Auf der Streuobstwiese bei Eysölden im Landkreis Roth sind normalerweise nur Insekten und Vögel unterwegs. Doch an diesem Tag ist mehr los als sonst. Eine japanische Naturschutzorganisation besucht gemeinsam mit dem Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) und dem Bürgermeister des Marktes Thalmässing das Gelände, auf dem ein Apfelbaum neben dem anderen steht. Zwischen den grünen Blättern schimmern die ersten Fruchtansätze hervor.
Aufmerksam hören die fünf japanischen Naturschützer aus Japan zu, während Norbert Schäffer erzählt, wie wertvoll die Streuobstwiese mit ihren alten Obstsorten für die Artenvielfalt ist. Schäffer ist der Vorsitzende des LBV und freut sich über das Interesse aus Fernost. "Die japanischen Kollegen und Kolleginnen haben uns angefragt, ob sie nach Bayern kommen können und von uns lernen."
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Ist der Ertrag gering, wird der Baum gefällt
Für die Gäste aus Japan ist der Besuch in Eysölden eine Premiere, denn in Japan gibt es so gut wie keine Streuobstwiesen, wie der Präsident der Umweltorganisation Ecosystem Conservation Society-Japan, Hobun Ikeya erzählt: "Die Wirtschaftlichkeit ist entscheidend für die japanischen Landwirte. Bei uns fällt man sofort, wenn der Ertrag eines Baumes geringer wird."
Das wollen sie in Zukunft ändern, deshalb interessiert sie auch die gesamte Organisation, die hinter so einem Volksbegehren steckt. In einem Gespräch erzählt der LBV vorab, wie das Volksbegehren zustande kam und welche organisatorischen Mittel dafür nötig waren.
"Rettet die Bienen" gilt als das erfolgreichste Volksbegehren in der Geschichte Bayerns: 2019 gaben über 1,7 Millionen Wahlberechtigte in Bayern ihre Stimme für mehr Artenvielfalt ab. Die Folge: verbindliche Maßnahmen für mehr Artenschutz im bayerischen Naturschutzgesetz.
Fazit des LBV nach fünf Jahren Volksbegehren ist durchwachsen
Inzwischen ist das Volksbegehren fünf Jahre her. Für Norbert Schäffer, Vorsitzender des LBV, ist besonders der bayerische Streuobstpakt etwas, "auf das wir richtig stolz sein können." Trotzdem gibt es aus seiner Sicht noch viele Baustellen. Für ihn ist insbesondere bei der Verringerung von Pestiziden, beim Biotopverbund und bei der Öko-Landwirtschaft noch nicht genug passiert. "Da haben wir klar definierte Ziele, und da geht es uns noch zu langsam. Da müssen wir noch nachlegen", so Schäffer im Gespräch mit BR24.
Mehr Aufklärung für Artenvielfalt in Japan
Dass sich nach ihrer Rückkehr in Japan ähnlich viele Menschen wie in Bayern für mehr Artenvielfalt einsetzen, hält Hobun Ikeya eher für unwahrscheinlich: "Sich in Japan politisch für Insekten zu engagieren, ist fast ein Tabu. Da wird man zum Teil auch belächelt. Aber dieses Tabu muss man jetzt brechen."
Gerade beim Thema Aufklärung liegt noch viel Arbeit vor den japanischen Umweltschützern. Ein Ziel für seine Organisation ist, dass in der Gesellschaft ein Verständnis für die Zusammenhänge zwischen der Umwelt und der Artenvielfalt entsteht: "Den Zusammenhang zwischen Natur und Vogelbestand kann man sofort erkennen. Aber bei Insekten muss man noch genauer beobachten", sagt Hobun Ikeya. Genau darin sieht er seine Aufgabe und die seiner Mitstreiterinnen. Der Besuch in Bayern und insbesondere der Besuch auf der Streuobstwiese in Eysölden sei deshalb für die japanischen Naturschützer "sehr lehrreich" gewesen.
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