BR Fernsehen - DokThema


2

Megabauten statt Trinkwasser Droht Istanbul der Öko-Kollaps?

Istanbul – Weltkulturerbe und Moloch - leidet zunehmend unter Wasserknappheit. Außerdem ist das Wasserleitungssystem marode. Dazu kommen Umweltprobleme wie der Meeresschleim im Marmarameer und ein geplanter neuer Kanal, der den Grundwasserspiegel weiter senken könnte. Bürger wollen nun ihre Stadt für eine Zukunft in Zeiten des Klimawandels rüsten.

Stand: 13.03.2022

Sultan Aksu ist Ortsvorsteherin im historischen Viertel Kadiköy. Wenn wegen Wasserrohrbrüchen mal wieder das Wasser abgestellt wird, laufen bei ihr im Büro die Drähte heiß. Wenn der Wasserversorger die Bürger vorab informiert, legen sie sich Reserven in Eimern an. Das Leitungswasser verwenden die meisten nur zum Blumengießen und Duschen. Trinkwasser wird in Kanistern nach Hause geliefert. Durch die maroden Leitungen versickert rund ein Fünftel des Wassers im Boden, und auch sonst ist der Wasserverbrauch der Istanbuler enorm. Aksu will das ändern. Sie verteilt Wasserfilter und bringt sie manchmal sogar selbst vor Ort an, damit die Bewohner ihres Viertels mehr Wasser sparen.

Auch Selahattin Beyaz will seine Mitmenschen wachrütteln. Regelmäßig überprüft der Umweltingenieur die Wasserqualität und die Wasserstände der Trinkwasserreservoirs rund um Istanbul. Viele der Staudämme waren im Dezember 2020 nur noch zu 20 Prozent gefüllt. Zwar gab es in den beiden folgenden Wintern einige Niederschläge, doch nicht genug, meint Beyaz. Er sieht auch die Pläne für den neuen „Kanal Istanbul“ kritisch, der das Marmarameer mit dem Schwarzen Meer verbinden soll. Denn ein bestehender Süßwasser-Stausee müsste dafür geopfert werden und die Gefahr ist groß, dass der Grundwasserspiegel durch die weitere Versiegelung von Flächen sinkt. Darüber klärt er die Anwohner entlang des geplanten Kanals auf. Denn von Seiten der Politik kommen in dem autoritär geführten Land wenig Informationen über die Auswirkungen des Mega-Projekts.


2