alpha Lernen - Deutsch

Andere mediale Texte Erzählebenen im Film

Von: Christian Albrecht

Stand: 16.06.2021

Hier beantworten wir folgende Fragen:

  • Warum spricht man vom "Lesen" von Filmen?
  • Warum muss man lernen, Filme zu lesen?
  • Auf welchen Ebenen kann ich Filme lesen?

"Wir wissen wohl - und das ist die Ironie -, dass wir lernen müssen zu lesen, bevor wir versuchen können, Literatur zu genießen oder zu verstehen; aber wir neigen dazu zu glauben, dass jeder einen Film lesen kann."

(James Monaco: Film verstehen. Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films und der Neuen Medien. Mit einer Einführung in Multimedia, Reinbek 2009, S. 167)

Folgt man dem Zitat des Filmwissenschaftlers James Monaco, ist es keine naturgegebene Kompetenz, Filme zu sehen, zu lesen und zu verstehen. Man muss das genauso lernen, wie man das Lesen von Büchern lernen muss.

Filme wollen ja verstanden werden, ja sie laden sogar dazu ein, sie zu verstehen. Und wie es bei Einladungen nun mal so ist: Wenn wir eine Einladung annehmen, ist es sinnvoll zu wissen, was man alles mitbringen soll.

In unserem Fall ist es vor allem die Bereitschaft, sich auf Filme und die Beschäftigung mit Filmen emotional und aufmerksam wahrnehmend einzulassen: So können wir lernen, die Bilder zu lesen und zu deuten. Wir können lernen zu verstehen, welche Bedeutung und Wirkung Musik, Geräusche und Ton haben. Und wir können lernen zu verstehen, wer uns eigentlich den Film auf welche Art und Weise erzählt. Haben wir – wie etwa im Roman – einen Erzähler, der uns durch die Geschichte führt? Welche Funktion hat die Kamera? Was bewirkt der Schnitt in der sogenannten Postproduktion? Wie wirkt der Film überhaupt auf uns?

Die Aufgabe der meisten Filme ist es, Geschichten zu erzählen, das ist klar. Aber mit welchen Mitteln machen diese Filme das? Sie machen das audiovisuell, das heißt in Bild und Ton. Neben der Bild- und Tonebene geht es aber immer auch darum, wie eine Geschichte dramaturgisch aufgebaut und wie sie erzählt wird. Um einen Film zu analysieren, ist es also sinnvoll, sich alle drei Ebenen anzuschauen:

  • Visuelle Ebene: Was sehe ich?
  • Auditive Ebene: Was höre ich?
  • Narrative Ebene: Was und wie wird im Film erzählt?

Die Filmwissenschaftlerin Sermin Ildirar bei ihrer Studie im anatolischen Bergland

Dass das Sehen von Filmen keineswegs der natürlichen Wahrnehmung entspricht und dass das Lesen von Filmen keine angeborene, sondern eine kulturell erworbene Fertigkeit ist, hat die im Video vorgestellte Studie des Tübinger Kognitionspsychologen Stephan Schwan und der Filmwissenschaftlerin Sermin Ildirar von der Universität Istanbul gezeigt.

Und diese Fertigkeiten zu schulen und zu verfeinern, auszubauen und zu schärfen, soll Ziel der folgenden Kapitel sein, so dass wir am Schluss zurecht sagen können:

"Es ist wahr, jeder kann einen Film sehen. Aber einige Leute haben gelernt, visuelle Bilder zu verstehen - physiologisch, ethnographisch und psychologisch -,  und dies weitaus besser als andere."

(James Monaco, a.a.O, S. 167f.)

1.

Das Verstehen von Filmen ist keine angeborene Kompetenz.

2.

Durch den Erwerb filmbezogener Kompetenzen kann man Filme besser lesen und verstehen.

3.

Filme als audiovisuelle Texte werden auf der visuellen, auditiven und narrativen Ebene gelesen.

Visuelle Ebene

Was sehe ich?

Auditive Ebene

Was höre ich?

Narrative Ebene

Was und wie wird im Film erzählt?