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Bamberger Apokalypse Endzeitstimmung in schillernden Farben

Geweitete Augen, überlange Gliedmaßen, expressiver Ausdruck: Die Darstellung der Figuren der um das Jahr 1000 entstandenen Bamberger Apokalypse war von damals ganz neuer Dramatik - eine gemalte Umsetzung der Johannes-Offenbarung aus einer Epoche der Endzeitstimmung.

Von: Ernst Eisenbichler und Anna Hunger

Stand: 21.02.2012 | Archiv

Bamberger Apokalypse, Miniatur 24, Das Blasen der sechsten Posaune (Ausschnitt) | Bild: Staatsbibliothek Bamberg, Msc.Bibl.140,fol.24v

Todbringende Reiter, siebenköpfige Drachen, feuerspeiende Pferde - der letzte Abschnitt des Neuen Testaments, die Offenbarung des Johannes, breitet ein prophetisches Panoptikum des Schreckens aus - die sogenannte Apokalypse. Der Begriff stammt aus dem Griechischen und bedeutet "den Schleier wegziehen". Gott enthüllt dem Seher die Zukunft und Johannes berichtet vom Ende der Welt sowie dem darauf folgenden Kampf des Teufels gegen Gott.

Himmel oder Hölle

Kriege, Hungersnöte, Überfälle durch ungarische Reiterheere: Um das Jahr 1000 war die mitteleuropäische Christenwelt besonders empfänglich für Untergangsszenarien. Zumal in der Offenbarung des Johannes von einem "tausendjährigen Reich" die Rede ist. Man musste nur rechnen: Im Jahr 33 war Jesus Christus gestorben - plus 1.000 Jahre: ergibt 1033.

Die Apokalypse war immer wieder beliebtes Motiv in der Kunstgeschichte - hier aus dem Jahr 1498 von Albrecht Dürer.

Angst ging um vor der nach Ablauf dieser Zeitspanne angekündigten Ankunft des Antichristen. Gleichzeitig hegte man die Hoffnung, dass er - wie es in der Offenbarung heißt - vom Messias besiegt wird. Im Jüngsten Gericht fällt dann die Entscheidung über Einzug ins Paradies oder ewige Verdammnis.

Die Reichenauer Klostermaler - Kosmopoliten ihrer Zeit

Einer der vier apokalyptischen Reiter

Apokalyptische Reiter, Weltgericht, himmlisches Jerusalem: Diese und viele weitere Motive aus der Johannes-Offenbarung tauchen auch in der Bamberger Apokalypse auf - einem Prachtwerk, das König Heinrich II. (973/978-1024) dem von ihm gegründeten Bistum Bamberg schenkte. Die 2004 in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommene Handschrift ist ein herausragendes Werk der ottonischen Buchmalerei, das Mönche des Klosters Reichenau um das Jahr 1000 anfertigten. Neben lateinischen Texten enthält es 50 gemalte Miniaturen.

Kennzeichnend für den Reichenauer Stil sind der Verzicht auf Vielteiligkeit und Naturnähe, vielmehr vermittelt er eine "spirituelle Realität". Religiöse Überhöhung zeigt sich in der Hierarchisierung von Farben, Flächen und Größenverhältnissen, außerdem durch die Betonung horizontaler Linien, die himmlische und irdische Sphäre voneinander trennen.

Um 1000 gab es in Mitteleuropa zahlreiche Klosterschulen, mit Materialien herrschte reger Handel bis in den Orient hinein. So waren die Reichenauer inspiriert von Arbeiten aus Byzanz und Syrien. Von dort brachten reisende Mönche Mustervorlagen mit. Künstlerische Anregungen gewannen die Äbte indirekt auch durch die kriegerischen Italienzüge, an denen sie auf Geheiß des Kaisers teilnahmen. Die Farben und Pigmente wurden aus weit entfernten Regionen bezogen, etwa das Gummi arabicum zum Binden der Pigmente. Es wird durch Ritzen aus einer Akazien-Art gewonnen, die von Ägypten bis in den Senegal heimisch ist.


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