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Live aus Österreich Wer regiert künftig die Alpenrepublik?

Österreich wählt nach einem Wahlkampf, der in einer Schlammschlacht ausartete. Wird die rechtspopulistische FPÖ davon profitieren?

Von: Till Rüger / Michael Mandlik

Stand: 15.10.2017 | Archiv

Christian Kern (SPÖ) , Sebastian Kurz (ÖVP) , Heinz Christian Strache (FPÖ) vor Beginn der ATV-Elefantenrunde mit den Spitzenkandidaten zur kommenden Nationalratswahl | Bild: picture alliance/APA/picturedesk.com

Es sind klare und einfache Botschaften wie in diesem Werbespot mit dem die FPÖ ihre Wähler mobilisiert. Und dafür ist sich selbst der Spitzenkandidat der Rechtspopulisten, Heinz-Christian Strache nicht zu schade.

Der FPÖ-Chef könnte nun der lachende Dritte sein, nachdem sich Österreichs Sozialdemokraten mit dirty-campaigning also Negativ-Wahlkampf aus dem Umfragetief retten wollten und nun in eine Schmutzkübelkampagne mit den Konservativen der ÖVP geraten sind. Enthüllungen und Anschuldigungen dominieren seit Tagen die Wahlkampf-Diskussionen.

TV-Duelle und Elefantenrunden liefern sich die Spitzenkandidaten der großen Parteien. Eine Rekordzahl - noch nie war so viel Politik in den Medien. Doch gerade der Wahlkampf im Internet ist gründlich schiefgelaufen. Viele Wählerinnen und Wähler in Österreich wenden sich inzwischen angewidert ab.

Was war passiert? Der von der SPÖ engagierte Wahlkampfmanager Thal Silberstein steht nach Recherchen österreichischer Journalisten hinter einem Internetportal, das zum Beispiel auf Facebook den Spitzenkandidaten der Konservativen ÖVP Sebastian Kurz diffamiert und rassistische sowie antisemitische Inhalte verbreitet hat. Dafür hat die SPÖ über 400.000 Euro an Thal Silberstein überwiesen. Silberstein wurde bereits im August wegen des Verdachts der Geldwäsche in Israel vorübergehend festgenommen und daraufhin von der SPÖ entlassen.

Erst jetzt kam seine Beteiligung an der Negativ-Kampagne gegen Sebastian Kurz ans Licht. Mitarbeiter der SPÖ mussten eingestehen, dass sie mit Silbersteins Hilfe am dirty-campaigning gegen Sebastian Kurz beteiligt waren. Der forderte eine klare Abgrenzung der SPÖ:

"Aus meiner Sicht wäre es richtig, sich zu entschuldigen; wenn nicht bei mir, dann bei alle jenen, die man mit den Postings verletzt hat."

Sebastian Kurz

Der Wahlkampfleiter der österreichischen Sozialdemokraten trat zurück. Und SPÖ-Chef Christian Kern musste in den folgenden TV-Debatten in die Offensive gehen:

"Ich habe den Silberstein engagiert. Das ist so. Aber wenn die Kollegen jetzt so tun, dass sie mit all dem nichts zu tun hatten, dann glaube ich das nicht."

Christian Kern

Die SPÖ vermutete nun einen Maulwurf in den eigenen Reihen, der Informationen direkt an den politischen Gegner weiterreicht. Ein paar Tage später decken österreichische Medien auf: Ein ÖVP-Sprecher soll einem SPÖ-Mitarbeiter 100.000 Euro für Beweise zum dirty-campaigning angeboten haben. Immer mehr Details über unzulässige Zahlungen, politische Absprachen und schmutzige Facebook-Werbung wurden bekannt.

In den Umfragen liegt Sebastian Kurz derzeit fast uneinholbar vorne. Sollte er aber von den Machenschaften seines Sprechers und den 100.000 Euro Bestechungsgeld gewusst haben, droht auch ihm ein massiver Vertrauensverlust bei den Wählern.

Social-Media Experten wie Ingrid Brodnik sind entsetzt wie das Negativ-Campaigning in Österreich eingeschlagen hat.

Nun dürfte die Affäre um dirty campaigning sogar ein Fall für die Gerichte werden. Nachdem die ÖVP bekannt gab, die SPÖ zu verklagen, zog diese keine zwei Stunden später nach und kündigte ebenfalls eine Klage an. Die Schmutzkübelkampagne wird Österreich also auch noch weit über den Wahltermin hinaus beschäftigen.

Doch wer profitiert von dem Skandal? Die Rechtspopulisten der FPÖ legten in den neuesten Wahlumfragen wieder zu. Auch Rainer Nowak Chefredakteur der Zeitung die Presse sieht derzeit nur eine Partei als Gewinner der Affäre:

"Ich glaube, es hilft jetzt ganz konkret der freiheitlichen Partei, dem HC Strache, der so tun kann, als hätte er mit dirty-campaigning nie was am Hut, was natürlich ein unglaubliche Fehleinschätzung ist, weil die Freiheitliche Partei immer wieder Seiten betreibt und auch Homepages in ihrem Umfeld hat, die genau das tun." Rainer Nowak, Chefredakteur 'Die Presse'

Keine der drei Großparteien wird eine eigene absolute Mehrheit erreichen. Damit ergeben sich dann drei Möglichkeiten für Koalitionen: sowohl Schwarz-Blau, also Konservative mit den Rechtspopulisten, als auch Schwarz-Rot also Konservative und SPÖ wie bisher, aber auch Rot-Blau, Sozialdemokraten mit der FPÖ wären lauf Meinungsforschern nicht ganz ausgeschlossen, denn fast 15 Prozent der Wähler wollen sich laut Umfragen erst am Wahltag definitiv entscheiden.


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