in der Nacht, mit einem dubiosen Gesetz. Die meist 'prostituierte' Einrichtung in Polen ist der Landesrat für Fernsehen und Hörfunk."

Slawomir Sierakowski

Die öffentlich-rechtlichen Medien hatten es in Wirklichkeit immer schwer, sie waren chronisch unterfinanziert, auch unter der Vorgängerregierung.

"Die größte Niederlage der Transformation in Polen ist die Zerstörung öffentlich-rechtlicher Medien. Sie haben das Niveau kommerzieller Sender erreicht. Außerdem hat Donald Tusk gesagt, dass man die Rundfunkgebühren nicht unbedingt zahlen müsse. Das halte ich für skandalös."

Slawomir Sierakowski

Auch das geschah unter der liberalen Vorgängerregierung: Polizei drang in die Redaktionsräume des Magazins Wprost, um Material über Tonbandprotokolle zu sichern. Spitzenpolitiker waren in einer Kneipe abgehört worden. Das Eindringen war Rechtsbruch, und erst jetzt stellte sich heraus, dass diese Journalisten auch abgehört wurden.

So weit so schlecht. Jetzt könnte es noch schlimmer werden, denn der neuen Regierung geht es bei ihrem Medienengagement um vieles, aber nicht um Pressefreiheit.

"Wissen Sie, wir stellen uns das so vor, dass die neue Leitung der öffentlichen Medien eine Art Partner ist für die regierende Partei im Sejm."

Jacek Sasin, PIS

Etwas überspitzt: TVP als Pressestelle für die Regierungspartei. Jedenfalls um Sylvester herum endeten die Sendungen irgendwie anders:

"Sie sehen mich zum letzten Mal … in diesem Jahr zumindest. Ihnen, den tollen Zuschauern, wünsche ich vor allem Ruhe, auch meinen Kollegen in der Redaktion. Wir sehen wir uns wieder, hoffe ich zumindest."

Piotr Krasko

"Den Zuschauern wünsche ich schöne Tage. Auf Wiedersehen! Also, hoffentlich."

Diana Rudnik


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Vernando Kuemmele, Dienstag, 23.Februar 2016, 21:37 Uhr

1. Durchsuchung Wprost

Die Durchsuchung der Medienzentrale „Wprost“ geschah doch wohl nicht unter dem Eindruck, das der Staat sich über die Mediengesetze hinwegsetzte, sondern weil kriminelle Akteure dieses Blatt teilweise missbrauchten um missliebige Menschen aus Politik, Medien, angesehene Gelehrte teilweise zu diffamieren oder zu diskreditieren. Oder soll ich Ihren Beitrag als Lobeshymne werten, das ein polnischer Redakteur Namens Sylwester(Silwester)Latkowski seine Machtposition erneut missbrauchte, um erstens die Kanzlerin Angela Merkel zum Mensch des Jahres 2013 in Polen zu küren und zweitens die eigene Regierung im Zuge der Ukraine_Krise zu diffamieren.Und wenn schon nicht die Variante 1 von Sylwester Latkowski greift, dann eben die damals geplatzte politische Bombe mittels der Abhöraffäre. Das war kein journalistisches Gespür, sondern illegal hergestellte Tonaufnahmen und im Vorfeld angedroht, hinsichtlich einer nicht abgegebenen Stellungnahme zu einem anderen Interview zu seiner Person.