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DokThema Pflegen bis zum Umfallen - Wer hilft den Angehörigen?

Pflege durch Angehörige | Bild: picture-alliance/dpa

Mittwoch, 16.11.2016
22:00 bis 22:45 Uhr

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Deutschland 2016

Als seine an Multiple Sklerose erkrankte Frau vor sechs Jahren einen Schlaganfall erlitt, stand Thomas K. vor der Entscheidung: Heim oder häusliche Pflege. Da er es nicht übers Herz brachte, sie in ein Pflegeheim zu geben, musste er seinen Beruf aufgeben, denn der war mit der 24-Stunden Pflege seiner Frau nicht vereinbar.
Viele Angehörige von Pflegebedürftigen handeln ähnlich. Sie entscheiden sich aus Liebe für das moralisch Richtige und das ökonomisch Fatale. Denn wer Stunden abbaut oder die Arbeit ganz aufgibt, kann für die eigene Rente weniger vorsorgen. Viele Angehörige haben deshalb Angst vor Altersarmut und davor, wie es ihnen selbst einmal im Pflegefall gehen wird.
Die Familie ist Deutschlands größter – und billigster – Pflegedienst. 70 Prozent der Pflegebedürftigen werden zu Hause versorgt. Der Staat bzw. die Pflegeversicherung spart dadurch viel Geld. Zwar hat man gesetzliche Möglichkeiten für Angehörige geschaffen, beruflich zu reduzieren oder vorübergehend ganz auszusteigen, doch genutzt werden diese kaum. Denn die meist weiblichen Pflegenden können sich das schlicht nicht leisten. Deutschland setzt aber nach wie vor auf das „familienbasierte“ Pflegesystem. Doch für die finanzielle Unterstützung der pflegenden Angehörigen tut der deutsche Staat immer noch viel zu wenig. Und das, obwohl er den Vorrang der häuslichen Pflege sogar ins Gesetzbuch geschrieben hat.
Das ganze Konstrukt kann schon bald aus den Fugen geraten, weil in Zukunft aus demografischen Gründen immer mehr Pflegebedürftigen immer weniger pflegende Angehörige gegenüberstehen werden.
Im Film wird gezeigt, dass eine umfassende regional verfügbare und bezahlbare Versorgung im Pflegesystem unabdingbar ist, wenn das politische Ziel, die häusliche Pflege zu stabilisieren und zu fördern, erreicht werden soll. Nur wenn Tagespflegeangebote und lokale Netzwerke gefördert werden, können Entlastungsangebote wie Familienpflegezeit wahrgenommen werden und die Angehörigen mit ihren finanziellen, psychischen und körperlichen Belastungen unterstützt werden.

Autor/Autorin: Friederike Kühn, Christine Walter
Redaktion: Eva Herzum

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