BR Fernsehen - Alpen-Donau-Adria


3

TV-Slowenien Wie die blinde Sabina ihr Leben genießt

Am glücklichsten ist Sabina in den Bergen, sie sind ihre größte Liebe.

Von: Neva Novljan

Stand: 05.06.2016 | Archiv

Sabina Dermota beim Gleitschirmfliegen | Bild: BR

"Ich glaube, ich kann erst frei atmen, wenn ich draußen bin, in der Natur, wenn ich auf einen Berg steige, auch ohne die schöne Aussicht. Das ist das, was mich antreibt zu immer neuen Herausforderungen und neuen Erlebnissen."

Sabina Dermota

Sabina Dermota

Ihr Vater stellte sie schon mit sechs Jahren auf Schier. Niemals wird sie die Aufregung bei ihrer ersten selbständigen Schifahrt vergessen. Bei Unternehmungen mit ihrer Freundin Živa, mit der sie schon seit Jahren gemeinsam in die Berge geht, klettert und Schi fährt, spürt sie das Adrenalin.

"Es ist wichtig, dass wir eins werden; wenn wir schifahren, sind Sabina und ich nicht getrennte Personen. Sie spürt meine Bewegungen, welche Richtung ich nehme, das Gewicht meines Körpers, wohin ich mich wende, den Hang. Das ist wortlose Kommunikation."

Živa Arko

Živa Arko

Sabina hat die Grundschule im Laibacher Blindeninstitut für Jugendliche absolviert, wo sie alltägliche Fertigkeiten wie die Braille-Schrift erlernte. An den Wochenenden kehrte sie nach Hause zurück, wo ihr Vater versuchte, ihr die Welt in ihrer Schönheit und Buntheit nahezubringen.

"Er wollte alles zeigen, was er gesehen hat, zum Beispiel, wie ein Auto funktioniert."

Sabina Dermota

Nach der Mittelschule inskribierte Sabina für das Jusstudium, das sie jedoch nicht beendete. Über eines ihrer ältesten Hobbies, nämlich das Amateurfunken, hat sie während dieser Zeit ihren Mann kennen gelernt und eine Familie gegründet.

"Ich bin mir dessen bewusst, dass ich niemals sehen werde. Das habe ich akzeptiert. Mir tut aber noch immer das Herz weh, wenn ich mir vorstelle, dass ich niemals die strahlenden Gesichter meiner Kinder sehen werde."

Sabina Dermota

Die Blindheit hat ihr vor allem das genommen, wonach sie sich schon ihr ganzes Leben sehnt: Freiheit und Unabhängigkeit. Zum Teil konnte ihr das Baron ermöglichen, der Familienhund und ihr Führer, mit dem sie ein unzertrennliches Paar bildet.

"Wenn es Straßenarbeiten gibt, führt er mich vorbei. Wenn es einen offenen Schacht gibt, wenn ein Lkw oder sonst irgendetwas im Weg steht, wenn ich nicht weiß, was ich tun soll, dann gehorche ich immer ihm."

Sabina Dermota

Heute macht sie sich mit Baron auf, um ihre Wege zu erledigen. Er begleitet sie auch zur Arbeit bei der Umweltagentur der Republik Slowenien, wo Sabina schon seit 25 Jahren als Telefonistin arbeitet. Auch für ihre Mitarbeiter ist Baron eine Bereicherung. Am meisten Freude hat man ihr bei der Arbeit mit dem Ankauf eines Blindencomputers gemacht.

"Das war für mich wie ein Fenster in die Welt. Es bedeutet für mich Kommunikation und wesentlich bessere Arbeitsbedingungen."

Sabina Dermota

Nach der Arbeit hat Sabina genügend Gelegenheit für Aktivitäten, mit denen sie ihre Träume verwirklichen kann. Sie liest gerne, ist aber auch ins gesprochene Wort verliebt und macht sich mit Baron an manchen Abenden gerne auf ins Theater, wo es szenische Lesungen gibt.

Die verrückteste Vorstellung hat ihr ein Freund gegeben, mit dem sie Gleitschirmfliegen war, wovon sie schon lange geträumt hatte. Mit Hilfe von Baron und dem Verein „Never give up“ hat sie das Laufen für sich entdeckt und schon einige Marathonläufe in Slowenien absolviert.

"Ich bin davon überzeugt, dass der Mensch geboren ist, um sich zu bewegen, nicht um zu sitzen. Das gilt ganz besonders für Menschen, die allein nicht tun können, was sie möchten … Für uns bedeutet das noch viel mehr, und wir brauchen das umso mehr."

Sabina Dermota

"In den Bergen ist sie überhaupt nicht sehbehindert. Sie spürt, wohin sie den Fuß setzen muss, wie ein wildes Tier das spürt. Man braucht nicht viel zu reden dabei. Sie nimmt wahr und wir gehen. Jedes Mal ein wenig weiter und ein wenig höher."

Živa Arko

Vor kurzem hat sie sich noch einen Wunsch erfüllt, von dem sie sagt, dass er ganz sicher nicht der letzte war. Die Fahrt mit dem Kajak über die Stromschnellen des Isonzo. Vielleicht haben Sabinas Freunde recht, wenn sie sagen, dass Sabina eigentlich Adrenalina heißen sollte.


3