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RAI-Italien Die Luchetta-Kinderstiftung in Triest

Marco Luchetta und sein Kamerateam verloren 1994 ihr Leben, weil sie versuchten, das Schicksal von Kindern in Kriegsgebieten aufzuzeigen. Aus der Erinnerung an sie ist eine Stiftung entstanden.

Von: Vida Valenčič

Stand: 03.08.2014 | Archiv

Eine Zeichnung, die zwei Kinder darstellt. | Bild: BR

Die erste Hälfte der 90er-Jahre des 20. Jahrhunderts auf dem Balkan: Nach dem Zehn-Tage-Krieg in Slowenien brach der Krieg in Kroatien aus und griff schließlich auf Bosnien-Herzegowina über. Kriegsberichterstatter aus aller Welt waren vor Ort und riskierten auch ihr eigenes Leben.

Dario D´Angelo

Einer von ihnen war Marco Luchetta, Journalist des italienischen Fernsehens RAI-Triest. Im Januar 1994 war er mit dem Kameramann Saša Ota und dem Assistenten Dario D´Angelo in Mostar und drehte eine Dokumentation über das Schicksal von Kriegskindern, deren Mütter Opfer von Vergewaltigungen waren oder deren Eltern im Krieg getötet wurden.

In Mostar gab es damals zwischen Kroaten, Bosniaken und Serben heftige Kämpfe, die unzählige Todesopfer forderten, und bei denen auch das Wahrzeichen der Stadt, die alte Brücke über den Fluss Neretva zerstört wurde.

Am 28. Jänner 1994 erreicht das Team ein Haus in der Marschall-Tito-Straße im Ostteil von Mostar. Im Keller des Gebäudekomplexes hatten Flüchtlinge Unterschlupf gefunden, darunter auch viele Kinder.

Marco Luchetta

Während Luchetta den kleinen Zlatko interviewt, explodiert in unmittelbarer Nähe eine Granate und tötet Luchetta, den Kameramann Ota und den Assistenten D´Angelo. Die Körper der drei Männer werden zum Schutzschild für den Buben, der unverletzt bleibt.

Der tragische Tod der drei Mitarbeiter der RAI-Triest löste in der Stadt nicht nur Trauer, sondern eine Welle von Hilfsbereitschaft und Solidarität für die Familien der drei Getöteten aus.

Aber schon in den Tagen und Wochen nach dem schrecklichen Unglück entstand im Kreis der hinterbliebenen Familien und ihrer Freunde noch etwas, das zu einem Zeichen wurde, wie selbst ein furchtbares Ereignis eine positive Reaktion auslösen kann.

Das Anliegen von Marco Luchetta und seinem Kamerateam war es, das Schicksal von Kindern in Kriegsgebieten aufzuzeigen. Was wäre also besser geeignet gewesen, die Erinnerung an diese Männer wachzuhalten, als etwas zu schaffen, mit dem Kindern geholfen wird.

Das war die Geburtsstunde der Stiftung Luchetta-Ota-D´Angelo.

Es begann damit, dass der kleine Zlatko und seine Familie aus dem Kriegsgebiet herausgeholt und über Triest nach Schweden gebracht werden konnten. Aus dieser ersten Hilfestellung wurde eine Organisation, die heute schwerkranken Kindern aus der ganzen Welt erfolgreich hilft und ihnen wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

Katarina Husu

"Wenn ich an die ehrenamtlichen Helfer denke, kommt mir das Wort ´Genugtuung´in den Sinn, Genugtuung, welche dir die Mütter mit ihren Kindern vermitteln, die vielleicht erst vor ein paar Tagen nach Italien gekommen sind oder schon eine Zeit lang hier sind. Sie bringen eine Liebe zum Ausdruck und eine Dankbarkeit, die man heute kaum noch finden kann. Das bleibt dem ehrenamtlichen Helfer, zumindest geht es mir so." Katarina Husu, ehrenamtliche Mitarbeiterin der Stiftung

Osama Khalaila

"Ich erinnere mich an einen Burschen aus dem Irak, der bei der Explosion einer Bombe das Augenlicht verloren hatte und die Welt um sich herum nur mit dem Gehör wahrnahm. Als ich in sein Spitalzimmer kam und ihn auf Arabisch begrüßte, lächelte er mich an. Ich fragte ihn, ob er wisse, wer ich bin, und er antwortete: 'Sicher, du bist Osama.'“ Osama Khalaila, ehrenamtlicher Helfer

Dott. Marco Rabusin

"Ich glaube, Triest hat hier ein sehr gutes Modell. Hier arbeitet das Krankenhauspersonal mit den ehrenamtlichen Helfern in einem ziemlich einzigartigen System zusammen, das auch durch die geografische Lage begründet ist. Sicher ist es notwendig, die Verbindungen mit jenen Ländern zu verbessern, in denen es nur begrenzte medizinische Möglichkeiten gibt. Wir müssen ihre Kapazität erhöhen, bessere Therapien durchzuführen. So können wir allzu viele 'Reisen der Hoffnung' vermeiden, auf die leider viele Kinder heute angewiesen sind." Dott. Marco Rabusin, Leiter der Abteilung für Kinderonkologie, Kinderklinik Burlo Garofolo, Triest

Saša Ota

Die humanitäre Arbeite der Stiftung hält die Erinnerung an das Triestiner Fernsehteam wach. Ein Trost für die Hinterbliebenen. So ist Milan Ota, der Sohn des getöteten Kameramanns selbst für die Stiftung tätig.

"Ich war erst drei Jahre alt, als mein Vater starb. Ich habe versucht, seine Persönlichkeit zu rekonstruieren. Die Arbeit für die Stiftung hat mir dabei geholfen. In Mostar sagte mir eine Kollegin, dass sie von 1997 bis 2009 nie die Neretva, den Fluss in der Stadt Mostar, überquert habe. Das hat mich erschüttert, in derselben Stadt zu leben und nicht zu wissen was auf der anderen Seite des Flusses geschieht. Das erschien mir so fürchterlich sinnlos. Man muss den Geist öffnen Vorurteile und rassische Unterschiede überwinden, weil sie nicht existieren." Milan Ota, Sohn des getöteten Kameramanns Saša Ota

Das Sendungsmanuskript als Download Format: PDF Größe: 82,12 KB


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Kommentieren

Brunke, Ursula, Dienstag, 05.August 2014, 10:56 Uhr

2. Luchetta-Kinder-Stifrung

Diese Sendung letzten Sonntag hat mich tief berührt und ich möchte fragen, ob es Kontaktadressen der Luchetta-Stiftung gibt, wie man sie bekommt, um diese Organisation unterstützen zu können. Mit freundlichen Grüßen Ursula Brunke3

  • Antwort von Redaktion ADA, Donnerstag, 07.August, 01:03 Uhr

    Danke, Frau Brunke, lesen Sie bitte unsere Antwort an den letzten Kommentar vor Ihnen.

Dr. Klaus Karsch, Montag, 04.August 2014, 11:51 Uhr

1. Luchetta Kinder-Stiftung in Triest

Danke für die engagierte, informative und erfreuliche Sendung.

Falls Sie eine Spendenkonto-Nummer zur Hand haben, wäre ich über die Übermittlung dankbar (sonst reagiere ich im Internet).

Liebe Grüße

Dr. Klaus Karsch

  • Antwort von Redaktion ADA, Dienstag, 05.August, 00:40 Uhr

    Die Stiftung können Sie hier unterstützen: http://www.fondazioneluchetta.org/index.php/it/sostienici/dona-online