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Regionale Lebensmittel Heimatgefühl vom Markt

"Regional ist das neue Bio": Auf diese kurze Formel bringen Marktbeobachter den aktuellen Verbraucher-Trend zu Lebensmitteln aus der Region. Aber ist regional auch besser - und wie findet man wirklich regionale Produkte?

Stand: 02.07.2014 | Archiv

Regional produzierte Nahrungsmittel sind so populär wie nie. 70 Prozent der Deutschen geben an, mehrmals im Monat Kost aus ihrer Heimatregion zu kaufen. Diese Beliebtheit hat ihre Gründe. Nahe beim Verbraucher hergestellte Lebensmittel erreichen diesen frisch und knackig und machen somit einen "gesunden" Eindruck. Nahrungsmittelproduktion um die Ecke steigert auch das Vertrauen in den Bauern: Irgendwie glaubt man automatisch, dass er weniger Pestizide benutzt als seine Berufskollegen anderswo auf der Welt und dass Hühner und Rinder es gut bei ihm haben.

Regionales fürs Gefühl

Essen aus der Region wirkt außerdem authentisch, weil es nicht von der anderen Seite des Globus kommt und nur saisonal zur Verfügung steht. Weil die Transportwege zum Handel - so überhaupt vorhanden - kurz sind, tut man zudem etwas für die Umwelt und gegen den Klimawandel. Auch ist es ein gutes Gefühl, wenn das Geld, das man bezahlt, in der Gegend bleibt und Arbeitsplätze erhalten werden: Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe nennt man so was.

Ist regional immer besser?

Regional einkaufen vermittelt - kurz gesagt - ein gutes Gefühl, man genießt beim Essen eine wohlige Sensation des Daheim-Seins und meint, sich und anderen etwas Gutes zu tun . Aber ist das auch berechtigt? Studien, die belegen würden, dass Lebensmittel aus der Region besonders gesund sind, kann man lange suchen. Es scheint nicht nachweisbar, dass sie mehr und wertvollere Inhaltsstoffe besitzen als Ware von anderen Kontinenten. Für Verunsicherung sorgen auch Untersuchungen, die belegen, dass die Öko-Bilanz eines einheimischen Apfels zumindest im Winter nicht besser sein muss als die des Konkurrenz-Gewächses aus Neuseeland, trotz weltumspannender Transportwege.

Was ist "regional"?

Und überhaupt: Der bloße Begriff "regional" ist gar nicht genau definiert, es ist also nicht geregelt, aus welchem Kilometer-Umkreis oder aus welcher Region eine Ware kommen muss, die sich "regional" nennt, ob ihre Inhaltsstoffe zu einem bestimmten Prozentsatz aus der "Region" kommen müssen oder ob sie auch nur dort verpackt wurde. Sind da dem Verbraucher-Betrug nicht Tür und Tor geöffnet? Woran soll man noch glauben, wenn in einem Supermarkt unter dem Label "Das Beste aus Bayern" Bananensaft angeboten wird oder unter dem Schriftzug "Aus unserer Region" ein Pfund Kaffee?

Label-Wirrwarr

Tatsächlich ist der Markt der tatsächlichen oder angeblichen Regional-Produkte schwer zu überblicken. Wenn Nahrungsmittel im Namen anheimelnde Begriffe wie "Heimat" führen, muss das schon einmal nichts mit einer regionalen Herkunft zu tun haben. Auch die von einigen Supermarktketten eingeführten eigenen Regional-Labels sind für den Verbraucher schwer zu durchschauen, da die Kriterien, nach denen hier Regionalität bescheinigt wird, jeweils unterschiedlich oder auch nicht transparent sind.

Neues Bundes-Fenster

Eine Verbesserung könnte das neue "Regionalfenster" des Bundesministeriums für Ernährung bringen: Es nennt das Herkunfts-Bundesland oder sogar einen Herkunfts-Landkreis und unverarbeitete Produkte wie Äpfel oder Kartoffeln müssen zu 100 Prozent aus dieser Region kommen. Bei verarbeiteten Waren wie zum Beispiel Brot wird die Sache allerdings schon wieder komplizierter.

