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Siebenschläfer und Siebenschläfertag Ein kleines Nagetier und großes Wetter

Am 27. Juni ist Siebenschläfertag. Dann steht das Wetter der nächsten sieben Wochen auf dem Spiel! Stimmt das? Und was hat der Siebenschläfer, das kleine Nagetier, damit zu tun?

Stand: 26.06.2023

Der Siebenschläfer ist eine der größten Schlafmützen im Tierreich und hält sieben Monate lang Winterschlaf. Erst im Mai schlägt das niedliche kleine Nagetier seine großen Knopfaugen auf. Zu Gesicht kriegt man ihn allerdings kaum, denn der Siebenschläfer ist nachtaktiv, scheu und leider selten bei uns. Dennoch kennt jeder seinen Namen, wegen einer alten Bauernregel.

27. Juni - der Siebenschläfertag

Bauernregel mit Biss

"Regnet es am Siebenschläfertag, es sieben Wochen regnen mag." So lautet eine alte Bauernregel, die erstaunlich oft recht hat: Mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 70 Prozent hält sich das Siebenschläfer-Wetter wirklich wochenlang - wenn man es nicht ganz so genau nimmt.

Neigung von Dauer

Seit der Einführung des gregorianischen Kalenders im Jahr 1582, bei dem sich alles um zehn Tage verschob, müsste der Siebenschläfertag rein rechnerisch auf dem 7. Juli liegen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) nimmt für die Siebenschläferregel den Zeitraum 27. Juni bis 1. Juli als Referenz. Tatsächlich stellt sich in dieser Zeit häufig eine sogenannte Großwetterlage ein, die laut DWD eine "beträchtliche Erhaltungsneigung" hat und das Wetter der folgenden Wochen bestimmt. Verantwortlich dafür ist der Verlauf eines ganz bestimmten Windes:

Stabile Ströme

Hoch in der Troposphäre, der Wetterschicht der Erdatmosphäre, treten Starkwindbänder auf, sogenannte Jetstreams. Das sind die stärksten Winde, die es gibt, und sie sind relativ stabil. Je südlicher der Jetstream über dem Ostatlantik und Europa verläuft, umso stärker ist die Druckdifferenz zwischen Azorenhoch und Islandtief: Feuchte und kühle Luft vom Atlantik weht uns an und bringt regenreiche Wochen. Verläuft der Jetstream dagegen weit im Norden, breitet das Azorenhoch ungestört seine warmen Lüfte zu uns aus: Das bringt sommerliches Siebenschläferwetter.

Statistische Auswertungen zeigen allerdings: Die Siebenschläferregel bewahrheitet sich je nach Großwetterlage mit unterscheidlicher Wahrscheinlichkeit: Liegt der Jetstream im Norden, trifft sie zu 55 bis 60 Prozent. Bläst der Jetstream im Süden, liegt die Wahrscheinlichkeit bei 62 bis 70 Prozent.

Regenfall als Regelfall

Eine regenreiche Großwetterlage nach Siebenschläfer ist eine sogenannte Singularität: So bezeichnen Meteorologen eine vom normalen Wetterverlauf abweichende Wetterlage, die aber zu bestimmten Jahreszeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit auftritt, wie auch grüne Weihnachten oder die Schafskälte.

Ist der Siebenschläfer ein Wetter-Orakel?

Was kann ein kleines Nagetier für die Großwetterlage? Ihr ahnt es: gar nichts. Der Siebenschläfertag ist nicht nach dem Tier benannt, sondern geht auf eine christliche Legende zurück: Sieben Brüder wurden unter dem römischen Kaiser Decius als Christen verfolgt. Sie suchten Zuflucht in einer Höhle. Der Kaiser ließ die Höhle mit Steinen zumauern. Die sieben Jünglinge riefen Gott an, der sie fast 200 Jahre schlafen ließ. Sie erwachten am 27. Juni 446 - und waren von der Verfolgung erlöst.

