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Wärmelehre Übungen zur Thermischen Energie

Von: Christian Döllinger

Stand: 16.06.2021

Symbol | Bild: Angela Smets/BR

Eis aus dem Tiefkühlfach eines Kühlschranks wird mit einer Kochplatte, die eine konstant bleibende Wärme auf das Gefäß mit dem Eis überträgt, erwärmt, bis sich eine Temperatur von ca. 20°C einstellt.

Skizziere in einem Diagramm qualitativ den Verlauf der Temperatur und der thermischen Energie und interpretiere Deine Lösungen.

Verlauf: Temperatur

Zunächst steigt die Temperatur des Eises an. Sobald aber mit 0°C der Schmelzpunkt von Eis erreicht wird, bleibt die Temperatur trotz fortgesetzter Wärmezufuhr unverändert. Erst wenn das gesamte Eis geschmolzen ist, steigt die Temperatur wieder an, allerdings langsamer: wegen der größeren spezifischen Wärmekapazität von flüssigem Wasser im Vergleich zum Eis.

Verlauf: Thermische Energie

Die thermische Energie des Wassers steigt mit der Wärmezufuhr kontinuierlich an.








Wie lässt sich dieser Temperaturverlauf jeweils erklären?

Im Abschnitt I, in dem das Wasser nur als Eis mit seiner Gitterstruktur im festen Zustand vorliegt, steigt die Temperatur jeweils poportional zur zugeführten Wärme (erkennbar am geradlinigen Verlauf im Diagramm). Der Grund: Die zugeführte Wärme dient (fast) ausschließlich dazu, die mittlere kinetische Energie der Teilchen zu erhöhen, die ausschlaggebend für die Erhöhung der Temperatur ist. In diesem Abschnitt erhöht sich demnach die mittlere Bewegungsenergie der Teilchen des Eises.

Während des Schmelzens (Abschnitt II) dagegen bleibt die Temperatur unverändert – trotz fortgesetzter Wärmezufuhr. Beim Schmelzen löst sich die geordnete Gitterstruktur des Eises auf und macht einer weit weniger geordneten Struktur der Flüssigkeit Platz. Dieser Übergang in einen ungeordneten Zustand ist mit einer starken Abnahme der Kräfte zwischen den Teilchen und damit einer beträchtlichen Zunahme ihrer (mittleren) potentiellen Energie verbunden. Dies führt dazu, dass auch beim Schmelzen trotz gleichbleibender Temperatur und damit gleichbleibender mittlerer kinetischer Energie der Teilchen die thermische Energie des Eis-Wassergemisches zunimmt. Die während des Schmelzens zugeführte Wärme wird also ausschließlich in die Auflösung der geordneten Teilchenstruktur des Eises gesteckt.

Erst wenn das Eis vollständig geschmolzen ist (Abschnitt III), kann die Temperatur wieder ansteigen, da die Gitterstruktur des Eises dann (nahezu) vollständig zerstört ist und die gesamte zugeführte Wärme wieder (fast) ausschließlich in eine Erhöhung der mittleren Bewegungenergie der Teilchen umgesetzt wird.

Die Wärme, die ausschließlich zum Schmelzen von 1 kg Eis benötigt wird (ohne dass die Temperatur steigt), wird als spezifische Schmelzwärme von Wasser bezeichnet. Sie beträgt 335 kJ / (kg · °C).

Auf welche Temperatur könnte man mit derselben Wärmezufuhr von 335 kJ einen Liter Wasser von 15°C erwärmen?

Die zugeführte Wärme würde das Wasser von 15°C auf die Endtemperatur ϑ2 erwärmen. ϑ2 ergibt sich aus dem Erwärmungsgesetz:

WQ =  c · m · (ϑ2 – ϑ1)

Aufgelöst nach ϑ2 erhalten wir:

ϑ2 = WQ / (c · m) + ϑ1 = 335 kJ / (4,18 kJ/(kg · °C) · 1kg) + 15°C = 95°C

Um 1kg Eis zu schmelzen benötigt man also dieselbe Energiezufuhr wie zur Erwärmung von  1l Wasser um 80°C.

Welche Bedeutung hat die große spezifische Schmelzwärme im Hinblick auf den Klimawandel?

Die große Schmelzwärme für Eis verzögert das Abschmelzen insbesondere des Grönlandeises und damit den Anstieg des Meeresspiegels. Das ist besonders deshalb von Bedeutung, weil die Temperaturen im Polargebiet wesentlich stärker zugenommen haben als z. B. bei uns in den mittleren Breiten.

Hamburg und die Stadt Nowosibirsk in Sibirien liegen in etwa auf dem gleichen Breitengrad und empfangen daher das Jahr über (im Mittel) jeweils dieselbe Sonneneinstrahlung. Dennoch klaffen die durchschnittlichen Winter- und Sommertemperaturen der beiden Städte weit auseinander.
Sommertage mit 30°C und mehr sind in Hamburg selten, in Nowosibirsk dagegen im Sommer nichts Ungewöhnliches. In den Wintermonaten Januar und Februar liegt die Durchschnittstemperatur in Hamburg knapp über dem Gefrierpunkt, in Nowosibirsk aber bei -25°C.

Wie sind diese großen Temperaturunterschiede zu erklären?

Verursacht werden diese großen Unterschiede durch die besondere geographische Lage der beiden Städte: Hamburg liegt in der Nähe der Nordsee, Nowosibirsk mitten im Eurasischen Festland.

Die im Vergleich zum festen Boden weitaus größere spezifische Wärmekapazität von Wasser sorgt dafür, dass sich die Nordsee im Sommer nur auf etwa 20 °C erwärmt. Die über der Nordsee lagernde Luft wird durch das relativ kalte Wasser abgekühlt. Sie gelangt – begünstigt durch die vorherrschende Westströmung – weit in die Mitte Norddeutschlands und sorgt in Hamburg für moderate Sommertemperaturen.

Durch die im Vergleich zu Wasser viel kleinere spezifische Wärmekapazität des festen Bodens in Sibirien erwärmt sich dieser während der sommerlichen Sonneneinstrahlung stark. Er gibt die Wärme an die dort lagernde Luft ab, so dass die Lufttemperatur in Nowosibirsk im Sommer höher liegt als in Hamburg.

Dazu kommt, dass die Tiefdruckgebiete, die über den Atlantik ziehen und Hamburg meist ein durchwachsenes Sommerwetter bescheren, Richtung Osten nur bis Polen kommen und Nowosibirsk im Sommer daher in der Regel mehr Sonnentage hat als Hamburg.

Im Winter drehen sich die Verhältnisse um: Die große spezifische Wärmekapazität des Atlantik- und Nordseewassers sorgt dafür, dass sich die Nordsee im Winter nicht so stark abkühlt wie der feste Boden in Sibirien. Die Nordsee gibt daher im Winter Wärme an die darüber lagernde Luft ab. Durch die vorherrschende West- bzw. Nordwestströmung werden diese relativ warmen Luftmassen Richtung Hamburg transportiert und sorgen dort für erträgliche Wintertemperaturen.

In Sibirien dagegen kühlt der Boden im Winter stark aus: Die Schneedecke, die sich dort spätestens im November bildet, verschärft die Abkühlung zusätzlich. Der kalte Erdboden führt zur Abkühlung der aufliegenden Luftmassen und damit zu den extrem niedrigen Temperaturen im Winter.