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Stadt, Land, Berg - 30 Jahre Alpenkonvention Das internationale Vertragswerk zum Schutz der Alpen

Die Alpenkonvention, das internationale Vertragswerk zum Schutz und zur zukünftigen Entwicklung der Alpen, wurde am 7. November vor 30 Jahren unterzeichnet. Immer noch aber ist erklärungsbedürftig, worum es da überhaupt geht. Dabei kümmert sich die Alpenkonvention um Grundfragen zur Entwicklung des alpinen ländlichen Raums – ein Thema, das auch in der laufenden ARD-Themenwoche diskutiert wird.

Von: Georg Bayerle

Stand: 13.11.2021 | Archiv

30 Jahre Alpenkonvention | Bild: BR

Es geht natürlich um den Naturschutz, mit dem sich derzeit die Klimakonferenz in Glasgow beschäftigt. Auch wenn die Themen hochaktuell sind, fällt die Bilanz von 30 Jahren Alpenkonvention trotzdem durchwachsen aus.

Andrang am Bus

Uwe Roth ist genauso alt wie die Alpenkonvention. Als der internationale Vertrag zum Schutz der Alpen geschlossen wurde, lernte Uwe Roth gerade Laufen. Heute vertritt er als Geschäftsführer der Alpenschutzkommission CIPRA in Deutschland die Inhalte des alpenweiten Schutzabkommens. Die Alpenkonvention gilt als eine bahnbrechende Erfindung, weil man sich erstmals auf internationaler Ebene über Zielsetzungen in puncto Nachhaltigkeit geeinigt hat. Über Ländergrenzen hinweg wurde für einen geographisch und kulturell zusammenhängenden Raum ein gemeinsames Entwicklungsziel beschrieben. Seither gibt es zentrale Projekte wie ein Gemeindenetzwerk, die Alpenstädte und die Bergsteigerdörfer, in denen die Grundsätze der Alpenkonvention am besten umgesetzt werden können. Allerdings ist die Alpenkonvention hinter ihren hochgesteckten Zielen zurückgeblieben.

Ist Kunstschnee die richtige Antwort auf die Klimakrise

1991 ist der Schock von Tschernobyl noch spürbar, auch das Waldsterben beschäftigt die Menschen. Es sind Jahre, in denen Zukunftsfragen, die Nachhaltigkeit, der Umgang mit Natur und Ressourcen global diskutiert werden. Das prägt auch den Umweltgipfel in Rio, bei dem auch die internationale Übereinkunft zum Schutz der Alpen entstanden ist. Auch der damalige bayerische Umweltminister Peter Gauweiler stellte sich hinter die Alpenkonvention und fordert Überzeugungsarbeit und Schutzmaßnahmen. Neun so genannte Durchführungsprotokolle geben die Leitlinien vor: Im Tourismusprotokoll heißt es, dass nur landschafts- und umweltschonende Projekte gefördert werden sollen. Das Bodenschutzprotokoll verbietet Eingriffe in den Schutzwald und in Berghänge, die geologisch labil sind.

Altes wird neu aufgebaut

Schnell zeigt sich jedoch: Der Tiger des Vertragswerks wird zur Maus, wenn es um die konkrete Umsetzung geht. Schon vor 20 Jahren zieht der damalige CIPRA-Präsident Andreas Weissen eine ernüchterte Zwischenbilanz und diagnostiziert ein krasses Missverhältnis zwischen der Dringlichkeit der Probleme und der Maßnahmen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Thema Transitverkehr: 2004 sah sich der damalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin zum Abschluss des zweijährigen deutschen Vorsitzes der Alpenkonvention auf einem guten Weg hinsichtlich der Verkehrsentlastung am Brenner. Heute aber ist der Verkehr auf der Brennerroute schlimmer denn je.

Abfahrt in Lenggries

Auch der Ruf der Alpenschutzkommission CIPRA nach einem Erschließungs- und Ausbaustopp in den Alpen verhallte bisher ungehört. Mit der neoliberalen Wende Mitter der 1990er Jahre hat sich überall das Diktat der Ökonomie durchgesetzt. Ewald Galle, ein Mann der ersten Stunde und Spitzenbeamter im österreichischen Umweltministerium, sieht für sein Land aber durchaus messbare Wirkungen der Alpenkonvention, zum Beispiel in Form einer bürgernahen Auskunftsstelle. Die fehlt in Bayern ebenso wie eine vergleichbare regelmäßige Anwendung der Inhalte in den politischen Entscheidungsprozessen, sagt Uwe Roth, Geschäftsführer von CIPRA Deutschland. Vor allem aber könnte die Alpenkonvention als alternatives Entwicklungsmodell begriffen werden, wozu sie allerdings aktualisiert werden müsste laut Uwe Roth.

Speicherbecken am Sudelfeld

Die Klimakrise zeigt indessen erst recht, wie vorausschauend viele Inhalte der Alpenkonvention vor 30 Jahren gewesen sind. Die Grundsätze könnten heute praktisch unverändert unterschrieben werden, ihre konkrete Umsetzung steht immer noch aus, räumt auch Ewald Galle ein. Somit ist es sehr zu bedauern, dass der Schwung von einst verloren gegangen ist.


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