BR Fernsehen

Unter unserem Himmel Kochgeschichten - Besonderes von Ochs, Gans und Kalb

Sonntag, 22.11.2020
19:15 bis 20:00 Uhr

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  • Video bereits in der Mediathek verfügbar

BR Fernsehen
Deutschland 2020

Im Landgasthof Schwinghammer in Staudach nahe dem niederbayerischen Markt Massing gibt es schon seit 30 Jahren Spezialitäten vom Ochsen. Die Wirtsleute betreiben selbst Landwirtschaft und Ochsenmast. Vater Hermann und Sohn Martin Schwinghammer sind Landwirtschaftsmeister und lassen ihre Ochsen auf den eigenen Weiden grasen. Gerade am Ochsenfleisch schätzt man die besondere Marmorierung wegen des höheren Fettanteils im Fleisch. Stolz ist die Wirtin Veronika Schwinghammer besonders auf ihren Ochsenbraten, aber auch Ochsenschwanz und Ochsenbackerl sowie ein saftiges Ochsengulasch.
Ihre Tiere können die Schwinghammers ganz nach Bedarf zur Landmetzgerei Kieswimmer zum Schlachten bringen. Edi Kieswimmer zeigt im Film, wo die begehrten und die zu Unrecht verschmähten Teile im Schlachtkörper eines Ochsen zu finden sind. Er selbst schätzt die "b'sonderen Stückl": die Backerl, die Zwerchrippe oder die flache Schulter mit ihrem sehnigen Kern – Fleisch also, das heute eher als Verarbeitungsfleisch zum Wursten verwendet wird. Der Metzger weiß auch, wie vermeintlich minderwertiges Fleisch auch als Braten gelingt. Das Geheimnis ist die Zeit, bei der Zubereitung, die das Sehnige zart macht und in einzigartigen Wohlgeschmack verwandelt.

In Thonlohe am Geflügelhof von Maria und Max Biedermann lässt man nichts verkommen. Deshalb gibt es dort ab Kirchweih nur die Gans im Ganzen zu kaufen. So wie immer schon werden Flügel, Herz und Magen sowie der Kragen beim Verkauf zur Gans in die Leibeshöhle gesteckt. Der Kunde aus dem nahen Riedenburg Fritz Graf und seine Frau Margit zeigen, wie man die Kragenhaut löst, sie mit Fleisch, den Innereien und allerlei Gemüse- und Kräuterzutaten füllt, zunäht und brät. Den Grafs gilt der gefüllte Ganskragen als Gericht für Gourmets.

Die Zubereitung eines alten Gerichts auf eine sehr ursprüngliche Art zeigen Lore Huber und ihr Sohn Uli aus Pfarrkirchen. Um eine traditionelle Milzwurst auf den Tisch bringen zu können, muss ihr Sohn nicht nur "bratiges" Kalb- und Schweinefleisch, sondern auch ein Schweineherz und Kalbsbries sowie Leber und ein Kalbsnetz besorgen. Bei Familie Huber gilt die Milzwurst als Festtagsessen.

Paul Enghofer zeigt in seinem Film, wie Köchinnen und Köche in Gastwirtschaften und Privathaushalten dem Verschwinden alter, unterschätzter Gerichte etwas entgegenhalten und sie dabei ganz zeitgemäßen Forderungen nach Qualität und Nachhaltigkeit folgen. Sie unterstützen artgerechte Tierhaltung und wirken Lebensmittelverschwendung entgegen, indem sie alle Teile eines Tieres in der Küche verwenden. Beim Entdecken alter Qualitätsmaßstäbe setzen sie auf Regionalität und zeigen, dass es sich lohnt, den Aufwand beim Kochen gegenüber der Verwendung und dem Konsum von Fertig- und Massenprodukten nicht zu scheuen, und dass es im Spektrum der Ernährungsformen zwischen den extremen Polen "Billigfleischkonsum" und Veganismus" auch verantwortungsvolle Varianten gibt, bei denen die Freude an traditionellen Genüssen nicht verloren geht.

Autor/Autorin: Paul Enghofer
Redaktion: Corbinian Lippl