Niederlande Nachwuchs-Müller gesucht
Windmühlen sind eines der bekanntesten Wahrzeichen der Niederlande. Die 19 bekanntesten stehen am Kinderdijk, rund 15 Kilometer südlich von Rotterdam. Die noch gut erhaltenen Mühlen stammen aus dem 18. Jahrhundert und wurden von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt.
Während seine Schulkameraden am Wochenende auf den Fussballplatz oder zu Partys gehen, macht sich Koen Heikop auf den Weg zur Windmühle. Der 16-Jährige macht neben der Schule eine Lehre zum Müller bei Henk Demoet, dem Meister dieser 130 Jahre alten Mühle in Dongen nahe der belgischen Grenze.
Die Routine hat Koen bereits gelernt: Zunächst wird die Fahne gehisst. Der Müller ist zuhause, heisst das. Dann muss die Flügelwelle geschmiert werden. Mit Schweinefett, wie schon seit Jahrhunderten. Und schliesslich werden die Segel über die Flügel gespannt:
"Meine Freunde finden das ganz nett, was ich hier mache. Aber so richtig verstehen tun sie es nicht. Wenn ich davon erzähle, sind die schnell gelangweilt."
Coen Heijkoop, Auszubildender
Langweilig oder nicht – die Windmühlen sind nun mal das Wahrzeichen der Niederlande. Rund 1000 gibt es noch im ganzen Land und fast alle drehen sich, und das nicht nur für Touristen: Noch mahlen sie wie eh und je das Korn, betreiben Sägewerke oder pumpen Wasser in die Polder. Aber es fehlt an Nachwuchsmüllern wie Koen, beklagt sein Meister, selbst schon fast 70 Jahre alt:
"Damit beschäftigen sich heutzutage vor allem Rentner in ihrer Freizeit. Noch können die Mühlen betrieben werden, aber in zehn, 15 oder 20 Jahren, da werden wir ein echtes Problem bekommen."
Henk Demoet, Müller
Zumal selbst viele Niederländer denken, dass die Mühlen nur Kulisse sind. Ihr Mehl kommt aus dem Supermarkt:
"Das wussten wir nicht, dass man dort auch Mehl kaufen kann. Keine Ahnung."
Ein Mann
"So ist es bequemer. Aber vielleicht schmeckt es aus der Mühle besser?"
Ein anderer Mann
Für Leen Lagerwerf ist das keine Frage: Ob Roggen-, Weizen- oder Dinkelmehl, mit seiner Mühle in der Stadt Oisterwijk beliefert er die Bäckereien der Gegend:
"Wenn die alten Mahlsteine ‚singen', wie wir sagen, und wenn sich das Mehl weich und leicht sandig anfühlt, dann wissen wir: Die Qualität ist gut."
Leen Lagerwerf, Müller
Selbstverständlich dürfen nebenbei auch Touristen dem alten Handwerk zuhören und zuschauen. Diese hier sind extra aus Spanien angereist:
"Wir sind hierhergekommen, weil alle davon reden, dass die Niederlande voller Windmühlen stehen."
Eine Touristin
Die Windmühlen werden bestehen bleiben – soviel ist sicher. Doch ob von dort auch in Zukunft noch Mehl an Bäcker geliefert wird und ob junge Niederländer wie Koen Heikop immer noch Mühlenkonstruktionspläne pauken wollen, das ist fraglicher denn je.