Im Schnitt müssen die gesetzlichen Krankenkassen dieses Jahr ihre Beitragssätze um 0,1 Prozentpunkte anheben, um ihre Kosten zu decken. So hat es ein offizieller Schätzerkreis errechnet. In Bayern sind aber vergleichsweise wenige Versicherte von Beitragssatzanhebungen betroffen. Die mit Abstand größte Kasse im Freistaat, die AOK, hält den Beitragssatz stabil.
Auch unter den großen bundesweiten Kassen gibt es viele, die den Preis nicht anheben: etwa Techniker Krankenkasse, DAK, BKK Mobil, hkk oder HEK. Einige Kassen mit Schwerpunkt in Bayern senken den Beitragssatz sogar, das ist bei der Audi BKK und der BKK Faber Castell der Fall.
Barmer und KKH heben Beitragssätze deutlich an
Es gibt aber auch Kassen, die teurer werden. Die zweitgrößte bundesweite Kasse, die Barmer, hebt den Beitragssatz kräftig an, um 0,69 Prozentpunkte auf 16,79 Prozent vom Bruttolohn.
Die KKH wird um 0,48 Prozentpunkte teurer und nimmt künftig 16,58 Prozent. Die Siemens BKK verteuert sich um 0,2 Prozentpunkte auf 16,3 Prozent. Die IKK Classic nimmt um 0,1 Prozentpunkte mehr und verlangt ebenfalls 16,3 Prozent.
Kann jeder die Krankenkasse wechseln?
Alle gesetzlich Versicherten können sich für jede gesetzliche Kasse entscheiden. Alter, Einkommen oder Erkrankungen spielen dabei keine Rolle. Es gilt der sogenannte Kontrahierungszwang: Jede Kasse muss alle aufnehmen, die das Recht haben, sich gesetzlich zu versichern. Ein Wechsel innerhalb der privaten Krankenversicherung oder von der Privatversicherung in die gesetzliche Krankenversicherung ist hingegen wesentlich schwieriger als ein Wechsel innerhalb der GKV.
Wie erfahre ich von einer Beitragserhöhung meiner Krankenkasse?
Kassen, die ihren Beitragssatz anheben, müssen ihre Versicherten darüber per Brief informieren. Diese Pflicht hatte die Bundesregierung zwar von 2022 bis Mitte 2023 ausgesetzt. Dieses Jahr gilt die Informationspflicht nach Auskunft des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung aber wieder.
Muss ich eine bestimmte Zeit bei einer Kasse bleiben?
Grundsätzlich müssen Kassenpatienten mindestens ein Jahr bei einer Kasse bleiben, bevor sie eine neue gesetzliche Krankenkasse suchen können. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Wenn eine Kasse den Beitragssatz erhöht, haben Versicherte ein Sonderkündigungsrecht.
Welche Fristen gelten bei der Kündigung?
Die Kündigung gilt zum Ende des Monats und wird zwei Monate später wirksam. Wer im Januar also eine neue Kasse sucht, weil seine alte Kasse den Beitrag zum Jahreswechsel angehoben hat, der kann zum 1. April bei einer neuen Kasse sein und einen gegebenenfalls günstigeren Beitrag zahlen.
Wie viel kann ich durch einen Kassenwechsel sparen?
Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Weil der Beitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung sich prozentual nach dem Einkommen richtet, können diejenigen, die mehr verdienen, auch mehr sparen. Der zweite Faktor ist der Preisunterschied zwischen der alten und der neuen Kasse. Als Faustformel lässt sich sagen: Wer mit einem hohen Einkommen von einer Kasse mit vergleichsweise hohem Beitragssatz zu einer Kasse mit einem vergleichsweise niedrigen Beitragssatz wechselt, spart deutlich mehr als jemand, der mit einem normalen oder niedrigen Einkommen von einer nicht allzu teuren Kasse zu einer billigeren wechselt.
