BR Fernsehen - Bayerischer Kabarettpreis


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Bayerischer Kabarettpreis 2019 Hauptpreis: Alfons

Stand: 16.09.2019 | Archiv

Schon der Name seiner Kunstfigur ist Programm: Alfons – das lässt sich zackig deutsch aussprechen mit scharfem S am Ende, aber auch weich und poetisch, wenn man die französische Variante des Namens benutzt. In diesem Spannungsfeld bewegt sich der diesjährige Hauptpreisträger. Alfons ist nach 25 Jahren, in denen er Bürgerinnen und Bürger in seiner orangefarbenen Trainingsjacke und mit einem überdimensionierten Puschelmikrofon bewaffnet um Auskunft bittet, eine Kultfigur. Wenn er auf ahnungslose Passanten trifft, sie mit diesem leicht müden, leicht melancholischen Blick und unbeholfenem, stark französischem Akzent anspricht, erwartet niemand Böses. Doch seine Fragen – und seine Fragetechnik – führen dazu, dass die Menschen schnell sich selbst und ihre Vorurteile preisgeben. Wer nicht mitdenkt, gerät in Teufels Küche.

Nicht nur auf der Straße, sondern auch auf den Kabarettbühnen des Landes entlarvt Alfons die Absurdität des Lebens. Bereits in seinem sechsten Programm stellte er fest, dass er "jetzt noch deutscherer" geworden ist – kein Wunder, nahm er doch 2017 neben der französischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft an. Dass das "Deutsch sein" ihn auch nach fast 30 Jahren im Land beschäftigt und noch oft verwundert, ist erstaunlich – schließlich liegen beide Länder als direkte Nachbarn mitten in Europa. So groß können die Unterschiede doch gar nicht sein. Doch Alfons macht diese sichtbar – sie liegen für ihn etwa in den angenommenen Gegensätzen von deutschem Pflichtbewusstsein und französischem Laissez-faire. Während kleinkarierte Deutsche auf leeren Straßen an roten Ampeln warten, hat der lebenslustige Franzose in allen Lebenslagen einen Rotwein zur Hand. Alfons bedient natürlich Klischees, aber seine Analysen des geschichtlich belasteten deutsch-französischen Verhältnisses gehen viel tiefer und zeugen von einer großen, nachsichtigen Liebe zu den Menschen, egal ob sie in Deutschland oder Frankreich leben. Vielleicht hat ihn dies seine Familiengeschichte gelehrt. Denn seine Großmutter entging nur knapp dem Nazi-Terror und wusste doch, dass Hass der falsche Weg ist. Ihr Vermächtnis lebt auch in Alfons‘ Humor weiter. Er gibt keine Schenkelklatschnummern zum Besten, sondern bewegt sich sicher auf dem schmalen Grat zwischen Komik und Tragik. Dass das Lachen am Ende gewinnt, wirkt wie eine Überlebensstrategie.

"Dieser Preis gibt mir Hoffnung für die europäische Zukunft - denn wenn ein Franzose, der in Hamburg lebt, in Bayern einen Preis gewinnt, dann ist alles möglich."

Alfons

Laudator Frank-Markus Barwasser

Mit kariertem Hemd, Herrenhandtasche, keckem Hütchen und mainfränkischem Zungenschlag ist der Kabarettist Barwasser seit 1993 als Kunstfigur Erwin Pelzig auf den deutschsprachigen Bühnen und im Fernsehen unterwegs. Und weil Frank, Franken und Frankreich lautlich so dicht beieinanderliegen, ist Frank-Markus Barwasser wie prädestiniert dafür, Hauptpreisträger Alfons zu ehren. Was die beiden eint: ihr entlarvender Blick auf die Absurditäten des Lebens.


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