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Wandern auf Menorca Slowmotion auf Mallorcas ruhiger Nachbarinsel

Menorca, die kleinere Balearen-Insel steht oft im Schatten ihrer großen Schwester Mallorca. Dabei besitzt Menorca rund 200 Kilometer Küste, die für Wanderer bestens erschlossen ist. Gerade in der Nebensaison ist die nicht ganz so quirlige Insel ein perfektes Ziel für Wanderer.

Von: Bernd-Uwe Gutknecht

Stand: 14.09.2023

Slowmotion auf Mallorcas ruhiger Nachbarinsel | Bild: BR; Bernd-Uwe Gutknecht

Der Stier war eigentlich ein Ochse, sagt die Nonne Montserrat. Sie lebt hochbetagt auf Menorcas schönstem Aussichtspunkt, dem Monte Toro, der mit 358 Metern höchsten Erhebung Menorcas. Das Franziskanerinnen-Kloster wurde hier im 13. Jahrhundert wegen eines Stieres, also eigentlich Ochsens, errichtet. Mönche, die an der Küste lebten, sahen damals immer wieder ein rätselhaftes Licht auf dem Berg und kletterten irgendwann einmal hoch. Da versperrte ihnen ein Ochse den Weg, wies ihnen dann aber den Weg zu einer Höhle. Dort fanden die Mönche die Quelle des Lichtes: eine leuchtende Marienstatue. Sie nahmen sie mit in ihr Kloster, aber sie verschwand und wurde wieder in der Höhle angetroffen. Daraufhin beschlossen die Mönche hier ein Kloster zu bauen. Heute befindet sich die Marienfigur hinter dem Altar der Klosterkirche, erklärt der auf Menorca lebende Wanderguide Alvin. Vom Monte Toro kann man fast die gesamte Insel überblicken, liegt der Berg doch genau in der Inselmitte. Gut ist zu erkennen, wie grün die Insel ist. Schon immer sind die Menorquiner einmal im Jahr den Berg hochgelaufen, um Gott zu danken.

Der Inselrundwanderweg führt immer wieder über herrliche Strände

Die ganze Insel ist ein Biosphärenreservat und kann auf einem bestens ausgeschilderten Wanderweg komplett umrundet werden: der Cami de cavalls, der Pferdeweg, ist 184 Kilometer lang und in 20 Etappen aufgeteilt. Sportliche Wanderer schaffen ihn aber auch in zehn Tagen. Man weiß nicht genau, wann dieser Weg entstanden ist, möglicherweise schon im Mittelalter. Auf jeden Fall war es ein Verbindungsweg an der Küste entlang zwischen Wehr- und Kommunikations-Türmen. Kamen zum Beispiel Piraten, dann mussten die Soldaten von verschiedenen Höfen zu Hilfe kommen, und der Pferdeweg war die schnellste Möglichkeit.

Die Piratenhöhle ist heute eine Bar mit spektakulärem Ausblick

Apropos Piraten - der berüchtigtste Pirat hatte den schönen Namen Xoroi, der Einohrige, und hauste in einer riesigen Höhle, die sich in einer senkrecht abfallenden, hundert Meter hohen Felswand versteckt: die Cova d`en Xoroi. Man konnte ihn nie festsetzen da er sehr schlau war. Mit der Zeit aber wurde er sehr einsam und beschloss, das schönste Mädchen der Umgebung zu entführen, die Blume von Alaior. Wahrscheinlich hätte man nie wieder eine Spur von dem Mädchen gefunden, wenn nicht ein harter Wintereinbruch eingetreten wäre und der Pirat auf Nahrungssuche gehen musste. Als er eines Tages schwer beladen zur Höhle zurückging, hatte er nicht daran gedacht, dass seine Fußstapfen im Schnee eine Spur hinterließen. Auf diese Weise fanden die Inselbewohner das Piratenversteck. Der stolze Xoroi soll sich daraufhin für den Freitod entschieden und von den Felsen ins Meer gestürzt haben. Seine Höhle wurde mittlerweile zu einer Bar in spektakulärem Ambiente umfunktioniert.

Einmalig auf Menorca - die T-Figuren der Taula-Kultur

Legenden und Sagen kursieren auf Menorca jede Menge - von Hexen und Heiligen, Piraten und mysteriösen Menschen aus der Vorzeit. Entlang des Küsten-Wanderweges stößt man immer wieder auf die Reste megalithischer Siedlungen aus dem 2. Jahrtausend vor Christus. Viel weiß man nicht über diese frühen Bewohner und ihre steinernen Hinterlassenschaften, die es merkwürdigerweise nur auf dieser kleinen Insel gibt. Besonders beeindruckend sind große T-förmige Figuren in der Mitte von einem Tempel. Sie heißen Taula - menorquinisch für Tisch -, weil die Menschen früher dachten, es wären Tische für Riesen gewesen. Es ist immer noch nicht klar, warum diese T-Figuren gebaut wurden, aber es handelt sich mit Sicherheit um Kultfiguren. Sie sind mit nichts zu vergleichen, außer Opfergaben wurden keine schriftlichen Dokumente gefunden.

Auf dem Pferdeweg „Cami de cavalls“ sind auch heute noch einige Pferde unterwegs, dazu viele Kühe und noch mehr Schafe und Ziegen. An der Nordküste ist Menorca rau und rar besiedelt. Außer Heidekraut, niedrigen Mastix-Büschen und mit Flechten überzogenen Felsen gibt es hier nicht viel – eine schöne Entspannung für das gestresste Auge. An der Südküste dagegen führen die Wege oft auch durch Pinienwälder und immer wieder über sandige Strände.

Kleine geschützte Buchten laden zum Verweilen ein

Wandern auf Menorca ist ein Routen-Mix aus Schluchten und Buchten, aber alles im Miniatur-Format. Eine Verschnaufpause für Wanderer bietet sich zum Beispiel in der felsigen Bucht von Pregonda. Hier sitzt man auf einem angeschwemmten Ast und genießt Wind und Wellen und den Blick auf ausgewaschene Felsen im Meer, die wie Fabelwesen aussehen. Egal ob Einwohner oder Besucher - auf Menorca wirken alle viel entspannter als auf der bekannteren Nachbarinsel. Menorca ist zwar kein Geheimtipp mehr, aber nach wie vor ein lohnenswerter Tipp für Wanderer und Liebhaber von Natur und Ruhe – Slowmotion eben!

Selbst gerührte Mayonnaise schmeckt sensationell

In kulinarischer Hinsicht ist für Menorca der Mahon-Käse typisch, der seit 300 Jahren auf Menorca destillierte Gin Mahon und die selbstgemachte Mayonnaise. Laut einer Legende stammt Mayonnaise nämlich aus Menorca: Seinerzeit wollte ein prominenter Gast, Kardinal Richelieu, eine Sauce zu seinem Fisch. Der Koch rührte einfach Eier, Olivenöl, Knoblauch und Estragon zusammen, und weil man sich in der Inselhauptstadt Mahon, auf menorquinisch Maó, befand, nannten die französischen Gäste die Sauce Maónnaise. Die beste Reisezeit für Wanderer ist von März bis Juni und von September bis November. Aber auch die Wintermonate sind in der Regel mild.

Karte: Der Monte Toro

Interaktive Karte - es werden keine Daten von Google Maps geladen.

Karte: Der Monte Toro


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