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Asteroidenmission Osiris-Rex Rückkehr vom Asteroiden Bennu

Der Asteroid Bennu gilt als potenziell gefährlich, denn er könnte in anderthalb Jahrhunderten auf der Erde einschlagen. Die Raumsonde Osiris-Rex hat ihn besucht und ist mit Bodenproben des Asteroiden auf dem Rückflug zur Erde.

Stand: 29.06.2022

Ende 2018 erreichte die NASA-Sonde Osiris-Rex den Asteroiden Bennu und nahm im Oktober 2020 erfolgreich Bodenproben. Seit dem 10. Mai 2021 ist sie auf dem Rückweg zur Erde. Die Mission barg zahlreiche Überraschungen.

Nach der Ankunft bei Bennu umkreiste die NASA-Sonde den Asteroiden und kam ihm dabei immer wieder sehr nahe. Zunächst war es ein Schock, dass die Oberfläche des Asteroiden eine von riesigen Gesteinsbrocken übersäte Geröllhalde ist, die sich nicht gerade zur Probenentnahme für eine kleine Sonde anbietet. Deshalb nahm Osiris-Rex ein Jahr lang Bennu genau unter die Lupe, kartierte den Asteroiden und untersuchte ihn, um die beste Stelle zur Probenentnahme zu finden.

Kleiner Asteroid, große Herausforderung

Asteroid Bennu aus der Nähe

Osiris-Rex wollte auf Bennu nicht landen. Das wäre bei Bennu auch besonders schwierig, weil der Asteroid mit einem Durchmesser von 500 Metern extrem klein ist. Je kleiner ein kosmischer Körper ist, desto geringer ist meist auch seine Anziehungskraft. Das macht es bei kleinen Objekten schwer, in eine niedrige Umlaufbahn um sie einzuschwenken.

Dreidimensionale Karte von Bennu

Schon die Annäherungen auf wenige Kilometer Abstand, die Osiris-Rex in ihrem Orbit immer wieder unternahm, waren eine große Herausforderung. Doch um Proben zu entnehmen, musste die Sonde noch näher an Bennu heran. Ihre Umlaufbahn wurde im Laufe des Jahres 2020 schrittweise bis auf 700 Meter gesenkt. Am 20. Oktober näherte sich Osiris-Rex der Oberfläche dann bis auf wenige Meter und nahm Bodenproben.

Nachtigall: Heimeliger Platz für kurzes Rendezvous

Nachtigall: Hier soll Osiris-Rex Bodenproben entnehmen

Im Dezember 2019 entschied die NASA, wo Bennu "angekratzt" werden soll: In der Nähe des Asteroiden-Nordpols wurde ein kleiner Krater in einem größeren Krater entdeckt, der sich zur Probenentnahme eignen könnte: Offenbar findet sich dort genügend kleinkörniges Material, das Osiris-Rex aufsaugen kann. Allerdings war die Stelle sehr viel kleiner, als ursprünglich im Missionsplan vorgesehen war. Präzisionsarbeit war gefragt.

Osiris-Rex: Staubsauger mit vielen Zusatzfunktionen

Die Sonde Osiris-Rex wird mit ihrem Saugarm Bodenproben von Asteroid Bennu entnehmen.

Um die Probe zu entnehmen, nutzte Osiris-Rex einen mehr als drei Meter langen Roboter-Arm, der wie ein Staubsaugerrohr in wenigen Sekunden viele Partikel aufsammeln konnte. 2021 hat Osiris-Rex den Asteroiden Bennu wieder verlassen und sich auf den Weg zurück zur Erde gemacht.

So nimmt Osiris-Rex eine Bodenprobe

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TAGSAM Taking a Sample | Bild: NASA Video (via YouTube)

TAGSAM Taking a Sample

Fliegender Staubsaugerbeutel im All

2023 wird die Raumsonde die aufgesaugten Proben in einem extra-sicheren "Staubsaugerbeutel" abwerfen, nämlich in einer stabilen Kapsel samt Hitzeschild und Fallschirmen. Der Behälter wird mit einer Geschwindigkeit von mehr als 43.000 Kilometern pro Stunde in die Erdatmosphäre eintreten, dabei abgebremst und, wenn alles gut geht, auf einem Testgelände in Utah landen. Osiris-Rex selbst soll an der Erde vorbeifliegen und weitere Objekte ins Visier nehmen.

