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TV Kroatien Die Schindeldächer der Familie Štimac

Gorski kotar ist die waldreichste Gegend in Kroatien. Dort ist es nicht schwierig, Beton als Baustoff zu vergessen und in das grüne Meer einzutauchen. Das macht auch Anton Štimac aus Crni lug seit seiner Kindheit.

Von: Mario Beganović

Stand: 23.04.2017 | Archiv

Schindeln | Bild: BR

Anton Štimac

Im Herzen von Gorski kotar sucht er nach einem besonderen Tannenbaum, aus dem er die Schindeln erzeugen kann, mit denen hier seit Jahrhunderten die Dächer gedeckt und Hauswände verkleidet werden.

"Dieser Baum muss besondere Eigenschaften haben. Er muss aufrecht und gerade sein, eine schöne Rinde ohne Moosbewuchs vom Boden bis in die Wipfel haben."

Anton Štimac

Solche Tannen, erinnert er sich, gab es früher in Gorski kotar zur Genüge. Durch die übermäßige Fällung und die jüngste Frostperiode wurden die Wälder in Mitleidenschaft gezogen. Anton geht tagelang durch die Wälder und sucht nach einer Tanne, die für die "Šindra" geeignet ist.

Ana Mlinar

Ungefähr hundert Kilometer nördlich, mitten in Zagreb, auf einem Waldweg in Tuškanac geht Ana Mlinar. Es ist ihr Verdienst, dass das Kulturministerium die "Šindra" unter Schutz gestellt und zum Kulturgut der Republik Kroatien erklärt hat:

"Unser Ziel ist, Šindra vor der Vergessenheit zu bewahren und der jungen Generation zu vermitteln. Heutzutage gibt es leider nur noch drei Handwerker, die diese Fertigkeit weitergeben können."

Ana Mlinar, höhere fachliche Beraterin, Konservatorin im Kulturministerium

Die Familie von Anton Štimac aus Crni lug ist die letzte, die Šindra erzeugt. Antons Sohn Borivoj und sein Enkelsohn Tomas sind in Begleitung eines Försters bereit für das Fällen der ausgesuchten Tanne.

"Sie ist hoch und fest, ohne Moosbewuchs. Ich glaube, sie wird sich gut bearbeiten lassen."

Anton Štimac

"Die, die ihr ganzes Leben im Wald verbracht haben, können uns Jungen zahlreiche Waldgeschichten erzählen und uns in die Geheimnisse des Waldes einführen."

Goran Malnar, Förster im Forstgut Crni lug

"Um davon zu leben, reicht es nicht. Wichtig ist aber die Erhaltung der Tradition. Wir machen es aus Liebe zum Wald und zu den Bäumen und möchten so die Familientradition weiterführen."

Borivoj Štimac

Die 35 Meter hohe Tanne muss auf den genau bestimmten Platz fallen. Borivoj bestimmt die Fallrichtung. Er berührt die eingeschnittenen Ränder am Stamm und ist dabei in jene Richtung gedreht, in die die Tanne fallen soll.
Diese Tanne, so schätzt Anton, müsste leicht zu acht Zentimeter breiten und sieben Millimeter dicken Schindeln zu spalten sein. Die Länge der Schindeln hängt davon ab, ob die Šindra für ein Dach oder für Hauswände verwendet werden.

Anton hat sein Leben lang im Büro eines Transportunternehmens gearbeitet. Borivoj ist Berufsfeuerwehrmann. Beide konnten sich der Faszination Wald nicht entziehen.

"Das kann man schwer verstehen, wenn man nicht von hier ist. Wir sind mit dem Wald, von dem wir gelebt haben und der immer unser Leben war, verbunden."

Borivoj

Die Tradition zu erhalten und der jungen Generation das Wissen zu vermitteln, ist die einzige Möglichkeit, diese Fertigkeit am Leben zu erhalten und ihr zum Sieg über neue Technologien und billigere künstliche Werkstoffe zu verhelfen. Jedes Jahr kommen immer mehr Interessenten zu Workshops. Auch Anton ist beruhigt, wenn er weiß, dass nach ihm sein Sohn und nach seinem Sohn sein Enkel die Häuser von Gorski kotar mit natürlichem Holz verkleiden wird.


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