Siegel-Vielfalt

Die einzelnen Bundesländer haben jeweils eigene Maßstäbe, bei deren Erfüllung eine Ware als Produkt des Landes vermarktet werden darf. Und dann gibt es auch noch pro Bundesland verschiedene Siegel, die Verschiedenes garantieren: So verbürgt das Siegel "Geprüfte Qualität - Bayern", dass die Hauptzutat eines Produktes - und nur diese - zu 100 Prozent aus Bayern kommt. Das Siegel "Öko-Qualität garantiert - Bayern" bescheinigt dagegen, dass das gesamte Produkt zu 80 Prozent bayerisch ist. Wer es eher noch ein bisschen regionaler mag, für den gibt es das "Geprüfte Qualität"-Siegel auch in einer enger gefassten Version, zum Beispiel mit der Herkunftsbescheinigung "Geprüfte Qualität - Ammergauer Alpen". Außerdem existieren im Freistaat rund 150 Initiativen, die sich die Vermarktung regionaler Lebensmittel zum Ziel gesetzt haben und jeweils eigene Siegel vergeben. Allerdings entscheiden diese Initiativen selbst, was "regional" ist und vergeben ihr Label auch sonst nach unterschiedlichen Kritierien.

Einkaufen beim Bauern

Solche regionale Siegel führen oft, aber nicht immer, die Waren, die in Hofläden, auf Bauernmärkten oder auch Wochenmärkten zu finden sind. Direktvermarkter bieten - ob mit oder ohne Siegel - die größte Sicherheit, wirklich in der Region erzeugte Ware zu bekommen. Allerdings auch hier nur unter der Voraussetzung, dass man beim Fehlen eines Regionalsiegels nachfragt, ob ein Produkt wirklich vom eigenen Hof beziehungsweise aus der Region kommt, oder ob es von anderswo zugekauft wurde, wie auf Wochenmärkten oft üblich.

Bayerische Regionalität

Nun liegen Hofläden und Bauernmärkte zwar nicht für jeden gleich um die Ecke, aber immerhin sind in Bayern die Voraussetzungen, direkt beim Erzeuger einzukaufen, günstiger als anderswo. Rund 3.500 Landwirte verkaufen hier ihre Ware ohne Zwischenhandel und von etwa 350 Bauernmärkten in Deutschland findet die Hälfte in Bayern statt. Überdies ist Bayern landwirtschaftlich gesehen sehr vielfältig, jeder Landstrich hat seine Spezialitäten - ein zusätzlicher Anreiz zum regionalen Einkauf. Seit kurzem gibt es im Internet auch einen Wegweiser zu bayerischen Anbietern regionaler Lebensmittel, den Link finden Sie unten.

Auf die Saison achten

Wer Wert darauf legt, dass beim gekauften Produkt auch die Öko-Bilanz stimmt, sollte zudem nur Gemüse- und Obstsorten kaufen, die gerade Saison haben. So ist gewährleistet, dass die Ware nicht im energiefressenden Glashaus gewachsen oder monatelang temperiert gelagert wurde. Dann ist der heimisch erzeugte Apfel nicht nur energetisch, sondern auch preislich günstiger als der aus Neuseeland.

Regional ist nicht gleich Bio

Wer die saisonal passenden Produkte direkt beim Erzeuger kauft, macht also alles richtig und hat sich in Sachen Regionalität ein gutes Gewissen verdient. Nicht immer garantiert ist allerdings, dass regionale Produkte auch nach den Regeln des biologischen Landbaus erzeugt werden. Hier hilft nur genaues Nachfragen am Marktstand weiter - oder ein Regionalsiegel, das sowohl für echte Regionalität als auch für biologische Landwirtschaft einsteht. Ansonsten gibt es Pestizide und schlechte Tierhaltung möglicherweise auch beim Erzeuger in der Nachbarschaft.


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