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BR Die Schuhmacherin Hildegard Fritsch

Sind die Lieblingstreter kaputt, dann hilft oft nur der Weg zum Schuhmacher und hier gibt es in Würzburg einen unglaublich urigen Laden. Wenn der Schuh drückt, ist die 80-jährige Hildegard Fritsch zur Stelle.

Von: Christina Haas

Stand: 02.12.2018 | Archiv

Hildegard Fritsch bei der Arbeit | Bild: BR

Morgens um halb Sieben: Die 80-jährige Schuhmacherin Hildegard Fritsch ist immer früh auf den Beinen. Bis ihr Laden öffnet, hat sie noch viel zu erledigen. In 41 Jahren hat sie noch nie gefehlt:

"Wenn ich nicht da bin, dann ist die Schuhmacherei zu. Ich muss immer gesund bleiben und dass ich hier arbeiten kann und aufmachen und zumachen. Ja, das Leben ist halt so."

Hildegard Fritsch, Schuhmacherin

In einem Würzburger Keller, auf gerade mal 30 Quadratmetern, liegt ihr Gruschelkramladen, wie Fritsch ihn liebevoll nennt. Hier ist alles noch so wie vor 41 Jahren, als sie mit ihrem Mann den Schuhmacherladen übernahm. Die Vorbesitzerin wollte 6000 D-Mark – das Ehepaar Fritsch nahm einen Kredit dafür auf:

"Wir hatten ja kein gespartes Geld. Weil wir haben ja mit null und nichts geheiratet mit meinem Mann. Wir hatten keinen Tisch und kein Stuhl und gar nichts, kein Bett. Wir haben mit unseren zehn Fingern uns alles erarbeitet."

Hildegard Fritsch, Schuhmacherin

Sommer wie Winter ist es klirrend kalt im Laden – so ist der erste Handgriff morgens: Ölofen anwerfen.

Fritsch hat kein fließendes Wasser im Laden – nur diesen Eimer.

"Da ist hier ein Afrikaner gekommen, da hab ich ihm das gezeigt, da hat er gesagt: sie sind ja noch wie im Uralter. Hab ich gesagt: ja, ich habe keinen Komfortladen."

Hildegard Fritsch, Schuhmacherin

Dafür aber uralte Maschinen, die der Schuhmacherin auch nach vielen Jahren noch treue Dienste erweisen – so wie diese Presse für Schuhsohlen. Hildegard Fritsch stammt aus Polen. Seit ihrem 15. Lebensjahr ist sie Näherin. Das Schuhmacherhandwerk hat sie - so wie ihr Mann - nie gelernt, sondern sich selbst beigebracht.

"So zieht sich's – also muss ich es so nehmen. Ich hatte ja von Leder keine Ahnung, wo wir das Geschäft aufgemacht haben. Ja, mein Mann hat mir das ein paar Mal gesagt und ich hab's manchmal immer noch nicht in meinen Kopf drinnen gehabt. Da hab ich auch manchmal geweint. Aber ich hab auf die Zähne gebissen und ich hab mich durchgebissen."

Hildegard Fritsch, Schuhmacherin

Das Leder richtig auszudünnen ist eine Kunst für sich.

"Ich hab zugeschaut, wie er es macht, und dann hab ich es an dem Tag, wo er nicht da war, hab ich ausprobiert – haha. Und das hat ja mein Mann manchmal gesagt: 'Du hättest gar nicht heiraten brauchen. Du kannst doch alles', hat er immer gesagt."

Hildegard Fritsch, Schuhmacherin

Auch ihr Sohn trat in die Fußstapfen der Eltern und lernte von ihnen das Handwerk. Am Ende schnitt er als Bester von Unterfranken ab – da war die Schuhmacherfamilie komplett. Übernehmen konnten sie ihn mit ihrem kleinen Laden leider nicht.

17 Uhr - heute hört Hildegard Fritsch mal pünktlich auf. Kommen noch Kunden, bleibt sie auch ein Stündchen länger. Zeit und Lebenserfahrung sind bei der 80-Jährigen eben im Service inbegriffen.


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