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Unterwegs im Herzen der Hohen Tauern Skitouren rund um Bad Gastein

Skitouren im Herzen der Hohen Tauern lassen sich von einer Stadt in den Bergen aus unternehmen, denn „Klein-Wien“ sagen Einheimische zu Bad Gastein. Die historischen Gebäude der Belle Epoque hier, die unberührte Natur des Hochgebirges dort - und der Weg zu diesen spannenden Gegensätzen führt am besten mit der Bahn dorthin.

Von: Georg Bayerle

Stand: 04.02.2023

Unterwegs im Herzen der Hohen Tauern | Bild: BR; Georg Bayerle

Es ist eine der Hochglanzbahnstrecken in den Alpen: von Salzburg das Salzachtal entlang und dann 400 Höhenmeter stetig ansteigend das Gasteiner Tal hinauf: Landschaftskino vor dem Zugfenster. Und dann sind es vom klassizistischen Bahnhofsgebäude nur ein paar hundert Meter zum Wasserfall, der mitten durch die Hotelpaläste rauscht.

Im Norden liegt unsere Abfahrtsroute

Rundherum reiht sich Berggipfel an Berggipfel. „Für uns liegt der Luxus darin, dass man zwischen den Häusern innerstädtischen Charakter hat, dann durch die Hintertüre geht und im Nationalpark steht“, sagt der Architekt Ike Ikrath. Er ist von Wien nach Bad Gastein gezogen ist und gehört zu denen, die an der Neubelebung des alten Kurortes arbeiten. Anno dazumal war hier die Sommerfrische von Kaiser und Adel, eine Palaststadt in den Bergen direkt unter den Dreitausendern des Alpenhauptkamms im heutigen Nationalpark Hohe Tauern.

Ein altes Almgebäude

Auf einer der ältesten Bahnstrecken durch die Alpen wurde hier schon 1905 der Gebirgsbahnhof an der Strecke Hamburg-Neapel eröffnet. Und nun fahren wir durch die Tauernschleuse einmal durch den Alpenhauptkamm ins Nationalpark- und Bergsteigerdorf Mallnitz auf der Kärntner Südseite. Mit der Freeriderin Sandra Lahnsteiner wollen wir dann den Alpenhauptkamm über den Niederen Tauern überqueren, zurück ins Gasteiner Tal.  „Das ist schon ganz anders als drüben im Gasteiner Tal. Merkst halt einfach die Wetterschneide“, sagt Sandra. Es liegt auch weniger Schnee, und im Spätwinter wird das Frühjahr eher spürbar. Während von Bad Gastein aus Seilbahnen in alle Richtungen auf die Berge führen, stehen wir hier in geschütztem Gebiet, im Nationalpark ohne technische Infrastruktur - ein Juwel, das bleibt.

Die Hagener Hütte im Winterschlaf

Bartflechten wehen im Wind an den Ästen, glitzernd gluckert Wasser über Eiskaskaden im Bach. Zahlreiche Tierspuren zeigen uns, dass wir nur Gäste sind. Sanft zieht sich das weite Tal hinauf, unsichtbar liegt die alte Römerstraße unter dem Schnee. Romatenspitz und Hohe Geisl sind zwei gern besuchte, mittelschwere Skitourenklassiker, aber die Schneelage ist an diesem Tag dürftig, deshalb begnügen wir uns mit dem Tauernübergang. Dort steht die Hagener Hütte in der Winterruhe. Wir müssen erst einmal einen Durchschlupf finden, um vom schroffen Bergkamm auf der Nordseite skifahrbare Hänge zu erreichen.

Das Ziel ist das Nassfeld

Der letzte Schneefall liegt mehrere Wochen zurück, was liegengeblieben ist, wurde vom Wind und den wechselnden Temperaturen zu einer vielfach umgewandelten Schneedecke, die wenig Fahrvergnügen verspricht. Aber Sandra Lahnsteiner, Profi durch und durch und als passionierte Skifahrerin notfalls auf jeder Unterlage unterwegs, hat das passende Motto parat: „Beim Wetter tät man sagen, es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Ausrüstung. Beim Skifahren: Es gibt keinen schlechten Schnee, nur schlechte Skifahrer“, sagt sie und lacht. So klingt die Leidenschaft einer Freeriderin, die fürs Skifahren lebt. Nachdem wir den Durchschlupf gefunden haben, wird es eine Abfahrt durch alle Arten des Schnees. Einmal zischt sogar butterweicher Firn, dann folgen Harsch, Plattenpulver, Bruch, Eis und kniehohe Windgangeln hinunter zum Nassfeld über Bad Gastein – ein wilder Ritt, der mir in den Knochen steckt nach der Ankunft. Sandra strahlt übers ganze Gesicht: „Die Schwünge waren doch gut, es hat sich doch gelohnt!“ Sie könnte gleich wieder losziehen, während ich darüber nachdenke, was die Physik knapp unter der Nullgradgrenze mit dem Element Wasser alles anstellt. Die 40 Namen von Schnee haben wir auf dieser Abfahrt einzeln ausgekostet, auf einer einzigartigen Runde von der unwirklichen Stadt der Hotelpaläste durch die Tauernschleuse ins unberührte Gebirge und über den Berg wieder zurück.

Mit dabei war auch das Kamerateam von Bergauf Bergab: Die Skitouren rund um Bad Gastein zeigt das BR-Fernsehen am Sonntag um 18:45 Uhr. Zu sehen ist der Film auch in der ARD-Mediathek.


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