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Mindelheimer Hütte Von Steinböcken und Rindsrouladen unter den Schafalpenköpfen

Wie auf einer natürlichen Aussichtsterrasse liegt die Mindelheimer Hütte vor dem Allgäuer Hauptkamm. Ein Schutzhaus mit traditioneller Architektur: mit Sprossenfenstern und Holzläden. Und mit einem Urgestein als Hüttenwirt: Seit 37 Jahren ist Jochen Krupinski Gastgeber, Koch und vieles mehr.

Von: Ernst Vogt

Stand: 23.09.2016

Die Mindelheimer Hütte  | Bild: BR; Ernst Vogt

Einer der klassischen Anstiege führt von Mittelberg im Kleinwalsertal durch das Wildental und über die Kemptner Scharte bis zur gut 2.000 Meter hoch gelegenen Hütte.

Steinböcke und Murmeltiere

Auf der Terrasse wärmt die Sonne die Wanderer nach dem Aufstieg.

Bei gutem Wetter sitzen die Wanderer am Nachmittag auf der Hüttenterrasse. Alle haben mindestens drei Stunden Aufstieg in den Beinen. Manche erzählen begeistert von den Steinböcken, Gämsen und Murmeltieren, die sie gesehen haben.

Die einen sind schon entspannt und genießen. Die anderen stehen noch unter dem Eindruck ihrer  Anstiegsmühen über den Mindelheimer Klettersteig oder sie haben die 900 Höhenmeter über Fluchtalpe und Hinterwildenalpe bewältigt. Der Mindelheimer Klettersteig verläuft über den Grat der Schafalpenköpfe und wird manchmal wegen seiner Länge und Ausgesetztheit unterschätzt.

Jugendtraum Hüttenwirt

Hüttenwirt Jochen Krupinski im Gespräch mit Rucksackradio-Reporter Ernst Vogt.

Bei Jochen Krupinski sind sie alle gut aufgehoben. Denn er ist Hüttenwirt aus Überzeugung und Leidenschaft. Seit 1979 ist er für die Mindelheimer Hütte zuständig. Mit seinen technischen Fähigkeiten als Maschinenbauingenieur hat er das Schutzhaus ökologisch auf den neuesten Stand gebracht. Zusammen mit dem Fraunhofer-Institut baute er die erste Photovoltaik-Anlage in einer Höhenlage über 2.000 Metern. Dann kamen Klär- und Wasseraufbereitungsanlage sowie ein Blockheizkraftwerk dazu. Für Jochen Krupinski ist das Leben als Hüttenwirt Beruf und Berufung. „Es war mein Jugendwunschtraum“, gesteht der Allgäuer.

Vom Allgäuer Matterhorn bis zum Biberkopf

Eindrucksvoll präsentiert sich der Biberkopf.

Auch nach mehr als dreieinhalb Jahrzehnten als Hüttenwirt kann er sich kaum satt sehen beim Blick in den Allgäuer Hauptkamm. Die Gipfelprominenz des Allgäuer Hauptkamms liegt vor ihm: von der schrägen Kante des Schneck über die viergipfelige Höfats und den Hochvogel bis zur Trettachspitze, die wie eine Felsflamme herausragt und den Beinamen „Allgäuer Matterhorn“ bekommen hat. Majestätisch stehen die Berge auf der anderen Talseite. Am eindrucksvollsten präsentiert sich der Biberkopf mit seiner gewaltigen Berggestalt.

Magische Momente bei Vollmond

Fast tausend Höhenmeter über den Tälern zu liegen, hat seine Vorteile. Gerade im Herbst liegt die Mindelheimer Hütte häufig über den Wolken. Dann ragen die gegenüberliegenden Gipfel wie Inseln aus dem Wolkenmeer heraus.

Wirt Jochen Krupinski und sein Hüttenteam

Dem Ambiente der Mindelheimer Hütte scheint etwas Magisches anzuhaften, erzählen die Jüngsten aus der Hüttenmannschaft, Johanna aus Bochum und Julia aus Altusried. Sie fühlen sich wie in eine andere Welt versetzt, wenn sie aus dem Trubel der Zivilisation zur Hütte hinaufsteigen. Auch für das Hüttenteam gibt es trotz anstrengender Arbeit magische Momente. Zum Beispiel wenn alle in einer Vollmondnacht auf die Hüttenterrasse sitzen und die Stimmung genießen.

A propos Stimmung. Nicht nur die Gäste aus Bremen und Frankfurt sind beeindruckt, wenn sie ein Höhengewitter miterleben dürfen und die Blitze die Bergsilhouette wie bei einem Feuerwerk erhellen.

Kochen ist die Leidenschaft des Hüttenwirts

Gerichte für Genießer

Die Möglichkeiten für Bergsteiger, die ein paar Tage auf der Mindelheimer Hütte bleiben, sind vielfältig: ein Klettersteig und viele Kletterrouten, 60 an der Zahl. Die Blumenpracht am Geißhorn oder im Gemsteltal ist legendär und die majestätischen Steinböcke sind nicht scheu. „Die schauen uns an und wir schauen sie an“, erzählt der Hüttenwirt, der das Schutzhaus zusammen mit Lucia Kitzelmann und Rainer Müller bewirtschaftet. Viele Gäste schwärmen von der ausgezeichneten Hüttenküche. Die Nudeln werden selbst gemacht. Und die Rinder kauft der Hüttenwirt bei den Bauern im Rappenalptal. Aber auch Vegetarier kommen auf ihre Kosten. Viele Bergsteiger kommen wegen der fantastischen Aussicht, einige aber durchaus wegen irdischer Genüsse.

Als an einem schönen Herbstwochenende gegen Abend ein Wanderer auf der Mindelheimer Hütte eintraf, fragte er: „Händ’r no a Lager?“ Der Hüttenwirt verneinte. Der Spätankömmling aus dem Tal verzog keine Miene und fragte: „Händ’r no Rindsrouladen?“ Als der Hüttenwirt bejahte, sagte der Allgäuer Bergsteiger lapidar: „Dann isch allz in Ordnung“ und blieb.

Info

Die Hütte ist 2016 bis 9. Oktober geöffnet. Zustiege gibt es auch über das Rappenalptal, Gemsteltal, über die Fiderepasshütte oder von der Fellhornbahn her.

Karte: Die Mindelheimer Hütte

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Karte: Die Mindelheimer Hütte


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