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Griechenland Der Wirtschaftskrise zum Trotz

Diese Frucht hat ihm zum Glück verholfen. Mit der Goji-Beere hat Vassilis Dafnis die Welt erobert.

Von: Ellen Trapp

Stand: 25.06.2017 | Archiv

Berrylandprodukte | Bild: BR

Vassilis Dafnis

Der Landwirt und Unternehmer lebt keine zwei Autostunden von Athen entfernt. Er hat Theologie studiert und als Autoverkäufer gearbeitet, für knapp 400 Euro im Monat. Die junge Familie konnte er damit nicht ernähren. Darum nahm er seinen Mut zusammen und machte sich selbstständig, mitten in der Krise.

"Wir versuchen unsere Träume wahr zu machen. Als Kinder haben wir 'Unsere kleine Farm' im Fernsehen gesehen. Und im Prinzip haben wir genau das erschaffen. Wir genießen diese Lebensart. Der Kleine spielt sorgenfrei auf dem Hof. Wir bauen an ohne Düngemittel. Unser Hof ist bio-zertifiziert. Wir säen und ernten selbst alles."

Vassilis Dafnis, Gründer von Berryland

Seine Frau und sein Bruder arbeiten mit ihm zusammen. Und das schon seit fünf Jahren. Sie arbeiten oft bis zu 20 Stunden am Tag, sagt Vassilis. Reich werden sie davon nicht, aber sie sind glücklich, alle zusammen. Und die neuesten Sparmaßnahmen der Politik, beispielsweise die jüngst im Parlament beschlossenen Steuererhöhungen für Selbstständige, findet der Jungunternehmer nicht gerade hilfreich.

"Sie schüchtern mich nicht ein. Wir machen weiter. Sie erhöhen die Steuern, wir versuchen sie zu bezahlen. Und die drohende Zahlungsunfähigkeit besorgt unsere Kunden im Ausland. Sie rufen an, schreiben und fragen: 'Was ist bei Euch in Griechenland los?' Wir versuchen sie ständig zu beruhigen, dass hier alles in Ordnung ist und dass die Situation nun mal so ist wie sie ist."

Vassilis Dafnis, Gründer von Berryland

Griechenland kurz vor der Pleite, die Lage instabil und wenig hoffnungsvoll. Das Land braucht Wachstum, Arbeitsplätze – und die wären in der Landwirtschaft zu finden, weiß Vasillis.

Er arbeitet mittlerweile mit 35 Betrieben im ganzen Land zusammen. Und unter einer gemeinsamen Dachmarke produzieren sie Marmeladen und Soßen und vermarkten sie dann weltweit, nach Bahrain, Japan oder Deutschland!

Ioanna Dafnis

Und genau darin sehen Vassilis und Ioanna auch die Chance für ihre Heimat.

"Wir haben so viel zu tun – wir nehmen beispielsweise weltweit an Lebensmittel-Messen teil. Und wir suchen immer weiter nach qualitativ hochwertigen Produkten aus Griechenland. Dieser Job bringt viel Freude mit sich."

Ioanna Dafnis, Mitbegründerin Berryland

"Das Problem Griechenlands ist, dass wir nicht genug zusammenarbeiten. Wenn wir Griechen es schaffen würden zu kooperieren und Warenketten bilden würden. Wir sind eine solche kleine Kette. Wenn wir griechenlandweit größere Ketten bilden würden, dann würde der Agrarsektor das Wunder für Griechenland bringen."

Vassilis Dafnis, Gründer von Berryland

Dieses Unternehmen ist in der kleinen Kette, von der Vassilis spricht, eine Perle. Vassillis und Giorgos Kontos, der Chef der Verpackungsfirma, arbeiten eng zusammen. Hier werden die Berryland-Marmeladen abgefüllt, die anschließend in 14 Länder exportiert werden.

Giorgos Kontos

Eine Erfolgsstory, die aber schnell zu Ende sein könnte. Immer wieder wird um neue Kredite verhandelt, immer wieder gibt es neue Auflagen, Schuldenerleichterung ja oder nein? Ihre Hoffnung: der Sommer von 2015 darf sich nie wiederholen.

"Vor zwei Jahren hatten wir einen schrecklichen Sommer. Da gab es diesen Albtraum: drei Monate, in denen wir kein Geld abheben konnten bei den Banken und um unser Kapital fürchten mussten. Insofern, immer wenn wir von der Eurogruppe hören, ob wir nun das nächste Darlehen bekommen oder nicht, erst Mai, dann Juni, kommt diese Erinnerung immer wieder hoch."

Giorgos Kontos

Sie wollen nicht schwarz malen – sie versuchen sich weiterhin auf ihr Können und ihre Produkte zu konzentrieren.

Aber nicht nur weltweit sollen die vertrieben werden, auch die Nachbarn sollen sie kaufen können. Vor einem halben Jahr haben Vassillis und seine Frau einen Laden in Chalkida eröffnet – Griechenland tief in der Krise und das junge Paar setzt weiter auf Qualität und investiert.

"Ein normaler Mensch in diesem Land wird nicht Unternehmer. Entweder man ist ein Träumer oder verrückt. In unserem Fall denke ich, dass ich ein ziemlicher Träumer bin. Es ist doch sehr schwer unter diesen Verhältnissen. Und mit den ganzen Steuern kann man kaum kreativ sein, so wie es im Moment hier in Griechenland ist."

Vassilis Dafnis, Gründer von Berryland

Doch seine Kunden wissen seine Träumerei zu schätzen: "Ich kaufe gerne hier ein. Ich wohne im Ausland, in Brüssel. Das ist mal was anderes. Gesund halt!" "Immer wenn ich in Chalkida bin, denn ich wohne nicht hier, will ich unbedingt hier einkaufen."

Damit das so bleibt, müssen die Rahmenbedingungen aber stimmen, sonst wollen nicht mal mehr Träumer wie er versuchen die Wirtschaft anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen, sagt Vassilis:

"Wir können uns aber nicht darauf verlassen, dass jemand anderes etwas tun wird. Nur wir selbst können Gutes bewirken. Wenn also jeder Einzelne versucht etwas Gutes zu schaffen, können mehrere eine Gruppe bilden und viel Positives bewirken."

Vassilis Dafnis, Gründer von Berryland

Die kleine Farm von Vassilis, Ionna und dem kleinen Giannis. Für ihren Traum arbeiten sie hart und sie hoffen weiter darauf. dass die Krise so schnell wieder vorbei ist, wie sie Griechenland heimsuchte. Doch wirklich optimistisch ist die Familie nicht.


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