Staub wird für die Zukunft aufgehoben

Asteroid Bennu, fotografiert von der Raumsonde Osiris-Rex aus rund 80 Kilometern Distanz.

Rund drei Viertel der Proben sollen dann für künftige Forschungsprojekte, Fragestellungen und sogar Forschergenerationen im Johnson Space Flight Center in Houston aufbewahrt werden. Insgesamt wird die Mission rund eine Millarde Dollar (fast 900 Millionen Euro) kosten.

Bisherige Erkenntnisse über Bennu

Osiris-Rex liefert nicht nur die Bodenproben, auch in der Zeit bei Bennu untersuchte die Sonde den Asteroiden mit etlichen Geräten. Bereits kurz nach der Ankunft bei Bennu im Dezember 2018 näherte sie sich auf weniger als zwei Kilometer Abstand und entdeckte erste Spuren von Wasser auf Bennu. Im Januar 2019 folgte dann eine weitere Überraschung für die Forscher: Sie konnten Bennu dabei beobachten, wie der Asteroid Partikel ins All spie und ihn dabei sogar fotografieren.

Erkenntnisse über Bennu

Asteroid von großen Steinbrocken bedeckt

Asteroid Bennu: Von Geröll bedeckt

Eine weitere Erkenntnis brachten Nahaufnahmen, die Osiris-Rex Anfang März von der Oberfläche des Asteroiden machte: Bennu ist eine einzige Geröllhalde, dicht bedeckt von Gesteinsbrocken, die oft mehr als einen Meter Durchmesser haben. Erwartet hatten die Astronomen eine eher glatte Oberfläche.

Spuren von Wasser auf Bennu entdeckt

Schon kurz nach ihrer Ankunft entdeckte Osiris-Rex Wasserspuren auf dem Asteroiden: Bereits im Dezember registrierten zwei Instrumente der Sonde, die beiden Spektrometer Ovirs und Otes, Moleküle auf Bennu, in denen Wasserstoffatome an Sauerstoffatome gebunden sind. Das NASA-Team vermutet, dass diese sogenannten Hydroxyl-Gruppen auf dem ganzen Asteroiden zu finden sind. Daraus folgern die Wissenschaftler, dass das Material, aus dem Bennu besteht, einmal mit Wasser in Kontakt gekommen sein muss. Bennu ist allerdings so klein, dass auf ihm nie flüssiges Wasser existieren konnte. Daraus ziehen die NASA-Forscher den Schluss, dass Bennu einst Teil eines größeren Asteroiden war, auf dem es Wasser gab.

Osiris-Rex-Instrumente

  • OCAMS: Kamerasystem mit drei Kameras
  • OLA: Laser-Höhenmesser
  • OTES: Spektrometer für Wärmestrahlung
  • OVIRS: Spektrometer für Infrarot und sichtbares Licht
  • REXIS: Röntgenspektrometer
  • TAGSAM: Saugmechanismus zur Entnahme der Bodenproben

Die würfelförmige Sonde Osiris-Rex ist rund sechs Meter lang, zweieinhalb Meter breit, drei Meter hoch und samt ihrer zwei Solar-Paneele rund 2.100 Kilogramm schwer. Sie verfügt über fünf Instrumente und verschiedene Kameras, mit denen sie Bennu schon im Anflug unter die Lupe nahm. 2016 startete Osiris-Rex auf die weite Reise zu Bennu.

Der Name Osiris-Rex, der an eine ägyptische Gottheit erinnert, steht für "Origins, Spectral Interpretation, Resource Identification, Security-Regolith Explorer asteroid sample return mission". Die Mission soll mit einer Bodenprobe des Asteroiden zur Erde zurückkehren.

Uralter Kohlenstoff-Klops

Wieso "Bennu"?

In einem Namenswettbewerb sollte eine wohlklingende Bezeichung für den 1999 entdeckten Asteroiden "1999 RQ36" gefunden werden. Mehr als 8.000 Schüler machten mit. Am 1. Mai 2013 wurde der Gewinner bekanntgegeben: der neunjährige Michael Puzio aus North Carolina. Er hatte "Bennu" vorgeschlagen, weil ihn das Aussehen der Sonde Osiris-Rex an die Darstellungen von Bennu, einem göttlichen Vogel aus der ägyptischen Mythologie, erinnerte.