Dazu zwei Beispielrechnungen: Wer 4.000 Euro brutto im Monat verdient und von einer vergleichsweise teuren Kasse - mit 16,8 Prozent Beitragssatz - zu einer günstigen kleinen Kasse mit 15,5 Prozent wechselt, spart 52 Euro im Monat. Ebenso wie der Kassenbeitrag wird auch die Ersparnis hälftig auf den Versicherten und den Arbeitgeber aufgeteilt. Der Versicherte selbst spart also jeden Monat 26 Euro.
Wer 4.000 Euro brutto im Monat verdient und von einer großen Kasse im Preis-Mittelfeld mit einem Beitragssatz von 16,3 Prozent zu einer großen Kasse im unteren Preis-Segment wechselt, die beispielsweise 15,8 Prozent verlangt, spart 15 Euro im Monat. Auch hier wird die Ersparnis mit dem Arbeitgeber geteilt. Die Ersparnis für den Versicherten beträgt also 7,50 Euro im Monat.
Muss ich mich bei meiner alten Krankenkasse abmelden?
Nein. Alles, was wechselwillige Versicherte machen müssen, ist: Sich eine Kasse suchen, von der sie denken, dass sie zu ihnen passt. Bei der müssen sie sich einfach anmelden. Mehr nicht. Die neue Kasse übernimmt die Ummeldung.
Muss ich den Arbeitgeber informieren?
Grundsätzlich sollte auch der Arbeitgeber automatisch vom Kassenwechsel erfahren. Aber die Verbraucherzentralen empfehlen, den Arbeitgeber von einem Kassenwechsel in Kenntnis zu setzen. Denn der Kassenbeitrag wird vom Bruttolohn abgezogen, den der Arbeitgeber überweist.
Worauf sollte man bei der Krankenkasse neben dem Beitragssatz achten?
Die Verbraucherzentralen empfehlen, die Kasse nicht nur nach dem Preis auszusuchen. Der Großteil der Leistungen ist zwar bei allen gesetzlichen Kassen gleich. Doch es gibt Unterschiede, etwa bei freiwilligen Leistungen für Eltern oder der Kostenübernahme für professionelle Zahnreinigung oder Osteopathie. Auch bei der Frage, wie gut eine Kasse für Beratung erreichbar ist, gibt es Unterschiede. Und Anträge, etwa für Hilfsmittel, die die bisherige Kasse genehmigt hat, müssen bei einer neuen Kasse neu gestellt und neu genehmigt werden. Die Verbraucherzentralen empfehlen deshalb Versicherten, die mit ihrer Krankenkasse immer zufrieden waren, sich einen Wechsel gut zu überlegen.
Können Kassen nur zum Jahreswechsel den Beitrag erhöhen?
Nein. Auch während des Jahres sind Beitragsveränderungen möglich. Sie sind aber selten.
Warum ist oft von einem Zusatzbeitrag die Rede, der ansteigt?
Im Sozialgesetzbuch wird zwischen einem allgemeinen Beitragssatz in der Krankenversicherung und einem Zusatzbeitrag unterschieden, den jede Kasse für sich festlegt. Der Zusatzbeitrag wird auf den allgemeinen Beitragssatz, der momentan bei 14,6 Prozent vom Bruttolohn liegt, aufgeschlagen. Der Zusatzbeitrag macht also den Preisunterschied aus. Für die Versicherten ist es allerdings nicht spürbar, dass der Beitrag, den sie zahlen, sich theoretisch aus zwei Teilen zusammensetzt.
Wer entscheidet über den Beitragssatz einer Krankenkasse?
Der Vorstand der Kassen, also sozusagen das Management, gibt eine Empfehlung an den Verwaltungsrat, in dem Vertreter der Beitragszahler sitzen. Der Verwaltungsrat muss dem Vorschlag des Vorstands zustimmen. Das letzte Wort hat gegebenenfalls die jeweilige Aufsichtsbehörde der verschiedenen Krankenkassen. Die Aufsichtsbehörden kontrollieren, ob die Berechnungen der Kassen zum Finanzbedarf korrekt sind.
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