"Im Grunde ist es wie in jeder anderen Stadt auch", sagt Lothar Ziegler, wenn er über die Rattenpopulation in Bayreuth spricht. Statistisch gesehen gebe es pro Einwohner zwei Ratten. "Wir haben 75.000 Einwohner, also haben wir ungefähr 150.000 Ratten", sagt der Leiter der städtischen Kläranlage, der verantwortlich für die Rattenbekämpfung in der Kanalisation ist. Wenn Ziegler und sein Team nichts gegen die Nagetiere unternehmen würden, droht eine Plage und eine Epidemie, sagt er. Doch so weit wollen sie es in Bayreuth nicht kommen lassen.
In Bayreuth wird die Rattenkugel getestet
Jetzt im Frühjahr strömen die Mitarbeiter vom Stadtbauhof Bayreuth wieder aus und montieren frische Köder. Gerade wird ein neues System getestet, die sogenannte Rattenkugel: eine Plastikschale, in die kein Wasser kommt. Darin liegt der Giftköder. Die Rattenkugel hängt an einer Schnur und wird mehrere Meter tief in die Kanalisation gelassen. Steigt der Abwasserpegel, schwimmt die Kugel. Der Giftköder aus Getreide und dem Lockstoff gelangt also nicht ins Abwasser.
"Vorkoster" probiert den Giftköder
"Im Idealfall nimmt die Ratte den Köder an. Nach zwei bis drei Tagen zieht sie sich zurück, weil sie durch die Blutverdünnung innerlich verblutet und dann friedlich einschläft", erklärt Kanalarbeiter Jörg Schultheiß. Wenn das Gift sofort wirken würde und die Ratte gleich stirbt, würde der Köder von den anderen Ratten nicht angenommen werden. "Die Ratten schicken einen Vorkoster, also jemanden, der das Gift erstmal probiert", ergänzt Ziegler. "Wenn es ihm schmeckt, und die Ratte noch lebt, dann kommt der Rest des Rudels und frisst auch."
Insgesamt rund 2.000 Giftköder legt die Stadt pro Jahr in der Kanalisation aus. Vor 20 Jahren, als die Rattenköder im Bayreuther Untergrund erstmals regelmäßig ausgelegt wurden, waren es pro Jahr noch 7.000 Köder. "Doch inzwischen reagieren wir bedarfsgerecht. Wir kennen unsere Stellen. Und wenn Bürger anrufen, und einen Rattenbefall melden, legen wir dort auch Köder aus", sagt Ziegler. Etwa fünfmal pro Monat komme das vor.
Futter für Enten und Tauben lockt Ratten an
Nicht nur unterhalb der Straßen werden in Bayreuth die krankheitsübertragenden Tiere bekämpft. Am Ufer des Roten Mains liegen die Giftköder in schwarzen Plastikboxen, deren Öffnung klein genug ist, damit Hund und Katze nicht an das Gift kommen können. Die Boxen werden regelmäßig kontrolliert.
Kanalarbeiter Udo Hammon öffnet das an einem Metallpfosten befestigte Plastikgehäuse. In diesem Fall muss der Köder nicht erneuert werden. Ein möglicher Grund dafür: Die Ratten finden hier genug anderes Essen. Denn in der Umgebung werden viele Tauben und Enten gefüttert, trotz Fütterungsverbot. Das Futter für die Vögel lockt auch Ratten an, die sich und ihr Rudel – eine Rattenfamilie kann im Jahr auf bis zu 500 Tiere anwachsen – versorgen müssen.
Keine Essensreste ins Klo und in den Kompost
Neben dem Fütterungsverbot von Wildvögeln können Bürger auch in anderen Situationen dabei helfen, dass Ratten schweren Zugang zum Essen haben, sagt Kanalmeister Klaus Kohlmann: "Essensreste ins Klo zu schütten und runterzuspülen, das zieht die Ratten in den Kanälen an." Außerdem solle man keine Essensreste auf einen Kompost schmeißen und gelbe Säcke immer so lagern, dass Ratten keinen Zugang haben.
- Zum Artikel: So werden Sie Ratten im Kompost wieder los
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