BR Fernsehen - Alpen-Donau-Adria


25

Rai Südtirol Eine äthiopische Ziegenhirtin im Fersental

Eine Ziegenhirtin aus Äthiopien in einer deutschen Sprachinsel im italienischen Trentino: Agituu Gudeta hat in Trient studiert, ging zurück in ihre Heimat Äthiopien und musste dann fliehen. Heute lebt sie im Fersental und züchtet eine seltene Ziegenrasse.

Von: Christine Helfer

Stand: 24.06.2018 | Archiv

Schild La capra felice | Bild: BR

"Hier sind wir im Fersental auf der Weide unserer Hofes 'La capra felice' – 'Glückliche Ziege', wo wir vor allem die Rasse der Mochena-Ziege züchten; sie ist sehr robust, aber nur mehr selten anzutreffen."

Agituu Gudeta, Ziegenhirtin

Agituu Gudeta

Ihre Ausbildung zur Käseproduktion hat Agituu in Frankreich absolviert: sie wollte neben dem klassischen Frischkäse auch andere, speziell gereifte Sorten anbieten. 300 Liter Milch verarbeitet so die gebürtige Äthiopierin jeden Tag. Mittlerweile ist Agituu weit über die Region hinaus für ihre nachhaltige Produktion bekannt.

"Kann sein, dass mein Projekt anderswo auf besonderes Interesse stößt – mir selbst ist das nicht so sehr bewusst. Ich kann aber nachempfinden, dass es andere motiviert, wenn jemand wie ich von weit her, von außen, kommt und seine Ideen erfolgreich umsetzt."

Agituu Gudeta

Seit einigen Jahren lebt Agituu im Fersental – und sie ist zum zweiten Mal in der Region, denn im nahen Trient hat sie Soziologie studiert. Sie ging dann zurück in ihre Heimat Äthiopien, um bei nachhaltigen landwirtschaftlichen Projekten mitzuarbeiten, und wandte sich speziell gegen das sogenannte Landgrabbing:

"Ich nahm am Kampf gegen das Landgrabbing teil, gegen die Zwangsenteignung landwirtschaftlicher Böden durch den Staat, und geriet so ins Visier unserer Regierung. Schließlich musste ich Äthiopien verlassen. So habe ich damit begonnen, mir hier ein zweites Leben aufzubauen, nachhaltig und mit Respekt vor der Natur. Und ein bisschen glücklich sein wollte ich auch."

Agituu Gudeta

Wir sind mitten im Interview, als bei einer der trächtigen Ziegen die Geburt losgeht, recht spontan und unkompliziert kommt das Zicklein auf die Welt, Agituu und ihr Hirte leisten schnelle Hilfe. Das Wissen um die Ziegenhaltung hat Agitu von ihren Vorfahren mitbekommen, speziell von ihrer Großmutter, die im südlichen Äthiopien ihre Landwirtschaft betrieben hat.

"Die Landwirtschaft ist Teil meiner Kultur, meiner Vorfahren, die als Hirten-Nomaden lebten, sie ist wirklich Teil meiner DNA."

Agituu Gudeta

Das einfache und nachhaltige Leben ist der Hirtin und Aktivistin, die vier Sprachen spricht, wichtig, und dass das, was sie tut, Sinn macht. Deswegen versucht sie, ihre Tätigkeit mit anderen zu teilen, ob es nun Praktikanten oder andere Jugendliche sind, denen sie ihre Arbeit zeigt, oder bei neuen Projekten. Fragt man Agituu nach ihrer Motivation und woher sie so viel Energie nimmt, lacht sie nur und verweist ein weiteres Mal auf ihre wohl günstigen Gene, die sie von der Familie vererbt bekam.

"Meine Träume und Pläne sind niemals auf den Verdienst ausgerichtet. Ich verliebe mich vielmehr in die sinnvolle Umsetzung meiner Vorhaben. Wenn sie richtig angepackt werden, sorgen sie auch für meinen ökonomischen Unterhalt. Oft entwickeln sich die Dinge dann auch ganz von selbst."

Agituu Gudeta

"La Capra felice – Die glückliche Ziege" ist mehr als nur der Name für Agituus Käsereibetrieb – es ist ein ganzes Lebenskonzept.


25