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Rai-Südtirol Der restaurierte Kreuzweg von Bozen

Golgotha, die Schädelstätte: Die beiden Restauratoren Christoph Hofer und Karl Volgger befestigen den linken Schächer am blutrot gefärbten Kreuz. Wind, Sonne und Wetter hatten ihm und anderen Holzfiguren arg zugesetzt.

Von: Markus Perwanger

Stand: 20.03.2016 | Archiv

Restaurator und Kreuz | Bild: BR

Jetzt starrt der Übeltäter wieder wie ehedem mit verzerrter Mine ins … Nichts.

Bernhard Holzer

Die Grabeskirche und der Kreuzweg wurden nach Jahren wiederentdeckt – in Erinnerung an jene Pilger, die Ende des 17. Jahrhunderts, vor 300 Jahren, aus Jerusalem nach Bozen zurückkehrten und das alles, das Ensemble, finanziert haben:

"Man würde das Leiden Christi in unserer Zeit anders darstellen, sicher, aber wir haben es hier mit Volkskunst und Volksfrömmigkeit jener Zeit zu tun. Der Betrachter wird ins Geschehen geholt, er erlebt Kreuzweg und Auferstehung auf anschauliche, packende Weise. Die Kirche am Virgl ist allerdings auch eine Auferstehungskirche. Das zeigen die Fresken an der Kuppel. Das Ziel des Kreuzwegs bleibt Ostern."

Bernhard Holzer, Dekan Dompfarre Bozen

Die Grabeskirche selbst ist über einen Besinnungsweg erreichbar. Sieben Kapellen stehen dort, und in jeder wird eine Szene aus dem Kreuzweg Jesu nachgestellt.
Wüste Fratzen, sadistische Peiniger – so hat man sich 1682 die Folterknechte am Hof des Pontius Pilatus vorgestellt. Einige Figuren wurden bei den Bombenangriffen auf Bozen beschädigt, andere fielen Vandalen zum Opfer.

Christoph Hofer

Die Gesichter und Gestalten neu zu fassen – keine leichte Aufgabe für den Restaurator:

"Eine derart große Gruppe ist eine Besonderheit, das kommt selten vor. Die 30 Figuren stammen zudem aus einer interessanten Zeit – Ende 1600, Frühbarock. Natürlich sind einige Figuren hässlich und grausam dargestellt, es sollen ja wahre Folterknechte sein. Für mich und meinen Kollegen war es eine reizvolle Aufgabe und ein schöner, bedeutender Auftrag."

Christoph Hofer, Restaurator

Ein besonderer Augenblick: Der Schmerzensmann wird am Kreuz erhöht – gleich vier Männer sind am Werk und ziehen die 40 Kilo schwere Figur in die Höhe. Millimeterarbeit, denn sie muss genau dort befestigt werden, wo sie all die Zeit schon hing. Die drei Nägel: Folter originalgetreu.

Die Grabeskirche selbst strahlt Ruhe und Hoffnung aus. Sie wurde von zwei bedeutenden Architekten der Barockzeit gebaut, und zwar als Tempel, der ein Heiliges Grab schützt.

Dort liegt er, der Heiland. Dutzende Pilger ließen sich trotz der Gebete und Buße nicht davon abbringen, auf die Wände des Grabes zu kritzeln …

"Der Virgl ist der heilige Berg von Bozen. Bereits im fünften Jahrhundert stand hier die erste Kirche der Gegend; das haben Ausgrabungen ergeben. Zu allen Zeiten, durch die Jahrhunderte, sind Menschen zum heiligen Berg gepilgert. Sie haben Trost und Kraft gesucht – und hier als Gläubige auch gefunden."

Bernhard Holzer, Dekan Dompfarre Bozen

Der Virgl bei Bozen, Kreuzweg, Heiliges Grab und Ostern.
Heute rauschen Verkehr und Hektik an diesem Hügel vorbei. Anders als vor 300 Jahren – Bozen beschaulich. Ein bemerkenswertes Fresko blendet zurück in die Zeit um 1700 – so wie die Figuren und Kapellen voller Symbolik und barocker Frömmigkeit …


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