Das hat der Siebenschläfer mit dem Siebenschläfertag zu tun

Siebenschläfer - Schlafmütze mit großem Hunger

Mit den Sieben Schläfern vom 27. Juni hat das Tier nur das Schlafbedürfnis gemein. Von Oktober bis Mai hält der Nager Winterschlaf und taucht erst wieder auf, wenn alles blüht. Und dann interessiert den sogenannten Bilch nur noch eines: Fressen. Das Tier muss sich den lebenswichtigen Speck für den nächsten siebenmonatigen Winterschlaf anfressen.

Siebenschläfer-Steckbrief

Abstammung

Die Nagetiere zählen zu der Familie der Bilche, die auch Schläfer oder Schlafmäuse genannt werden. Zu ihnen zählen auch die in Deutschland lebenden Gartenschläfer, Haselmäuse und Baumschläfer. Der wissenschaftliche Name des Siebenschläfers ist Glis glis.

Aussehen

Siebenschläfer erinnern an Eichhörnchen oder Grauhörnchen, sind aber wesentlich kleiner. Besonders auffallend sind ihre großen schwarzen Augen, die rundlichen Ohren und ein langer Schwanz. Sie werden zwischen 13 und 18 Zentimeter lang - ohne Schwanz! Der erreicht oft bis zu 15 Zentimeter.

Lebensraum

Zu finden ist der Siebenschläfer hauptsächlich in Mischwäldern und Obstgärten Mittel- und Südeuropas, bis in den Iran. Die Tage verschläft er in Erdlöchern, Baumlöchern, Vogelhäuschen, alten Scheunen, Gartenhäuschen oder Dachgeschossen. Hat er einen guten Schlafplatz gefunden, entfernt er sich nie weit davon, wechselt dieses Versteck aber häufig.

Ernährung

Nachts wird er aktiv, dann geht er auf Nahrungssuche und klettert bevorzugt auf Laubbäumen herum und frisst: Früchte, Samen, Knospen und Rinde. Im frühen Herbst beginnt der Siebenschläfer sich seinen Winterspeck anzufressen. Dann bevorzugt er ölhaltige Früchte wie Bucheckern, Eicheln, Haselnüsse und Kastanien.

Fortpflanzung

Etwa im Juli beginnt die Paarungszeit der Siebenschläfer. Die Männchen markieren ihr Revier und locken die Weibchen durch Quieken an. Ist das Weibchen trächtig, beginnt es mit dem Nestbau. Nach vier bis sechs Wochen kommen zwei bis sechs Jungtiere zur Welt. Bei der Geburt wiegt ein Siebenschläfer nicht mehr als zwei Gramm, ist nackt, blind und taub.

Der Mensch gefährdet den Siebenschläfer

Der Siebenschläfer hat etliche natürliche Feinde wie Greifvögel, Marder oder Katzen. Auch lange Winter bedrohen ihn: Reicht die Speckschicht nicht über die lange Zeit, stirbt der kleine Bilch. Doch die größte Gefahr geht vom Menschen aus: Durch das Abholzen alter Laub- und Obstbäume gibt es immer weniger natürliche Schlaf- und Lebensräume für Siebenschläfer.

Siebenschläfer schlüpfen in Häuser

Siebenschläfer flüchten dann in Gartenlauben oder auf Dachböden und quartieren sich dort ein. Leise Untermieter sind die scheuen, nachtaktiven Tiere nicht. Sie machen ordentlich Rabbatz: Sie quieken, pfeifen und murren. Siebenschläfer können auch Schäden am Haus oder Fressspuren in der Küche verursachen. Habt ihr Probleme mit den geschützten Tieren, könnt ihr euch an einen örtlichen Schutzverein wenden.

Siebenschläfer in Bildern

Sendungen über Siebenschläfer und Siebenschläfertag

"Siebenschläfer - Im Wald der Kobolde": Welt der Tiere, BR Fernsehen, 03.04.2021, 09.30 Uhr
"Siebenschläfertag - was steckt dahinter?": Mittags in Niederbayern/Oberpfalz, Bayern 1, 27.06.2019, 12.05 Uhr
"Im Wald der Kobolde - Siebenschläfer im Spessart": natur exclusiv, BR Fernsehen, 09.06.2019, 10.45 Uhr
"Siebenschläfer": nano, ARD alpha, 07.07.2016, 16.30 Uhr


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