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Italien Mit 81 zurück an die Macht?

So kennt ihn die Welt: die einen schämen sich für ihn, die anderen liegen ihm zu Füßen – Silvio Berlusconi in seinen besten Jahren.

Von: Ellen Trapp

Stand: 25.02.2018 | Archiv

Silvio Berlusconi | Bild: BR

"meno male che Silvio c‘è …" – "Gott sei Dank haben wir Silvio", heißt es im Wahlkampfsong aus alten Zeiten, der heute wieder brandaktuell ist. Denn Berlusconi ist zurück, wenn auch gesundheitlich nicht mehr ganz so fit. Doch der 81-Jährige will es wirklich nochmal wissen.

Michela Murgia

Michela Murgia ist Schriftstellerin. Sie beobachtet "das Phänomen Berlusconi" seit vielen Jahren und sieht ihn weniger als Politiker:

"Diese besessene kosmetische und chirurgische Erhaltung des Körpers von Berlusconi ist die Konservierung einer Idee. Kosmetik trifft es in dem Fall genau, denn es hat mit Ordnung seines Kosmos zu tun. Und in diesem Kosmos ist er der Sonnenkönig. Er ist derjenige, um den sich alles dreht. Man muss nur mal an das Paradox dieser erneuten Kandidatur denken: Er kann nicht kandidieren, weil er rechtskräftig verurteilt ist."

Michela Murgia, Schriftstellerin, Journalistin, Feministin

Jean-Claude Juncker und Silvio Berlusconi

2013 wurde Berlusconi hier in einem Prozess wegen Steuerhinterziehung in letzter Instanz rechtskräftig zu vier Jahren Haft verurteilt. Zur Strafe gehörte auch, dass er sein Mandat als Senator zurückgeben musste und bis 2019 keine politischen Ämter bekleiden darf. Doch genau das versucht er bis zum Wahltag am 4. März noch zu ändern. Wie? Berlusconi klagt dagegen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Berlusconi reist nach Brüssel, macht Werbung in eigener Sache bei EU Kommissionspräsidenten Juncker. Der wiederum resümiert das Treffen mit Berlusconi: "Excellent!"

"Ich denke, wenn aus Straßburg ein Urteil käme, dass die Entscheidung des Senats aufheben würde, ich wurde ja vom Senat ausgeschlossen, dann hätte ich wohl die Pflicht die Regierungsgeschäfte zu übernehmen."

Silvio Berlusconi

Staatstragend wie eh und je gibt er sich, als sei er noch in Amt und Würden, präsentiert in Brüssel Vorschläge zur Lösung der Flüchtlingskrise, Flüchtlinge, die Berlusconi zu Hause in Italien als "Kriminelle" bezeichnet:

"Die Anzahl der Grenzbeamten kann erhöht werden, um Hotspots in Italien zu kreieren mit Beamten, die von anderen europäischen Ländern kommen."

Silvio Berlusconi

Pier Carlo Padoan

Ein Mitte-Rechts-Bündnis hat er geformt mit klarer Ansage für den Umgang mit Flüchtlingen: Grenzen dicht machen! Auch damit will Silvio Berlusconi die Wahl gewinnen. Seine Forza Italia, Salvinis Lega Nord und Melonis Fratelli d‘Italia wissen, was die Italiener umtreibt. Und sie versprechen auch Geschenke: Steuergeschenke. Weniger Steuern? Da war doch was… Im Netz kursiert dieses Video: Berlusconis Wahlversprechen seit 1994: Arbeit für alle und, Überraschung, "meno tasse", weniger Steuern. Eine Pauschalsteuer soll es werden, Höhe ungewiss. Gegenfinanzierung auch – drum ist das Urteil des Finanzministers Padoan nicht überraschend:

"Für mich ist diese flat tax eines der Dinge, die ich als Zauberei oder Märchen bezeichnen würde."

Pier Carlo Padoan, Finanzminister Italien

Silvio Berlusconi

Und wessen Herzen muss man noch gewinnen? Die der Rentner. Das weiß der 81-jährige Berlusconi auch. Er will eine Grundrente einführen, das Renteneintrittsalter runterschrauben, finanziert…wie nochmal?

"Dieser Mann hat eine enorme Fähigkeit, starke Gefühle auszulösen: Liebe – und die macht per Definition blind. Das heißt, es ist völlig egal, wie absurd seine Versprechen sind. Wenn ich dich liebe, dann liebe ich alles an dir und kontrolliere auch nicht, was du machst. Ein Teil der Italiener hat diese Art des Vertrauens auf Berlusconi übertragen. Und das ist ein kindliches Verhalten."

Michela Murgia

In einer Woche haben die Italiener die Wahl. Möglich, dass Berlusconis Mitte-Rechts-Bündnis vorne liegen wird, doch ohne Koalitionspartner keine Regierung. Berlusconi also, wieder einmal Zünglein an der Waage. Gut möglich, dass er sich den Sozialdemokraten als Koalitionspartner anbieten wird.


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