Mehrseillängen-Klettern am Zehnerstein im Trubachtal Bewährtes Kurskonzept
Für das Klettern an hohen Felswänden braucht es eine Menge Know-How. Entsprechend groß ist die Nachfrage an Kursen. Denn Mehrseillängen-Klettern wird immer beliebter. Bei der DAV Sektion Nürnberg gibt es ein bewährtes Kurs-Konzept.

Zum Einstieg ins Mehrseillängen-Klettern gehört am Anfang erstmal die Knotenkunde: Ob Mastwurf oder Halbmastwurf, doppelter Prusikknoten oder weiches Auge, darüber hinaus die doppelte Absicherung am Standplatz und vieles mehr. Neben diesem Handwerkszeug sind natürlich auch Ausrüstung, Tourenplanung, Zeitmanagement, Kommunikation und Seilkommandos sowie Wetterkunde wichtig, ebenso mobile Sicherungen und ein Rückzug aus der Route bei Verletzung oder Gefahr. Doch wie lernt man das alles am besten?
Alpines Klettern ist in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden. Zum einen, weil mehr Kletter-Begeisterte aus den Hallen nach draußen an den Fels wechseln und vom Sportklettern zum Alpinen Klettern. Zum anderen ist auch das Angebot an Mehrseillängen-Touren in den Alpen gestiegen, davon zeugen mehr Buch-Ratgeber und Websites. „Es sind mehr Felsen erschlossen worden und mittlerweile sind die Mehrseillängen auch so eingebohrt, dass man nicht jedes Mal sein Leben riskiert, sondern man kann auch Spaß haben“, sagt Thomas Brunner, Trainer für Bergsteigen und Alpinklettern bei der DAV Sektion Nürnberg. Zusammen mit seinem langjährigen Seilpartner Christian Foos, Trainer für Sportklettern und Plaisirklettern, bietet er ein vierteiliges Kurs-Konzept an, das sich bewährt hat. Es ist mittlerweile sogar von anderen Alpenvereins-Sektionen übernommen worden.
„Gestartet wird mit einem Tag Grundkurs am Zehnerstein im Trubachtal in der Fränkischen Schweiz, an dem Basis-Wissen und grundlegendes Können vermittelt wird. Im Sommer folgen dann vier Tage Mehrseillängen-Klettern in Arco, darunter an einer bis zu 300 Meter hohen Wand mit zehn Seillängen. Zurück in Franken folgen zwei Kurstage, von denen sich einer um mobile Sicherungen dreht und der andere um die behelfsmäßige Bergrettung und den Rückzug aus Mehrseillängen. „Wenn man alle vier Module durchlaufen hat, besitzt man eine solide Grundlage, um loszulegen“, weiß Thomas Brunner aus langjähriger Erfahrung.
Der Grundkurs ist auf acht Teilnehmende begrenzt, unter ihnen sind Christina, David und Kai. Sie sind versierte Sportkletternde und möchten gerne in Mehrseillängen einsteigen. Kai hat es vor einigen Jahren schon mal probiert und will sein Wissen auffrischen. Christina möchte sich sportlich weiterentwickeln und den nächsten Schritt machen und David gefällt es, vor allem im Urlaub alle Spielarten am Felsen auszuprobieren. Bevor sie ihr erlerntes Wissen auf Einsteigerrouten im Wettersteingebirge, im Salzburger Land oder in Arco umsetzen werden, eignet sich der Zehnerstein in der Fränkischen Schweiz zum Üben. Er ist zwar nur 30 Meter hoch, doch es gibt zwei gute Standplätze für zwei Seillängen. Bevor der Sportkletter-Boom in den 1980er Jahren begann, war die Fränkische Schweiz DAS Trainingsgebiet für die großen Felswände in den Alpen. Allerdings waren die Kletternden damals im Alpinstil mit Bergstiefeln und Leitern an den Felsen unterwegs.
Im Mehrseillängen-Kurs am Zehnerstein folgt auf die Theorie am Vormittag schließlich die Praxis am Nachmittag. An der Alten Westwand am Zehnerstein macht sich Christina bereit für zwei Seillängen: Klettergut anlegen, Achterknoten, Partnercheck. Bandschlingen, Prusikschlinge, genügend Karabiner und Alpintuber am Gurt. Christina probiert es zum ersten Mal aus und konzentriert sich zunächst aufs Vorsteigen. Die Griffe und Tritte sind im unteren Drittel der Route etwas abgespeckt, ansonsten kommt sie zügig voran. An beiden Standplätzen steht ein Trainer bereit und schaut genau auf die Handgriffe der Übenden zur Unterstützung. Auch David ist voll konzentriert, um sich selbst und den Nachsteigenden gut zu sichern. Die Teilnehmenden haben viel gelernt. Doch das umfangreiche Wissen muss sich erst einmal setzen und die Handgriffe müssen eingeübt sein, damit sich künftig die große Faszination des Mehrseillängen-Kletterns erleben lässt: das spektakuläre Naturerlebnis, fantastische Aus- und Rundumblicke, ein Extra-Adrenalinkick dank der Ausgesetztheit und natürlich das glückselige Gefühl, als Seilschaft gemeinsam etwas Großes geleistet zu haben. Aus den vergangenen Jahren wissen die beiden Trainer Christian Foos und Thomas Brunner, dass manche Teilnehmende zunächst ehrfurchtsvoll vor der 300 Meter-Wand in Arco stehen werden. Doch am Ende haben es bislang alle geschafft!