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Earth Overshoot Day 2023 Ab dem 2. August schulden wir Menschen der Erde was!

Als "Earth Overshoot Day" wird der Tag bezeichnet, an dem die Menschheit aufgebraucht hat, was die Natur bis Ende des Jahres zur Verfügung stellt. Wie wird dieser Tag berechnet? Und wie können wir unsere Ökobilanz verbessern?

Stand: 01.08.2023

Der Earth Overshoot Day soll daran erinnern, dass die Überbeanspruchung der natürlichen Ressourcen der Erde durch den Menschen Folgen hat: ein massiver Rückgang der biologischen Vielfalt, ein Überschuss an Treibhausgasen in der Atmosphäre und ein verschärfter Wettbewerb um Nahrungsmittel und Energie. Der Erdüberlastungstag fällt dieses Jahr auf den 2. August, kalkuliert das Global Footprint Network. Ab diesem Zeitpunkt hat die Weltbevölkerung mehr natürliche Ressourcen verbraucht, als bis Ende des Jahres wieder nachwachsen können.

Neben dem internationalen Stichtag gibt es für viele Länder nationale Country Overshoot Days. Deutschland rutscht auf seinem imaginären Umweltkonto bereits am 4. Mai 2023 in die roten Zahlen.

Pandemie offenbart: Verbrauch von Ressourcen nicht nachhaltig

Erdkugel im Wasser; nicht nur beim Duschen verbrauchen wir Wasser, auch beim Konsum lohnt der Blick aufs virtuelle Wasserkonto. | Bild: picture alliance | Christian Ohde zum Modulartikel Wasser-Fussabdruck So spart ihr virtuelles Wasser

Täglich verbrauchen wir viel Wasser, ohne es zu merken. Nicht beim Waschen und Baden, sondern als virtuelles Wasser in Waren, die wir konsumieren. Dadurch wächst unser Wasser-Fußabdruck. Darauf solltet ihr achten. [mehr]

Für das Jahr 2020 war die Corona-Pandemie zumindest weltweit ein entscheidender Faktor in Sachen Welterschöpfung. Es wurde weniger Holz verbraucht und es wurden weniger CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen produziert. Und so fiel die Bilanz besser aus als im Vorjahr. Der globale Earth Overshoot Day verschob sich um einen Monat nach hinten. Vor allem im Lockdown seien deutlich weniger Ressourcen verbraucht worden, sagte Rolf Buschmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in einem Interview mit der Tageschau. Doch Corona sorgte nur für eine kurze Verschnaufspause. 2021 stieg der Ressourcenverbrauch erneut an, und erreichte wieder das Niveau von 2019.

Earth Overshoot Day: ein Rechenspiel mit ernstem Hintergrund

Der "Earth Overshoot Day" oder "Ecological Debt Day", manchmal auch als "Welterschöpfungstag" oder "Erdüberlastungstag" bezeichnet, ist ein rein symbolischer Tag. Wenn ihr tags darauf in den Wald geht, stehen da natürlich immer noch Bäume. Und wenn ihr den Wasserhahn öffnet, fließt immer noch Wasser. Aber jeder Tropfen kostet die Erde ab dem Earth Overshoot Day mehr, als sie sich leisten kann.

Der Earth Overshoot Day ist statistisches Rechenspiel mit bitterbösem Ergebnis, mit dem The Global Footprint Network zeigen will, wie groß unser Raubbau an der Natur ist. Dazu wird die Biokapazität unseres Planeten - die Fähigkeit der Natur, Rohstoffe jeder Art zu produzieren oder wieder herzustellen - mit dem ökologischen Fußabdruck der Menschheit verrechnet: Seit den frühen 1970er-Jahren ist unser jährlicher Verbrauch an natürlichen Ressourcen größer als die Regenerationsfähigkeit der Natur.

Ökologischer Fußabdruck: Wir laugen die Natur aus

Der Aralsee: dem Durst der Menschen geopfert

Ein Beispiel: Dem Aralsee, ein einst riesiger See in Zentralasien, wurde für Bewässerungssysteme in der Landwirtschaft so viel Wasser abgezapft, dass er inzwischen weitgehend ausgetrocknet ist. Ganze Landstriche versalzen und veröden so für immer. Eine "Bad Bank" in der Natur. Dabei bezieht sich der ökologische Fußabdruck nicht allein auf unseren Verbrauch von Wasser, Holz oder anderen Rohstoffen. Mit eingerechnet werden beispielsweise auch Müll und Abgase. Etwa, wie viel Waldfläche es weltweit benötigt, um das von uns in einem Jahr produzierte CO2 abzubauen. Dabei macht CO2 beim ökologischen Fußabdruck den größten Schuldenposten aus.

