Langlaufen im Osttiroler Gailtal Loipensport mit Besuch im Nachtwächterdorf Obertilliach
Gailtal oder Lesachtal? Nicht mal die Einheimischen sind sich einig, welches der richtige Name für das Hochtal ist, das in Osttirol bei Lienz parallel zur Drau verläuft. Und so geht es in Landkarten und auf Wegweisern schon einmal bunt durcheinander mit den Bezeichnungen.

In einem sind sich aber alle einig: Der sonnige Talboden zwischen den Bergsteigerdörfern Kartitsch, Ober- und Untertilliach ist im Winter ein ideales Areal zum Skilanglaufen. Gemütlich geht es hier zu, abseits des sonst üblichen Ski-Tourismus-Trubels. Dafür gelten Tradition und alte Sitten noch etwas, wie sich bei einem Besuch in Obertilliach feststellen lässt, stößt man hier doch gleich auf einen Vertreter einer heutzutage eher ungewöhnlichen Berufsgruppe.
In alter Tradition: Noch zweimal pro Woche dreht Helmut Egartner seine Nachtwächterrunde durch Obertilliach
„Ihr Herrn und Bauern lasst Euch sagen: Der Hammer an der Uhr wird zehne schlagen. Gebt fleißig Acht auf Feuer und Licht. Dass uns Gott und unsere liebe Frau behüt, s‘ wird zehn Uhr schlagen …“ Ausgestattet mit Hellebarde und Laterne stapft Helmut Egartner abends durch die wirklich finsteren Gassen seines Heimatortes Obertilliach. Die kleine Osttiroler Ortschaft im Hochtal, wo die Gail entspringt, ist eines der wenigen österreichischen Dörfer, die noch einen Nachtwächter beschäftigen. Er sorgt notfalls für Ordnung, während er, in eine dicke schwarze Lodenkutte gehüllt, an zwei Winternächten in der Woche seine Runden dreht – als Traditionshüter und Brandwächter zugleich. Die Holzhäuser waren früher alle viel enger zusammengebaut, so dass man von Dach zu Dach gehen konnte. Rasend schnell hätte sich da ein Feuer ausgebreitet.
Wie dicht die sonnengegerbten Holzhäuser rund um die Kirche beieinanderstehen, das sieht man bei Tageslicht gut von der verschneiten Ebene südlich des Bergdorfes. Dort befindet sich auch das Loipennetz, mit dem sich Obertilliach in der Szene der nordischen Skisportler einen Namen gemacht hat. Doch auch passionierte Langläufer kommen hier auf ihre Kosten, zum Beispiel auf der Gailtal-Runde, erklärt Langlauflehrer David Schneider. Kilometerlang kann man in den präparierten Loipen das Gailtal bergab gleiten in Richtung Kärnten. Die Talfurche zwischen Lienzer Dolomiten und Karnischen Alpen wird immer enger, bis sie schließlich ins Drautal mündet.
Weiter oben spielt sich das Langlaufen im breiten Talboden ab, in den Obertilliacher Feldern – mit Sonne satt! Malerisch wirkt die winterliche Wiesenlandschaft, wenn man zurück zur Säge nach Obertilliach schaut. Die weiße Fläche ist gespickt mit zahllosen kleinen Schobern und Stadeln, den so genannten „Schupfen“. Hier und da stehen auch markante Trockengestelle für Heu, die „Harpfen“. Genau dazwischen führen die Loipen für Skater und klassische Langläufer durch. Glitzernde Kristalle auf den Ästen und Nadeln der Fichten sorgen für Winterwunderlandflair, die Luft ist bitterkalt, schattig geht es am Ufer der jungen Gail entlang. Hier herrscht tiefster Winter, während auf den besonnten Feldern ganz in der Nähe schon das Grün aus dem Weiß hervorlugt. Doch das Hochtal ist in der Regel schneesicher, weil es hoch liegt und es meist ab November schneit.
Wer einen Abstecher ins Leitertal macht, findet dort die steilsten Passagen des Loipennetzes und merkt, wie es bald gehörig in den Waden zerrt. Auch die vielen kleinen Kapellen auf den Wiesen zeugen davon, dass Brauchtum und Tradition in der 800-Seelen-Gemeinde Obertilliach bis heute eine wichtige Rolle spielen. So hört man Helmut Egartner am Abend wieder in den Dorfgassen singen, wenn er wieder seine Nachtwächter-Runde antritt und das Nachtwächterlied anstimmt: „Hört, Ihr Leut, und lasst Euch sagen. Stolz wir unsere Kleidung tragen. Um zu zeigen, ist doch klar: Wie es früher einmal war…“
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Karte: Obertilliach