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Rai Triest Der "Turm-Keller" im Friaul

Ein Gebäude, das hoch aufragt: ein Turm. Eine Umgebung in die Erde gegraben: ein Keller. Zwei Bauwerke, die absurd erscheinen: ein Turm-Keller.

Von: Piero Pieri

Stand: 07.01.2018 | Archiv

Der Turm mit Weinkeller | Bild: BR

Ein architektonisches Experiment von Architekten und Ingenieuren der Universität Venedig zusammen mit dem italienischen Forschungsministerium und einer kunstbegeisterten Weinproduzentin.

Eingang in den Keller

Der Bau steht in Gramogliano in den Colli Orientali des Friaul. Der antike Turm an der angegebenen Adresse wurde durch einen neuen ersetzt. Er hat schiefe Wände, weil in alten Zeiten die Dicke der Mauern nach oben hin geringer wurde, um kriegerischen Angriffen standzuhalten. Die Form verweist auf das Geheimnis einer präkolumbischen Kultur. Auch der Eingang in den Keller erscheint antik, als sei es ein Fund aus Mykene, so wie die sich verjüngenden Säulen ohne Kapitelle im Lager für Rotweine. Noch tiefer unten erscheint der Keller wie eine Krypta, in der ein Foucaultsches Pendel schwingt, das die Rotation der Erde anzeigt. Das Pendel ist mit einem Draht an der Decke des Turms befestigt, vier Stockwerke höher quer durch ein Auge in der Mitte des Dachbodens.

Augusto Romano Burelli

Es ist eine kleine Architektur voll von Symbolen und Zeichen, deren Sinn in der Erforschung von Materialien liegt, die in ungewohnter Art verwendet werden: Die großen Tonfliesen der Außenverkleidung, die Holzlamellen, der Vorgang der Schüttung, die thermische Isolierung, die Kugelkappe aus gebogenen Balken, die einander stützen wie die Steinquader mittelalterlicher Gewölbe.

"Und dann haben wir auch den Kunstgriff angewandt, der schon im 18. Jahrhundert als Lehrsatz des Architekten Rondelet berühmt war, nämlich eine quadratische Oberfläche verkleiden, und einen Turm mit vier Geschoßen mit Holzelementen auskleiden, die kürzer sind als die Seiten. Der Kniff ist also, alles mit Stücken zu verkleiden, die kleiner sind als die Seiten. Das haben wir auf vier Stockwerken gemacht."

Augusto Romano Burelli, Architekt

Die Technik im Inneren wird durch die Farben einer großen zeitgenössischen Malerei des polnisch-russischen Künstlers Leon Tarasewicz gemildert. Zu den Farben ließ sich der Künstler von der herbstlichen Weinlandschaft inspirieren, die eine Energie ausstrahlt entstanden aus dem Ambiente, das Kunstwerk und Arbeitsstätte ist.

"Die faszinierendsten Kunstwerke sind die gelebten: das kann vor allem in der zeitgenössischen Architektur gefährlich werden. Wir wissen, dass manche Bauwerke schnell zu Ruinen werden."

Teresa Perusini, Kunsthistorikerin und Winzerin

Teresa Perusini

Teresa Perusini ist die Erbin einer Winzerfamilie in den Colli Orientali, einem der schönsten Weinbaugebiete im Friaul mit großen Weißweinen. Sie ist Winzerin und Kunsthistorikerin und lehrt an der Universität Ca´ Foscari in Venedig. Sie kann ihre beiden Seelen nicht von einander trennen – das zeigen die Skulpturen aus Lava-Stein von Gianpietro Carlesso, so wie die Bronzekugel des Pendels und der Steinblock Menhir von Alessandra Bonolis – nicht einfach Episoden, sondern Beispiele eines umfassenden Projekts:

"So werden wir das Projekt weiterführen. Die Idee ist, es auf weitere Weinbaubetriebe auszudehnen. Und wir wollen einen Rad- und Wanderweg durch die sieben Gemeinden des friulanischen Collio anlegen, geschmückt mit diesen Skulpturen."

Teresa Perusini


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