Gerechnet wird in einer eigenen Einheit: dem globalen Hektar gha. Er gibt die Fläche an, die nötig wäre, um den jeweiligen Verbrauch zu "finanzieren". Derzeit bräuchte die Menschheit 74 Prozent mehr als die Ökosysteme des Planeten regenerieren können. Um unseren jährlichen Ressourcenbedarf zu decken, bräuchten wir umgerechnet also mehr als 1,74 Erden. Eingerechnet in dieses Flächenmaß ist die unterschiedliche Fruchtbarkeit der Böden. Denn ein Hektar Wüstensand entspricht nicht einem Hektar Amazonasdschungel.

Earth Overshoot Day: immer früher, immer teurer

1987 haben wir unser Ökokonto nur leicht überzogen: Damals war der Earth Overshoot Day "erst" am 19. Dezember. Seither rutscht er im Kalender immer weiter nach vorne.

JahrEarth Overshoot Day
200001. November
200520. Oktober
201021. August
201127. August
201222. August
201320. August
201419. August
201513. August
201608. August
201702. August
201801. August
201929. Juli
202022. August (Corona-Krise!)
202129. Juli
202228. Juli
202302. August

Dass wir von 2010 auf 2011 scheinbar ein wenig sparen gelernt haben, ist leider auch nur Statistik:

"Der Grund dafür ist leider nicht, dass wir weniger verbrauchen. Höchstens ein bisschen, wegen der Wirtschaftskrise. Nein, der eigentliche Grund ist, dass wir unsere Berechnungsmethode verändert haben."

Nicole Freeling, Pressesprecherin von Global Footprint Network

Earth Overshoot Day: Wann uns eine Erde nicht mehr reicht

Je früher der Tag erreicht ist, an dem die Erde von uns erschöpft ist, umso größer natürlich die Schuldenlast, die wir anhäufen: Im Jahr 2008 verbrauchte die Menschheit schon vierzig Prozent mehr, als die Natur sich leisten konnte. Unsere heutige Bilanz bräuchte mehr als anderthalb Erden, um ausgeglichen zu bleiben. Wenn wir so weitermachen, müssen wir schleunigst andere bewohnbare Planeten finden.

"Weitermachen wie bisher würde heißen, dass wir im Jahre 2030 schon zwei Erden bräuchten und vielleicht 2050 dann drei Erden."

Jürgen Knirsch, Experte für nachhaltigen Konsum bei Greenpeace

Industrienationen verbrauchen deutlich mehr Ressourcen

In Industrienationen ist der ökologische Fußabdruck deutlich höher als in ärmeren Ländern. Bei den G20, der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, liegt Deutschland im oberen Mittelfeld. Nur Kanada, die Vereinigten Arabischen Emirate, die USA, Australien, Korea und Russland sind auf ihrem imaginären Umweltkonto schon früher im Jahr im Minus.

Was tun gegen die schlechte Ökobilanz?

Die fünf "F"s

Das könnt ihr tun, um euren eigenen ökologischen Fußabdruck ein wenig zu verkleinern:

  • Fleisch weglassen
  • Fassade dämmen
  • Fliegen vermeiden
  • Fahren mit dem Auto reduzieren
  • Forderungen stellen

Fleisch

Der größte Brocken in der schlechten Umweltbilanz des Menschen ist der Tierhaltung geschuldet. Denn die Tierhaltung und der Transport des Fleischs tragen zum Klimawandel bei. Je weniger Fleisch und andere tierische Produkte ihr verzehrt, umso besser für die Natur.

Fassade

Kaum eine Aktivität des Menschen ist so klimaschädlich wie Gebäude zu errichten und zu nutzen. Ein bescheidenerer Wohnstil rechnet sich deshalb bei der Ökobilanz. Und das ist nicht nur Sache großer Bauunternehmer. Jeder und jede einzelne kann auf gute Isolierung und sinnvolles Lüften achten und die individuellen Heiz- und Energiekosten im Auge behalten.

Fliegen

Mit jeder Fernreise per Flugzeug hinterlasst ihr einen gewaltigen Fußabdruck. Der ist zwar nicht unbedingt größer, als wenn ihr alleine mit dem Auto verreist. Aber ein Urlaub mit der Bahn oder in näher gelegene Ferienorte könnte eine Alternative sein.

Fahren

Bildet Fahrgemeinschaften, nutzt öffentliche Verkehrsmittel oder Elekto-Mobilität mit Energie aus regenerativen Quellen. Oder radelt mehr. Denn bei jedem Kilometer, den ihr mit dem Verbrenner-Auto fahrt, werden etwa 160 Gramm CO2 in die Luft gepustet.

Forderungen

Dieses "F" hat die Umweltorganisation Greenpeace der Liste hinzugefügt: Stellt Forderungen an den Staat! Denn der ist nicht nur Vorbild auch in Sachen Ökologie, er hat auch die Pflicht und Möglichkeit, den Rahmen zur Verfügung zu stellen, in dem nachhaltiger Konsum für euch möglich wird.


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