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Der Mühlen-Weiler-Wanderweg von Lungiarü Unterwegs zwischen Favas und historischen Kornmühlen

Wenn wie jetzt die meisten Almen und Hütten längst geschlossen haben, aber noch nicht genug Schnee für eine Schneeschuhwanderung oder Skitour liegt, dann lässt es sich gut auf halber Höhe „kultur-wandern“, zum Beispiel auch im ladinischen Bergsteigerdorf Lungiarü. Der kleine Ort liegt zwischen dem Gadertal, Grödnertal und Villnösstal im Naturpark Puez-Geisler und ist auch als Campill bekannt.

Von: Andrea Zinnecker

Stand: 14.11.2019 | Archiv

Mühlen-Weiler Lungiarü: Das Zentrum von Lungiarü mit Blick zu Zwölferkofel, Kapuziner und Doleda | Bild: BR/Andrea Zinnecker

Geprägt wird Campill - oder eben Lungiarü - durch seine ladinischen Weiler, die Viles, und historische Kornmühlen. Beide lassen sich auf der „Roda dles Viles“, dem Weilerrundweg, gut verbinden. Ausgangspunkt ist der Parkplatz unterhalb der Weiler Misci und Seres.

Erwin Clara erklärt den Bauernofen

Auch jetzt im Spätherbst rauscht das Wasser des Lungiarü-Bachs zwischen Misci und Seres. In der kleinen Talsenke zwischen den beiden Weilern führt der Mühlenweg zu sechs historischen Kornmühlen, alle verbunden durch Kandeln aus Lärchenholz, erklärt Mühlen-Guide Erwin Clara. Die älteste Mühle stammt aus dem 17. Jahrhundert, in jeder Mühle befindet sich eine Stube mit einem Bauernofen, denn gemahlen wurde im Spätherbst und Winter. Jeder Bauer war sozusagen sein eigener Müller und blieb nach einem exakt ausgetüftelten Zeitplan dann bis zu zwei Wochen in der Mühle, um sein Korn zu mahlen. Angebaut wurden Gerste, Hafer und Roggen – für Weizen war es hier auf gut 1400 Meter Höhe zu kalt. Nur zwei Mal im Jahr wurde Brot gebacken – im Mai und im November. Weil die Mühlen Gemeinschaftsmühlen waren, mussten sie auch gemeinsam instandgehalten werden, was bei allen Animositäten letztlich ein gutes Miteinander aller Beteiligten garantiert hat.

Typisch sind die Favas, auf denen Getreide und Bohnen getrocknet wird

Für ein friedliches Zusammenleben sorgt bis heute auch die spezielle Baustruktur der ladinischen Weiler oberhalb von Lungiarü, denn der Grund vor jeder Haustüre gehört dem jeweiligen Nachbarn, so dass bei Streitigkeiten keiner mehr den Fuß vor seine eigene Türe hätte setzen können – ein cleverer Schachzug! Dazu kommt, dass jeder Weiler wie eine Wagenburg angelegt wurde. Von außen ist nur Dach an Dach zu sehen, in der Dorfmitte befanden sich Brunnen und Backofen. Die „Roda dles Viles“, der Weilerrundweg, führt von Misci hinauf bis nach Laguscel. Typisch für die Weiler sind auch die Favas, baumhohe Trockengestelle aus Holz, auf denen nicht nur Getreide, sondern auch Stangenbohnen zum Trocknen aufgehängt wurden. Mehr über die bergbäuerliche Arbeitsweise und Kultur erfährt man im privaten Museum des Oriana-Hofs im Weiler Seres. Irma hat hier unzählige Objekte gesammelt und liebevoll arrangiert. Ein Kleinod neben all den landwirtschaftlichen Geräten ist ein Hausaltar aus Irmas Elternhaus, geweiht dem heiligen Freinadematz, ebenso wie die Kapelle unterhalb von Misci. Der katholische Ordensmann und China-Missionar stammt aus dem Gadertal und ist auch der Schutzheilige von Lungiarü.

Über Costa, Grones und Freina führt der Weilerrundweg wieder zurück zum Ausgangspunkt unterhalb der Weiler Seres und Misci – und quasi direkt hinein in die Speckstube Tlisöra zur Einkehr. Hier gibt es nicht nur Speck, sondern auch Spezialitäten aus Buchweizenmehl und aus Caruba – Mehl aus Bockshornklee. Das wird zum Kuchenbacken verwendet, hat einen leicht süßlichen Geschmack, ist aber sehr trocken, so dass in den Teig sehr viel Butter gegeben werden muss.

Karte: Lingiarü

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Karte: Lingiarü


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