BR Fernsehen - EUROBLICK


0

Italien Ein Krankenhaus für Kunstwerke

Es ist die Liebe zum Detail, es geht um die tägliche Geduldsprobe und die Leidenschaft für die Kunst: im Opificio delle Pietre Dure in Florenz arbeiten Restauratoren an Meisterwerken von Raffael bis Caravaggio.

Von: Ellen Trapp

Stand: 30.07.2017 | Archiv

Ein Gemälde in der Restaurierungswerkstatt | Bild: BR

Mario Ciatti ist der Wächter über diese Kunst, die auch ihn noch immer tagtäglich verzückt:

"Das ist Arbeit von nur wenigen Monaten. Es gibt Fälle, bei denen es auch ein paar Jahre dauern kann, die Arbeit zu restaurieren. Bei dieser Arbeit geht es uns auch um die Technik der Kunst, eine Art Fortbildung. Wir können nur davon profitieren, um andere Restaurierungen durchzuführen, mit Wissen und Sachverstand. Man lernt nie aus."

Mario Ciatti

Mario Ciatti

In der Werkstatt des Opificio, die von den de’ Medici im 16. Jahrhundert gegründet wurde, arbeiten heute rund 20 Personen.

"Das, was man am deutlichsten erkennt, ist die Reinigung des Meisterwerks. Und die hat diese außergewöhnliche Schönheit noch deutlicher ans Licht gebracht. Es läßt sich auch die Leuchtkraft verschiedener Bildausschnitte bewundern. Unglaublich, wie er die verschiedenen Altersstufen der Frauen herausarbeite: die alte Frau und die junge Dame, das Kind. Ein Meisterwerk von höchster Qualität!"

Mario Ciatti

Ein Caravaggio, der auf Malta hängt, oder spätgotische Kunst, wie diese von Gherardo Starnina, angereist aus dem Museum Würzburg, sie pflegen und kümmern sich um alle gleichermaßen. Haben die Restauratorinnen nicht manchmal Angst einen Fehler zu machen?

"Sicherlich, aber wir haben natürlich eine Menge Hilfsmittel. Wir haben besondere Mikroskope mit denen wir uns den Stellen annähern können. Wir versuchen immer auf Nummer sicher zu gehen. Vielleicht etwas langsam, aber wir wollen die Kunstwerke ja auch nicht beschädigen."

Patrizia Reitano, Restauratorin

Dieses Triptychon aus Würzburg ist in einem guten Zustand. Doch viele Meisterwerke werden viel zu spät zum Restaurieren gebracht.

"Es wäre sehr wichtig, wir würden präventiv arbeiten. So könnten wir verhindern, dass große Schäden an den Kunstwerken entstehen. Man könnte immer ein Auge auf sie werfen, sie ständig warten, sozusagen. Die Kunstwerke sind praktisch wie Menschen. Und dieses Institut ist wie ein großes Spezialkrankenhaus – von der Analyse, verschiedenen Untersuchungen bis zum OP gibt es hier alle Varianten."

Mario Ciatti

Sandra Rossi

Von der Werkstatt ins Museum: Die Familie de’ Medici hatte auch eine Vorliebe für edle Steine. Darum haben sie eigens für ihren Hof produzieren lassen, eine Handwerkskunst, die nur im Team bewältigt werden konnte.

"Diese Arbeiten haben ewig gebraucht – Jahre um Jahre der Arbeit Vieler. Und jeder war ein Spezialist für irgendetwas und hat damit an der Realisierung des Meisterwerks mitgearbeitet: einer war für Steine zuständig. Dann hat einer die Modelle, der Maler der Aquarelle, der, der die Steine geschnitten hat, der sie zusammengesetzt hat – eine wahre Teamarbeit."

Sandra Rossi

Das ist die Vorlage, diese Malerei. Und daraus entstand das Meisterwerk aus Stein. Die Steine, sie kamen aus der ganzen Welt: Lapislazuli aus Afghanistan, Malachit aus Russland oder Achat aus Indien.

Zurück im Krankenhaus: Notaufnahme eines vom Erdbeben beschädigten Werks. 5000 davon lagern derzeit noch in Spoleto und warten darauf geheilt zu werden.

"Wir haben ein kleines Team von unseren Restauratoren, das sich um die schnelle Rettung sozusagen kümmert. Es geht nicht um die vollständige Restaurierung, sondern Schlimmeres zu verhindern und das Werk zu sichern."

Mario Ciatti

So kommen die Patienten hier in eine der berühmtesten Werkstätten der Welt. Und vor den Rettern sind alle Kunstwerke gleich. Dieses Kreuz vom Anfang des 14 Jahrhunderts hängt in einer ganz kleinen italienischen Kirche auf dem Land.

"Diese Kunstwerke haben ja auch ein Leben, als wären es Menschen. Je älter sie werden, desto zerbrechlicher werden sie auch."

Mario Ciatti

Und diese Kunst zu erhalten, kostet ein Vermögen.

Ein Besuch im Museum des Opificio lohnt sich. Im 16. Jahrhundert gegründet, ist es ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen aus der ganzen Welt.


0