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Kleine Geschichte des Waldes Der Wald und seine dunkle Vergangenheit

Kaum vorstellbar, dass Bayern einst fast vollständig von Wald bedeckt war. Erst holzte man die Wälder ab, dann sah man sie als Holzproduktionsmaschinen. Heute würde man gerne auf die Monokulturen verzichten.

Stand: 15.03.2021

Aus dem Wald in Bayern wurde über Jahrhunderte eine Fichten-Monokultur. Jetzt soll er wieder zum Mischwald werden. | Bild: picture-alliance/dpa

Bis vor etwa 7.000 Jahren war Bayern, ebenso wie ganz Mitteleuropa, fast vollständig von Wald bedeckt. Die Menschen damals zogen umher und ernährten sich von Wurzeln, Pilzen, Früchten oder von Tieren, die sie auf der Jagd erbeuteten. Erst allmählich zähmten sie Schafe, Schweine und Rinder und gingen zum Ackerbau über. Die Jäger und Sammler verwandelten sich in Bauern, erstmals wurde Wald für Felder und Siedlungen gerodet. Schon in vorrömischer Zeit waren zudem zahllose Bäume der Erzschmelze zum Opfer gefallen. Um Christi Geburt war bereits ein Viertel der Waldfläche verschwunden.

Germanias "schaurige Wälder"

Die Germanen ließen den Wald hochleben, weil er ihnen half, die Römer zu vertreiben. Deren Geschichtsschreiber Tacitus kam in "De Germania" freilich zu einer anderen Ansicht, nämlich, dass "es mit seinen Wäldern einen schaurigen, mit seinen Sümpfen einen widerwärtigen Eindruck" mache. Urwälder aus Bäumen, Kräutern, Sträuchern und Farnen, in denen sich Raubtiere tummelten, dominierten damals die Landschaft. Krachte ein Baum um, schaffte er jungen Pflanzen Platz und Licht. Die Natur war sich selbst überlassen.

Wann ist ein Wald ein Wald, Urwald oder Bannwald?

Wälder liefern Holz für Städte in Bayern und Viehweiden

Der Wald in Bayern musste Platz und Holz für Viehweiden schaffen.

In Mitteleuropa machten sich die Menschen nach und nach daran, den Wald zu beherrschen: Ende des 13. Jahrhunderts drohte das Holz in Deutschland erstmals knapp zu werden. Schon um 1500 war der Wald auf seine heutige Fläche zurückgedrängt. Ab dem Mittelalter wurde großflächig für den Holzbedarf rasch wachsender Städte und Viehweiden gerodet. Auch die Industrialisierung im 19. Jahrhundert verschlang Unmengen an Bäumen - in Oberbayern zum Beispiel fürs Salzsieden in den Reichenhaller und Traunsteiner Salinen.

Im 19. Jahrhundert sollte der Wald schnell Fichten liefern

In der Fichten-Monokultur steht eine Fichte neben der nächsten im Wald.

Die Eingriffe veränderten den Wald grundlegend: Er wurde zum bewirtschafteten Forst. Im 19. Jahrhundert kam erschwerend hinzu, dass man Wälder im großen Stil in "Holzproduktionsmaschinen" verwandelte. Propagiert wurde vor allem die anspruchslose Fichte. Sie wächst rasch und gerade, sorgt damit laufend für Nachschub an hochwertigem Bau- und Tischlerholz.

"Willst du den Wald bestimmt vernichten, so pflanze nichts als reine Fichten."

Warntafel eines Forstmeisters von 1929, aufgestellt in einem Fichtenwald

Fichten, Kiefern und Lärchen statt Laubbäume

Auf Kosten der natürlichen Mischwälder entstanden aus ökonomischem Kalkül heraus hektarweise Monokulturen: Fichten, aber auch Kiefern oder Lärchen, die in Mitteleuropa eigentlich nur auf Bergen wachsen. Masse statt Klasse war die Devise. Die Laubbäume dezimierten sich dabei zusätzlich, weil sie im Wachstum weniger konkurrenzfähig als Nadelhölzer sind.

Bäume für die Kriegswirtschaft und als Reparationsleistung

In der Zeit des Nationalsozialismus berief man sich wieder auf die altgermanische Waldverehrung, gleichzeitig wurden ganze Wälder für die Kriegswirtschaft vernichtet. Nach 1945 ging es nahtlos weiter mit der Rodung: Holz musste in rauen Mengen als Reparationsleistung für die Siegermächte geliefert werden.

Der Wald als Kraftwerk, Klimaanlage, Hochwasserschutz und Trinkwasserfilter

Deutschland forstet den Wald wieder auf - mit Fichten

Die Eichenpflanzerin auf der damaligen 50-Pfennig-Münze symbolisiert die Waldarbeiterinnen, die den Wald mit Fichten aufforsteten.

Das marode Deutschland brauchte jedoch selbst dringend Holz. Eifrig wurde wiederaufgeforstet - wieder mit Fichten. Dazu setzte man auch viele Waldarbeiterinnen ein. Die junge Bundesrepublik verewigte sie für einige Jahrzehnte auf der Rückseite der damaligen 50-Pfennig-Münze symbolisch durch eine Pflanzerin. Die darauf abgebildete Dame setzt aber keine Fichte, sondern eine Eiche. Damit war sie ihrer Zeit voraus: In den letzten Jahrzehnten wird verstärkt auf Laubbäume geachtet, damit aus den Monokulturen nach und nach wieder Mischwälder werden.

Erkennen Sie die Laubbäume im Wald?


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