Weil Bennus Oberfläche schwarz ist, gehen Wissenschaftler davon aus, dass er teilweise aus Kohlenstoff besteht. Wahrscheinlich ist er vor etwa 4,5 Milliarden Jahren, in den Anfängen des Sonnensystems, entstanden. Deshalb könnte er auch noch Hinweise auf den Ursprung der Erde bergen.

Bodenproben von Asteroiden

Für die NASA ist die Osiris-Rex-Mission der erste Versuch, eine Probe von einem Asteroiden zur Erde zu bringen.
Bereits 2005 war die japanische Raumsonde Hayabusa auf dem Asteroiden Itokawa gelandet und hatte 2010 die ersten Bodenproben zur Erde gebracht.Ihre Nachfolgerin Hayabusa 2 besuchte den Asteroiden Ryugu, sammelte Bodenproben und schickte diese zur Erde.
2014 ließ die Europäische Raumfahrtagentur ESA im Zuge der Mission Rosetta das Minilabor Philae auf dem Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko landen. Der Kontakt brach jedoch kurz nach der Landung ab.

Wie gefährlich ist Asteroid Bennu?

Bennu wiegt rund 79 Millionen Tonnen, hat einen Durchmesser von etwa 500 Metern und ist pechschwarz. Der Asteroid wurde 1999 entdeckt und kreist mit einer Geschwindigkeit von rund 100.000 Kilometern pro Stunde um die Sonne. Dabei kommt er alle sechs Jahre der Erde nah. Am 25. September 2135 sogar besonders nah, näher als der Mond.

Die dann auf ihn wirkenden Kräfte könnten seine Flugbahn so verändern, dass er bei einer späteren Umrundung mit der Erde zusammenstoßen könnte. Eine Kollision halten Forscher für unwahrscheinlich. Aber was künftig mit Bennu genau passiert, hängt wesentlich von seinen Eigenschaften ab, die bislang nahezu unbekannt sind. NASA-Wissenschaftler bezeichneten Bennu daher als einen der gefährlichsten bekannten Asteroiden.

Vorbereitet auf einen möglichen Aufprall

Die Wahrscheinlichkeit für eine Kollision beträgt nach derzeitigen Berechnungen zwar nur 1 zu 2.700 für die Jahre zwischen 2175 und 2199. Ein Aufprall würde allerdings 80.000 mal mehr Energie freisetzen als die Hiroshima-Atombombe, heißt es vom US-Forschungszentrum Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL) in Kalifornien. Die NASA will auf einen drohenden Einschlag vorbereitet sein.

Bennu aus der Bahn werfen

Die Idee, den Asteroiden von seinem Kurs abzubringen, erinnert an den Film "Armageddon - Das jüngste Gericht" aus dem Jahr 1998.

Für den Ernstfall trifft die NASA Vorbereitungen: Schon seit vielen Jahren zerbrechen sich Forscher den Kopf darüber, wie man Asteroiden abwehren könnte. Zusammen mit dem Forschungszentrum LLNL wird derzeit ein Abwehrsystem entwickelt, das bislang allerdings nur auf dem Papier existiert. Ähnlichkeiten mit dem Action-Film "Armageddon" sind unübersehbar: Ein neun Meter langer und fast neun Tonnen schwerer Flugkörper namens "Hammer" (Hypervelocity Asteroid Mitigation Mission for Emergency Response vehicle) soll entweder als Rammbock oder als Transporter für einen Atomsprengkörper dazu dienen, Bennu von einem möglichen Kollisionskurs mit der Erde abzubringen.

Jahre für Planung und Bau

Einen solchen Flugkörper im Detail zu planen, zu bauen und startklar zu machen, würde den Vorhersagen der LLNL-Forscher zufolge, die sie im Februar 2018 im Fachjournal "Acta Astronautica" veröffentlichten, mehr als sieben Jahre dauern - mindestens. Zudem müsste Bennu umso stärker angeschubst werden, je näher er der Erde kommt. 25 Jahre vor dem berechneten Einschlag würden etwa elf Hammer-Rammböcke benötigt, zehn Jahre davor wären es bis zu 53. Eine mögliche Abwehr mit Atomsprengkörpern berechneten die Wissenschaftler zunächst aber noch nicht bis ins Detail.

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