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ZUR REICHSPOGROMNACHT 9.11. Klaus Barbie: Der Feind meines Feindes

Klaus Barbie (Foto) blieb die Universität verschlossen, da nach dem Tod seines Vaters die Familie kein Studium finanzieren konnte. Statt dessen wurde er zu einem unerschütterlichen Anhänger des Dritten Reichs und am 26.09.1935 Mitglied der SS. | Bild: © BR/Telepool, honorarfrei - Verwendung gemäß der AGB im engen inhaltlichen, redaktionellen Zusammenhang mit genannter BR-Sendung bei Nennung "Bild: BR/Telepool"

Dienstag, 08.11.2011
23:30 bis 00:55 Uhr

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Großbritannien/Frankreich 2007

Der am 25. Oktober 1913 in Bad Godesberg geborene und am 25. September 1991 in einem französischen Gefängnis gestorbene Klaus Barbie zählt zu den grausamsten Protagonisten des nationalsozialistischen Terrors. Bereits 1933 spionierte der Lehrersohn Schulkameraden für die gerade an die Macht gekommenen Nazis aus, ab 1940 erwarb er sich als Mitglied des "Sicherheitsdienstes" der SS sowie als SS-Obersturmführer in Holland erste Meriten als "Judenjäger" und Vollstrecker der "Endlösung". In Belgien folterte Barbie u.a. den österreichischen Schriftsteller Jean Améry, bevor er von November 1942 bis August 1944 als "Schlächter von Lyon" berüchtigt wurde, als er die Bekämpfung der französischen Résistance mit unfassbarer Grausamkeit und äußerster Brutalität vorantrieb. Ebenfalls verantwortlich war Barbie für die Deportation von 44 jüdischen Kindern aus einem Waisenhaus in Izieu in das Vernichtungslager Auschwitz. Barbie war kein Schreibtischtäter, sondern folterte seine Opfer oft selbst. Umso unfassbarer erscheint es, dass der Massenmörder nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs von westlichen Geheimdiensten wie dem US-amerikanischen CIC nicht nur vor der Auslieferung nach Frankreich geschützt wurde, sondern für diese auch als gut bezahlter Berater im Kampf gegen den Kommunismus tätig war. Als es für Barbie in Europa zu gefährlich wurde, gelangte der bis an sein Lebensende überzeugte Nationalsozialist über die sogenannte "Rattenlinie" nach Südamerika und ließ sich in Bolivien nieder. In den folgenden Jahrzehnten war er als Agent für den US-amerikanischen Geheimdienst und den bundesdeutschen BND tätig und half mit seinen berüchtigten "Verhörmethoden" bald auch rechtsgerichteten Militärdiktaturen. Erst 1983 gelang es, insbesondere durch das Engagement des deutsch-französischen Ehepaars Beate und Serge Klarsfeld, Bolivien dazu zu bewegen, Barbie nach Frankreich auszuliefern, wo ihm der Prozess gemacht wurde.

Mit dem packenden Dokumentarfilm "Klaus Barbie: Der Feind meines Feindes" zeichnet der schottische Filmemacher Kevin Macdonald ("Ein Tag im September", "Der letzte König von Schottland", "Der Adler der neunten Legion") das Leben des NS-Kriegsverbrechers Klaus Barbies nach - engagiert, parteilich, mitunter polemisch, aber stets historisch korrekt. Der Film greift zurück auf eindrucksvolles Archivmaterial und neue Interviews mit Zeitzeugen wie Beate und Serge Klarsfeld und zeigt schockierende Kontinuitäten zwischen Barbies Rolle im Zweiten Weltkrieg und in der Nachkriegszeit auf. Macdonald arbeitet die Skrupellosigkeit heraus, mit der westliche Geheimdienste sich während des Kalten Kriegs selbst Altnazis wie Barbie bedienten. Denn als glühende Antikommunisten galten ehemalige Kriegsgegner wie Barbie der CIA nun als "Feind ihres Feindes" und als idealer Helfer im Kampf gegen die Sowjetunion.