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Medienethik-Preis "Die Aufklärung durch den Beitrag ist enorm!"

Diese Auszeichnung ist eine Premiere: Zum ersten Mal hat eine Diskussionsrunde des Nachtstudios auf Bayern 2 den Medienethik-Preis bekommen. Thomas Kretschmer wurde von der Hochschule der Medien Stuttgart geehrt. In der Diskussionsrunde ging es um die Privatheit im digitalen Zeitalter.

Stand: 11.06.2015

Thomas Kretschmer steht am Rednerpult  | Bild: BR/Julia Müller

Es gibt Radioformen, die in Kollegenkreisen kein besonders hohes Ansehen genießen: die Collage und die Diskussion. Der Grund: bei beiden zähle das Material mehr als die Eigenleistung, heißt es oft. Aber stimmt das wirklich oder handelt es sich um einen Irrtum aus Unkenntnis? Leben beide Formen nicht vom Rhythmus? Und können beide nicht grandios scheitern, also langweilig sein? Natürlich spielen bei einer Diskussion die Gesprächspartner eine wichtige Rolle, aber wie flüssig, wie gut also eine Diskussion abläuft, das ist und bleibt das Verdienst der Moderatorin oder des Moderators.

Sperriger Sachverhalt, packend dargestellt

So war es kein Beitrag oder ein Feature, das der Jury des Medienethik-Awards der Hochschule der Medien Stuttgart besonders auffiel: sie hat Thomas Kretschmer den „META 2014/15“ in der Kategorie Radio verliehen, explizit für die Leitung der Nachtstudio-Diskussionsrunde „We've got a file on you. Privatheit im digitalen Zeitalter“, die am 3. Februar auf Bayern 2 gesendet wurde. Gemeinsam mit Kretschmer behandelten die Wissenschaftsethikerin Jessica Heesen und die Politikwissenschaftlerin Julia Schramm das schwierige Thema der Privatheit im Internetzeitalter. Ein Themenkomplex, der, wenn wir den Umfragen Glauben schenken, die Menschen kaum interessiert. In dieser Diskussion aber sei es mustergültig gelungen, den Sachverhalt packend zu behandeln, wie die Jury befand:

"Die inhaltliche Reise ist lang. Dass ein Diskurs auf dieser Ebene überhaupt möglich war, verdankt der Beitrag der Ansicht der Jury nach vor allem der exzellenten Vorbereitung durch den Moderator Thomas Kretschmer. Hierzu zählt auch die Auswahl der beiden Gäste. Das Gespräch bewegt sich permanent auf dem schmalen Grat zwischen Streitgespräch und vereinigendem Appell an die Zivilgesellschaft. Thomas Kretschmer versteht es dabei virtuos, die sich in die höheren Sphären der Philosophie windenden Gedankengänge wieder einzufangen und auf den Boden zu bringen. Die Aufklärung durch den Beitrag ist enorm."

(Jury der Hochschule der Medien, Stuttgart)

Die Diskussion räumte mit dem bequemen Glauben auf, Transparenz löse alle Probleme der Politik (schon heute hat Bundeskanzlerin Merkel ihren Terminkalender online gestellt, aber deswegen sinkt die Politik-verdrossenheit nicht, wie Studien belegen). Privatheit muss man sich leisten können, denn Hartz IV Empfänger etwa haben ihr komplettes Leben vor dem Staat offenzulegen.

Debatte auf gleicher Ebene

Kretschmer, Jahrgang 1974, zeigt in dieser Diskussion, was einen guten Moderator ausmacht. Er denkt die Position des Hörers mit (sein Anspruch: eine Diskussion müsse prinzipiell für alle verständlich sein). Aber er pädagogisiert die Gesprächsleitung auch nicht, gibt nicht ständig Hinweise, wie was zu verstehen sei. Eine souveräne Gesprächsleitung eben.

Das Nachtstudio wiederholt die Diskussion am 1.9.2015 um 20.03 Uhr auf Bayern 2.

Thomas „Tom“ Kretschmer arbeitet seit 1999 für den Bayerischen Rundfunk, darunter für den Zündfunk, das Hörspiel und das Nachtstudio. Er war Volontär und ARD-Pool-Reporter bei der Frankfurter Buchmesse und hat als Autor diverse Stundensendungen geschrieben.


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