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TV Ungarn Ein Museum für Paprika in Szeged

Das Umland von Szeged eignet sich hervorragend für die Paprikazucht. Viele Sonnenstunden, günstige Bodenbedingungen, die mit der Natur gesammelten Erfahrungen der Bevölkerung und ihre Experimentierfreude, all das macht Farbe, Geschmack und Aroma des Szegediner Paprika aus.

Von: Zsuzsanna Sári

Stand: 01.10.2017 | Archiv

Ein altes koloriertes Foto einer großen Familie mit Paprikas | Bild: BR

Das Blut von Szeged, so nennt man ihn. Er kann scharf sein, süß, oder feurig. Er kann grün oder rot sein, von geradem Wuchs, spitz, oder knollenförmig, zum Verzehr geeignet roh oder verkocht, im Pörkölt oder gefüllt. Ohne ihn kein Gulyás, keine Fischsuppe, keine gaumenreizende Paprikawurst.

Anita Molnár ist in der kleinen Gemeinde Röszke nahe Szeged aufgewachsen. In ihrer Kindheit verbrachte sie einen Teil des Sommers mit ihrer Familie auf dem Paprikafeld. Vor einigen Jahren stellte sie fest, dass Produktion und Verarbeitung erheblich zurückgegangen sind und beschloss, mittlerweile als Lehrerin für Englisch und Geschichte, zu den Wurzeln zurückzukehren. Sie möchte jener Gewürzpflanze ein Denkmal setzen, welche die Stadt Szeged und ihre Umgebung weltweit bekannt gemacht hat.

"Man wusste sehr wohl, dass die Schärfe hauptsächlich in den Adern sitzt, und es war auch bekannt, dass man die Kerne der Paprikas nicht wegwerfen muss. Und man fand auch heraus, dass das Gewürz nicht mehr ganz so scharf und ätzend ist, wenn man die Kerne ein wenig wäscht und abreibt, dann trocknet und die von den Adern befreite Haut auch trocknet und zerkleinert. Damit begann die Erfolgslaufbahn des Paprikas."

Anita Molnár

Anita Molnár

Die reifen Paprikas wurden zum charakteristischen Gebinde geflochten, an der Sonne, in der Diele oder auf dem Dachboden getrocknet und schließlich in einem Holzmörser zu feinem Pulver gemahlen.

"Miska bácsi stellte sich hierher auf den Bock, hielt sich mit den Händen fest und trat einmal fest nach unten. Dann trat er zurück auf den Hebelarm und bevor der Arm heruntergefallen wäre, gab er ihm noch einmal einen Schwung. Der Mörser, in dem der Gewürzpaprika gemahlen wurde, wurde also mit dem Fuß angetrieben."

Anita Molnár

Albert Szent-Györgyi

Der Forscher und Nobelpreisträger Albert Szent-Györgyi hatte nicht unwesentlichen Anteil daran, dass der Paprika aus Szeged weltweit beliebter denn je wurde. Als er die Pflanze untersuchte, stieß er auf eine wahre Vitamin-C-Grube:

"Szeged war das Zentrum der Paprikazucht und eines Tages gab es zum Abendessen Paprika. Mir war gerade überhaupt nicht nach Paprika, aber ich hatte nicht den Mut, meiner Frau das zu sagen. Ich saß also da und betrachtete den Paprika. Da sagte ich, dass ich diese Pflanze noch nie untersucht hätte und sie lieber ins Labor mitnehme, als sie zu essen. Noch in dieser Nacht wusste ich, dass Paprika eine Vitamin-C-Schatzkammer ist."

Albert Szent-Györgyi im Film 'Ein Mann von Welt in Szeged' von 2007

Der gemahlene Gewürzpaprika ist das Gewürz der ungarischen Gastronomie schlechthin. Er fördert die Verdauung und hat eine wohltuende Wirkung bei rheumatischen Beschwerden und fieberhaften Erkrankungen. Gegenstand neuer Forschungen könnte sein, warum die Nachfrage nach Paprika zurückgeht. Der Jahresverbrauch an Gewürzpaprikapulver erreichte zwischen den Weltkriegen den Höhepunkt: ein Kilogramm pro Person. In den siebziger und achtziger Jahren sank er auf die Hälfte.


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