Finnland Reiche Senioren – Arme Gemeinde
Hier gab es schon mal bessere Zeiten - Pukkila im Süden Finnlands. Seit Jahren ächzt die kleine Gemeinde unter immer größeren Schulden.
Doch bald soll es wieder aufwärts gehen. Jeden Montag trifft sich der Stadtrat zum ganz großen Befreiungsschlag. Erster Punkt der Tagesordnung: die Lottotasse. Jeder der neun Stadträte zahlt einen Einsatz und macht sein Kreuz; genau so viel Richtige braucht es dann bei der wöchentlichen Lottoziehung für den Superjackpot. Nur der Hauptgewinn ist groß genug, um den maroden Haushalt mit gut vier Millionen Schulden zu sanieren.
"Natürlich geht es uns um den Gewinn. Aber noch wichtiger ist unsere Botschaft an die Regierung: So geht es nicht mehr weiter!"
Jukka Lehtimäki, Stadtrat Pukkila
"Unsere Gemeinde hat soviel Kürzungen erlebt, und überall spart die Regierung ein, ob im Sozialen oder bei der Gesundheit. Hier gibt es nichts zu kürzen."
Jyrki Loijas, Stadtrat Pukkila
Was das heißt, will Jukka uns zeigen. Auf seinem Traktor nimmt uns der gelernte Landwirt mit durch seine klamme Gemeinde. Die Fahrt geht dahin, wo Finnland eigentlich weltweit vorne ist, zur Schule.
Finnlands Schüler sind die besten: Dank ausgefeilter Lehrmethoden und hohen Bildungsinvestitionen. Nicht so in Pukkila: Tausende Euro mussten hier eingespart werden. Und deshalb erinnert das Klassenzimmer eher an vergangene Zeiten: Bleistift und Kreide statt Laptop.
"Ich habe Angst, dass unsere Kinder in Zukunft nicht die gleichen Fähigkeiten besitzen wie andere Schüler, weil kein Geld mehr für Computer vorhanden ist und für die entsprechende Software."
Mari Puustinen, Lehrerin
Jukka Lehtimäki
"Es ist ein Jammer!", meint Jukka auf seiner Treckertour, denn eigentlich ist sein Dorf eines der reichsten Finnlands. Und das hat zu tun mit einem Mann, der im letzten Jahrhundert hier wohnte: Onni Nurmi. Sein Vermögen vermachte er nach seinem Tod seiner Gemeinde Pukkila. Darunter 780 Aktien einer gewissen Firma namens Nokia. Die produzierte damals noch Gummistiefel, bis sie dann umstellte auf Handys. Der Aktienkurs explodierte, und Onni Nurmis Testament hatte plötzlichen einen Wert von 30 Millionen Euro. Doch es gibt eine Bedingung:
"Das Geld, was aus dem Verkauf der Aktien erzielt wird, ist einzig dafür bestimmt, um den alten Menschen von Pukkila in ihrem Altenheim ihren Lebensabend so angenehm wie möglich zu gestalten."
Jukka Lehtimäki, Stadtrat Pukkila
Und deshalb hat das arme Dorf jetzt das wohl reichste Altenheim weltweit: Ein Wohlfühlcenter, mit allem was dazugehört: Fitness, Wellness und einem Schwimmbad – ein millionenschweres Projekt für gerade mal zwei Dutzend Senioren.
"Hier ist es wie in einem Fünfsternehotel: so eine schöne Unterkunft und gute Verpflegung! Wir haben hier alles."
Eine Seniorin
"Es war der Letzte Wille von Onni Nurmi, sein Testament. Und das muss man schließlich respektieren."
Eine andere Seniorin
Das tut auch Jukka im aufwendig gestylten japanischen Garten des Seniorenheims, Auch wenn er dann doch ein bisschen neidisch wird.
"Wenn ich manchmal im Bett beim Einschlafen bin, dann stelle ich mir vor, wie schön es wäre, wenn wir in Pukkila nur etwas von dem vielen Geld zur Verfügung hätten."
Jukka Lehtimäki, Stadtrat Pukkila
Eines hat der Stadtrat aber reichlich: die Unterstützung seiner Bürger: die protestieren gegen das Spardiktat aus Helsinki und unterstützen die Lotto-Politik von ihrem Jukka.
"Als sich das mit der Lotterie herumgesprochen hat, wollten alle mitmachen. Nicht hier in Pukkila, auch in den Nachbargemeinden wollen jetzt alle tippen."
Eine Frau
"Ich bin ja so gespannt. Wenn wir gewinnen sollten, ist das soviel Geld, dass wir uns auch noch neue Häuser leisten können."
Ein Mann
Dann das spannendste Amtsgeschäft: Die Ziehung der Lottozahlen. Und tatsächlich: Diesmal ein Gewinn: vier Richtige – das bringt mehr als 100 Euro.
"Falls wir den Jackpot knacken, gibt es eine richtig große Party."
Jukka Lehtimäki, Stadtrat Pukkila
1200 Euro haben sie bisher investiert, doch nur 1000 gewonnen. Vielleicht ist Lotto dann nicht so eine gute Idee, um Pukkila zu entschulden.