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Fast vergessener Bergsport zwischen Winter und Frühling Figln an der Kampenwand

Jetzt am Wochenende mutiert der Frühling schon fast zum Sommer. Während es unten grünt und blüht, liegt weiter oben in den bayerischen Bergen noch Schnee. Zum Wandern ist es somit zu früh, für Ski- und Schneeschuhtouren zu spät, aber fürs Figln ist jetzt die richtige Zeit.

Von: Georg Bayerle

Stand: 04.04.2024 15:26 Uhr

Ein fast vergessener Bergsport zwischen Winter und Frühling | Bild: BR; Georg Bayerle

Aufstieg von Hintergschwend

Es ist eine eingeschworene Gattung von Bergsportlern, die diesen heute etwas aus der Mode gekommenen Bergsport ausübt und mit den "Figln", also den Firngleitern ausrückt. Die Kurzskier sind leicht am Rucksack zu transportieren und speziell dafür gemacht, auf firnigen Schneeresten abzurutschen. Die Anfänge des Figlns gehen gut 100 Jahre zurück, offiziell erfunden wurde es in den Karen der Nordkette hoch über Innsbruck. Aber auch in den Mulden an der Kampenwand reicht der Schnee noch fürs Firngleiten.

In der Höhe liegt noch Schnee

Für viele Bergsportler ist diese Jahreszeit nicht Fisch nicht Fleisch, aber für die eingefleischten Figler startet jetzt die Hochsaison, sagt Bene Höflinger aus Frasdorf, und so schnallen Bene, Marinus und Markus die Firngleiter an die Rucksäcke. Marinus fährt ein Modell, das vom Antiquitätenhändler stammen könnte: zwei breite Brettln mit rotem Ferrarilack der 1980er-Jahre, primitiver Bindungsschnalle und zerkratzter Kante. Dann machen sie sich auf den Weg auf ihren Hausberg, die Kampenwand, und zwar auf einem der schönsten Anstiege auf diesen beliebten Wanderberg von Hintergschwend aus.

Die Fraueninsel schwimmt im See

Nach einer Stunde öffnet sich der weite Blick über den Chiemsee. Das Wetter ist durchwachsen, der gezackte Gipfelkamm steckt in Wolken und alles schaut auf den ersten Blick recht braun und grau aus. Aber man muss nur genau hinsehen: Auf dem weitläufigen Gelände der Steinlingalm in 1400 Meter Höhe sind die Wiesen schon aper, doch in den langgezogenen Mulden liegt bester Firnschnee. Die drei lassen sich nicht zweimal bitten und kurven gekonnt in engen Schwüngen etwas breitbeinig und aus dem Oberkörper heraus durch den zischenden Firn. Alle drei beherrschen die Kurzskier richtig gut – trotz der eigentümlichen Technik. Bene und Marinus sind mit ihren Figln auch schon den Siebentausender Pik Lenin im Pamirgebirge abgefahren.

Weil das Wetter stabil bleibt, führt Markus, der als Sportlehrer und Bergführer arbeitet, die Dreierseilschaft noch über eine anregende Kantenkletterei auf einen der Zacken der Kampenwand. Trotz Wochenende ist fast nichts los auf dem oft überlaufenen Gipfel. Ideal für die drei, die nach der Kletterei wieder die Figln anschnallen und los geht’s …


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