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BR Ein Barbier nach altem Brauch

Ein Barbier aus einer Dynastie. Und in der Wartezeit, gibt es ein Bier. Da kommt die Kundschaft auch einmal gerne aus München.

Von: Saskya Kamphuis

Stand: 21.01.2018 | Archiv

Thomas Schmidt vor seinem Frisörladen | Bild: BR

Winhöring bei Eisenfelden, Kreis Neu-Ötting, also unweit von Alt-Ötting. Hier ist – nichts: "Ich freue mich auf jeden, der wo kimmt, muss ich ganz ehrlich sagen, egal ob jetzt Mann oder Frau."

Nichts außer einem Frisörsalon, vielleicht der ungewöhnlichste in Bayern, denn Thomas Schmidt ist nicht nur eine "Institution", er hat ein Faible fürs Antiquarische und für Tradition:

"Ich bin als kleiner Bur schon einikimme und habe dann meinem Vater das Zusammenkehren geholfen und so weiter. Und, und ich habe dann alldieweil gesagt: 'Papa, wenn ich mal groß bin, dann gehe ich mit dir in die Arbeit.' Und das habe ich dann auch gemacht. Und mir macht auch der Beruf ganz viel Spaß: ich mach' ihn furchtbar gern."

Thomas Schmidt

Thomas Schmidt

Die Damen sitzen getrennt von den Herren, der Diskretion wegen – das war schon beim Großvater so. Schmidt entstammt einer "Frisördynastie": Der Großvater war "Bader", der sogar noch Zähne riss und Vater Josef war eigens Lehrmeister seines Sohnes:

"Es haben viel gemeint, dass wenn du daheim lernst, dass du Vorteile hast, weil du bist ja der Chef seinen Bur und so weiter. Aber die Erfahrung kann ich leicht, kann ich ein jeden sagen: ich täte es keinem empfehlen, dass ich sag, du lernst daheim. Da ist es anders. Du wirst einfach strenger behandelt."

Thomas Schmidt

Aber die perfekte Nassrasur mit der Klinge hat Schmidt von der Pike auf gelernt. Alleine dafür reisen Stammkunden gar aus München an und zahlen nicht 30, sondern nur acht Euro 50.

Eine Renaissance der Nassrasur wünscht sich der Meister. Und wer sich nicht traut, übt. Ob er selbst mal jemanden verletzt hat?

"Das war so: Ich habe rasiert und ich habe da in dem Bereich runter rasiert und in dem Moment, wo ich da runter rasiere, hat der ausgerechnet geschluckt. Und dann bin ich mit dem Spitz ein bissl hingekommen und dann habe ich ihn ein bissl auf geritzt. Aber direkt geschnitten? Das passiert mir eigentlich normal nicht."

Thomas Schmidt

Bis zum Rauchverbot hat es zum Haarschnitt eine Zigarre gegeben, die drinnen geraucht wurde. Das hat schon der Großvater so gemacht.

"Jetzt schau her, jetzt habe ich 'ne frische Halbe da für dich. 17er hast? – Lasst dir's schmecken." Statt Zigarre gibt’s heute ein Bier – gratis. Um die Wartezeit zu "würzen", denn Termine vergibt der Barbier nicht:

"Du bist ja auch ein kleiner Seelenklempner auch. So ist es ja nicht. Dass du einfach sagst, wenn einer mal sein Herz ausschütten möchte, glaubst, du hörst einfach mal zu oder du gibst ihm Ratschläge oder Tipps, was du sagen kannst: Weißt du was, ich täte es so machen. Ich frag einen dann. Soll dann natürlich dann auch intern bleiben."

Thomas Schmidt

Der Schmidt versteht viel von Kundenbindung, nur etwas fehlt ihm:

"Ein jüngeres Publikum im Damengeschäft. Das wäre noch mein Wunsch. Die jungen Mädls, sage ich jetzt mal, die haben nicht mehr geschäftstreu. Die probieren einmal das aus, einmal das aus, einmal das aus."

Thomas Schmidt

Drum hat er "Für Sie" extra eine eigene Pflegeserie entwickelt. Aufgeben ist nicht! Das war schon beim Großvater so:

"Ich möchte auch gar nichts anderes machen, muss ich ganz ehrlich sagen. Also, ich hab da eine Mordsfreude dran."

Thomas Schmidt

Thomas Schmidt ist ein Barbier, bei dem man sich ins letzte Jahrhundert versetzt glaubt, als das Wort "Wellness" noch nicht nötig war, um sich wohl zu fühlen. Das ist nicht nichts – in Eisenfelden.


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