Wie sich der Schneemangel auf die Alpenfauna auswirkt Wildtiere im schneearmen Winter
Jetzt ist der Winter zumindest in den Bergen noch gekommen, aber Tiere und Pflanzen haben in der freien Natur durch die Wetterkapriolen dieses Winters ein wahres Wechselbad hinter sich. Das zeigt sich auch bei einem Streifzug mit einem Wildbiologen im Allgäu im Gebiet des Riedberger Horns.

Im Flachland blüht die Haselnuss, viele Igel sind aus dem Winterschlaf aufgewacht. Die wochenlangen Frühlingstemperaturen mit wenig Schnee sogar in großen Höhen haben natürlich auch die Alpentiere gespürt.
Seit über zwei Jahrzehnten beobachtet der Wildbiologe Henning Werth die Tierwelt im Allgäu.- er ist der Naturexperte am Zentrum Naturerlebnis Alpin. Während wir mit Schneeschuhen am Wannenkopf nahe dem Riedbergpass aufsteigen, mustert er den Boden: Am Spurenbild will er ablesen, ob sich das Verhalten von Schneehasen und anderen Wildtieren verändert hat und sie möglicherweise ihre normalen Lebensräume verlassen haben.
Sechs Wochen lang gab es wenig Schnee und teilweise frühlingshafte Temperaturen bis hinauf in die Hochlagen. Auch jetzt zeigen Spuren, die kreuz und quer zu Blaubeerbüscheln führen, dass Schneehase und Birkhühner viel unterwegs sind: „Das ist eher positiv momentan, dass wir einfach unbegrenzte Nahrungsverfügbarkeit haben für Tiere, die sonst eher ein Nahrungsproblem haben, wenn alles sehr stark eingeschneit ist“, sagt der Experte über die ungewöhnliche Situation.
Eingeschränkt waren in erster Linie Skitourengeher und Schneeschuhwanderer, so dass die Tiere kaum gestört wurden. Die schlechten Bedingungen für Wintersportler in den vergangenen Wochen haben den Wildtieren offenbar gefallen. Auch die frühlingshaften Temperaturen Anfang Januar haben sie wohl nicht aus dem Tritt gebracht, meint Henning Werth. Jedenfalls haben die Wildtiere nicht früher mit der Brutzeit begonnen und sind dazu auch nicht ins Tal gekommen.
Typisch für diese Jahreszeit ist der orangerote Fichtenkreuzschnabel, der die Samen aus den Zapfen schält. Ein Weibchen hat ein Gamshaarbüschel für den Nestbau im Schnabel. Henning Werth hat aber auch schon Kolkraben beobachtet, die mit ihren charakteristischen Balzflügen anfangen. Auch eine zirpende Feldgrille gab es auf 700 Meter Höhe, wie überhaupt die Insekten von milderen Wintern profitieren könnten. So zeigt sich auf unserem Streifzug, dass viele Alpentiere sehr beweglich auf die veränderten Bedingungen reagieren können. Wenn die Winter in den Bergen weniger hart werden, verlieren aber gerade die besonders spezialisierten Tierarten ihren Überlebensvorteil, denn, so Henning Werth: „Die Berggipfel werden den niedrigeren Lagen immer ähnlicher, dann breiten sich häufigere Arten aus. Momentan sind aber noch alle vorhanden.“
Je weiter der Klimawandel fortschreitet, desto mehr Konkurrenz werden die Alpentiere aus niedrigeren Lagen bekommen. Jetzt aber ist in der Höhe erst einmal Normalität eingezogen. Schneehase, Birkhuhn & Co. werden ihren Aktionsradius wieder auf das Notwendigste beschränken und die meiste Zeit in Schneehöhlen verbringen.
Die Spurensuche in den Allgäuer Bergen hat auch das BR-Fernsehen begleitet, zu sehen heute um 17:45 Uhr in der Sendung „Zwischen Spessart und Karwendel“ und dann auch in der ARD-Mediathek.