Skitour im Glockner-Gebiet zum Saisonausklang Letzte Ausfahrt Modereck
Frühling im Tal, aber noch Winter im Hochgebirge – dieser Gegensatz fällt jetzt ins-besondere auch denen auf, die auf den ersten offenen Alpenpässen unterwegs sind. Früher als sonst wurde dieses Jahr bereits Ende April die Großglockner-Hochalpenstraße geöffnet, die heuer übrigens ihr 90jähriges Bestehen feiert und ei-nes der meistbesuchten Touristenziele Österreichs ist. Für Schneeliebhaber eröffnet das auch die Chance, zum Saisonausklang noch einmal auf Skitour zu gehen, denn in dieser Höhe herrschen noch winterliche Verhältnisse.

In T-Shirt und kurzen Hosen knipsen die ersten Touristen auf 2.400 Meter Höhe am Fuscher Törl ihre Bilder von den schneegepanzerten Dreitausendern in diesen Tagen. Direkt vom Berghang schwingt Ralf Maier mit seinen Ski an der Straße ab.
Er gehört zum Schneeräumteam und hat gerade noch Lawinen gesprengt. Viel ist dabei nicht heruntergekommen, denn nach dem schneearmen Winter ist jetzt nicht mehr viel übrig. Das Lawinensprengen gehört zu den letzten Sicherungsarbeiten zu Saisonbeginn. Die Schneelage hat es auch den 70 Jahre alten und inzwischen mit Bio-Kraftstoff betriebenen Schneefräsen leicht gemacht, die Kurven bis auf 2500 Meter Höhe freizuräumen. Zwei Wochen hat die Aktion gedauert, drei bis vier Meter hoch stehen die Schneewände derzeit noch neben der Straße. Die vier alten blauen Wallack-Schneefräsen sind nach dem Straßenbauingenieur der Hochalpenstraße benannt und auch von ihm erfunden worden sind. Jetzt parken sie am Straßenrand.
Tourenfachsimpeln im Glocknerhaus
Der Schnee ist das Gesprächsthema am Abend im Glocknerhaus, der Alpenvereinsunterkunft der Sektion Klagenfurt aus dem Jahr 1876. Unter einer Handvoll Skitourengehern ist auch Thomas Neuhold. Der Journalist aus Salzburg hat schon eine Reihe Tourenführer geschrieben. Für ihn sind die Skitage am Großglockner, wenn die Straße aufmacht, der traditionelle Abschluss der Skitourensaison. Der heutige Tag hatte es aber in sich: gefrorene Nassschneelawinen haben die Spur verlegt und mussten überwunden werden. Die typischen Lawinenbollen im Frühjahr nennen die Salzburger „Schneeknödel“ und bereichern damit die Skitourensprache um einen Fachbegriff für diese Jahreszeit. Aber wer wüsste besser als Buchautor Thomas Neuhold, wo wir am nächsten Tag den hartgefrorenen Schneeknödeln am besten ausweichen könnten.
Skiwanderung vom Feinsten
So folgen wir vom Hochtor, dem Scheitelpunkt der Glocknerstraße, anderntags dem Klagenfurter Jubiläumsweg auf einer Art Skiwanderung nach Osten. Der Schnee ist von der Nacht leicht angeharscht, wird aber schnell von der Sonne weichgeküsst, bis selbst die Knödel so verkocht sind, dass sie unter den Skikanten zerfallen und das schon morgens um 9 Uhr. In der attraktiven Gipfelreihe steuern wir deshalb gleich den ersten an: das Modereck. Oben am steilen Gipfelhang zieht dann noch ein luftiger Grat zum Gipfelkreuz. Martin, ein Tourenleiter des ÖAV, kreuzt hier unseren den Weg: Im vergangenen Jahr war er hier am 26.Mai unterwegs, bei gleichen Schneebedingungen. Das Frühjahr ist um drei bis vier Wochen verfrüht, sagt er. Aber die nordöstlich ausgerichteten Hänge haben ihn - den legendären cremigen Firn, der Genuss-Schwünge wie auf einer Buttercremetorte ermöglicht.
Zum Staunen und Genießen
So sind jetzt noch einmal diejenigen unterwegs, die mit Geduld auf solche Tage warten können - das ist beim Skifahren wie bei den Erdbeeren. Und abends im Glocknerhaus gibt’s natürlich Knödel, in aller Ruhe, bevor bald wieder die Massen auf der neben Schloss Schönbrunn größten Touristenattraktion Österreichs unterwegs sind. Seit der Eröffnung der Großglockner-Hochalpenstraße kamen über 60 Millionen Besucher hierher. Weil sich links und rechts der Straße der größte Nationalpark der Alpen ausbreitet, findet der Salzburger Gebirgskenner Thomas Neuhold, dass hier eine gute Balance zwischen dem Eingriff in die Natur und dem Naturschutz gefunden wurde. So treffen sich hier viele, um das Hochgebirge zu bestaunen: Skitourengeher, die wie wir im Firn der Frühjahrssonne schwitzen, aber auch schon viele Radler und Autofahrer auf der Straße, die vor 90 Jahren so eindrucksvoll ans Gebirge angeschmiegt wurde - und dieses Staunen verbindet alle hier an diesem Traumtag unter dem Großglockner.