BR Fernsehen - Alpen-Donau-Adria


0

TV Ungarn Die Holzskulpturen in Kisgyör

"Dorf der Schnitzereien" wird die Gemeinde Kisgyőr an den südlichen Hängen des Bükk-Gebirges auch genannt. Die Bewohner der von einstigen Wallburgen umgebenen Ortschaft, die sich in einem mächtigen Talkessel duckt, pflegen die von den Vorfahren übernommenen Bräuche.

Von: Mónika Kiss

Stand: 04.02.2018 | Archiv

Dorftor von Kisgyőr | Bild: BR

Sogar an einem kühlen, regnerischen Tag ist das von Bergen umgebene Dorf Kisgyör im Nordosten Ungarns nicht zu übersehen. 1720 Menschen haben hier ihren Wohnsitz. Vom Talkessel des Bükk-Gebirges aus hat man einen Blick auf die ganze Umgebung. In Kisgyőr ist aber nicht nur die Landschaft sehenswert. Die Besonderheit des in Ungarn einzigartigen Dorfbildes sind mehrere Dutzend, im Freien stehende Holzskulpturen.

László Kékedi

László Kékedi, Meister der Volkskunst und Erfinder des "Geschnitzten Dorfes", organisiert seit über einem Vierteljahrhundert kreative Sommerlager und ist seit geraumer Zeit auch Bürgermeister:

"Die Skulptur ist bereits im Holz vorhanden. Ich weiß gar nicht, woher die Grundidee kommt. Irgendeine Stimme von oben sagt uns, was zu tun ist. Es muss aber mehr sein, als dass man etwas herausschnitzt und dann öffentlich ausstellt. Es muss eine Botschaft vermittelt werden!"

László Kékedi, Bürgermeister, Kisgyőr

Hundert Holzkünstler aus dem In- und Ausland nahmen im vergangenen Sommer am Familien-Kunsthandwerkslager teil. Sie pflegten dabei nicht nur die alten Traditionen der Schnitzkunst, sondern gaben ihr Wissen auch weiter.

"Es gibt immer eine größere, gemeinsame Aufgabe, die die Mannschaft zusammenschweißt. Jeder hat die Arbeit, die seinem Können entspricht, und manchmal kommen wir mit unseren Ideen auch an die Grenzen des Möglichen. Jeder legt seine Liebe und sein Können hinein, dann wird das Werk rund."

László Kékedi, Bürgermeister, Kisgyőr

Eingang zur Schule

Die Skulpturen und Gedenkstätten im öffentlichen Raum sind nicht nur schön, sondern auch nützlich. Vor den Ankommenden öffnet sich ein imposantes Dorftor, dessen sieben Äste auf die sieben Stammesfürsten der Ungarn hinweisen. Hier sind das Wappen aus Holz, der Eingang zur Schule und der Zaun, und auch die Tratschbank.

Etwas Besonderes ist das Denkmal zur Erinnerung an den Ungarnaufstand 1956. Das monumentalste Werk ist ein geschnitzter Kreuzweg, an dessen Endpunkt die aufgehende Sonne als Zeichen der Auferstehung steht: ihr Durchmesser beträgt 12 Meter.

Im Sommer 2017 schufen die Meister der Schnitzkunst zwei Werke: eines davon erinnert an die Volksliedsammlung die vom László Lajtha zusammengetragen wurde:

"Es gibt ein Foto, das man in Volkskunst-Büchern findet und das auch im Museum aufbewahrt wird. Darauf sind drei Männer aus Kisgyőr zu sehen, die einen reich verzierten Hirtenmantel tragen und in einen Phonographen singen. Lajtha bedient dabei den Phonographen. Deshalb haben wir das geschnitzt und auch ein Porträt von László Lajtha gemacht."

László Kékedi, Bürgermeister, Kisgyőr

Anlässlich des 500-Jahr Jubiläums der Reformation entstand ein Glockenturm, nicht nur durch die Arbeit der Meister:

"Gott sei Dank gibt es hier viele Arbeiter, die von der Gemeinde bezahlt werden. Das sind für uns Mitarbeiter, Freunde, sie haben fast den ganzen Turm zusammengebaut."

László Kékedi, Bürgermeister, Kisgyőr

In den vergangenen Jahren ist Kisgyőr auch so etwas wie ein Wallfahrtsort geworden, findet man doch hier die größte, im Freien stehende, geschnitzte Krippe Mitteleuropas, die das ganze Jahr über besichtigt werden kann. Die Skulpturengruppe besteht aus 17 Skulpturen und vier Kirchtürmen, die die ungarischen historischen Kirchen symbolisieren.


0