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Wirtschafts-Nobelpreis 2017 Nobelpreis für Wirtschaft geht an Richard H. Thaler

Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften geht erneut in die USA. Richard H. Thaler lehrt an der renommierten Universität von Chicago. Mit ihm ist zum zweiten Mal, nach Daniel Kahnemann im Jahr 2002, ein Verhaltensökonom geehrt worden.

Von: Christine Bergmann

Stand: 09.10.2017 | Archiv

Der Nobelpreis für Wirtschaft geht in diesem Jahr an den US-Forscher Richard H. Thaler. Das teilte die Königlich-Schwedische Wissenschaftsakademie in Stockholm mit. | Bild: dpa-Bildfunk/Carsten Rehder

Er hat die Ökonomie menschlicher gemacht. Das ist ein Grund, warum ihn das Komitee ausgewählt hat. Richard Thaler ist einer der Begründer der sogenannten Verhaltensökonomie – die eben nicht nach starren Modellen und Regeln berechnen, wie sich Menschen verhalten, sondern sich das in Versuchen und psychologischen Spielen genau ansehen.

Kurzfristiges Handeln versus langfristiges Planen

Thaler hat mit seinen Modellen und Theorien das wirkliche menschliche Verhalten in die Ökonomie gebracht. Zum Beispiel warum sich Menschen nicht an ihre Neujahrsvorsätze halten, hat er darauf übertragen, warum viele nicht fürs Alter vorsorgen, obwohl sie es besser wissen. Dass eben das langfristige Planen etwas Anderes ist als das kurzfristige Handeln.

Er hat aber auch damit aufgeräumt, dass jeder Mensch rational und nach seinen eigenen Interessen agiert. In vielen Versuchen wurde bewiesen, dass Menschen durchaus auch das Wohl anderer in ihre Entscheidungen miteinbeziehen und vor allem sich fair behandelt fühlen wollen. Seine Arbeit hat geholfen bessere Entscheidungen zu treffen, so heißt es in der Begründung – und das ist ganz im Sinne des Nobelpreises.

"Richard Thaler ist ein Pionier, wenn es darum geht, Erkenntnisse aus der Psychologie in die ökonomische Analyse einzubauen. Für vier Jahrzehnte hat er sowohl Theorien und Modelle wie auch Experimente, Tests und Umfragen verwendet, um zu analysieren, wie spezifische Aspekte der Psychologie systematisch wirtschaftliche Entscheidungen beeinflussen."

Per Stromberg, Vorsitzender des Nobelpreiskomitees

Forscher der Wirtschaftspsychologie

Richard Thaler wurde am 12. September 1945 in East Orange, New Jersey, geboren. Der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler ist Professor an der Booth School of Business der University of Chicago. Auf die Frage, was er mit seinem Preisgeld anfangen werde, antwortete er, er werde "versuchen, es so unvernünftig wie möglich auszugeben".

"Ich denke die wichtigste Anerkennung ist, dass wirtschaftlich Handelnde menschlich sind und Wirtschaftsmodelle müssen das berücksichtigen."

Richard Thaler, Preisträger des Wirtschafts-Nobelpreises 2017

Der umstrittenste Nobelpreis

Der Preis für Wirtschaftswissenschaften nimmt unter den Nobelpreisen eine Sonderstellung ein: Er wurde erst 1969 zum ersten Mal verliehen. 2009 erhielt erstmals eine Frau diesen Preis. Und bei den männlichen Preisträgern überwiegen deutlich Ökonomen, die an US-Universitäten oder in den Vereinigten Staaten gearbeitet haben. Insgesamt gilt der Ehrenpreis als umstritten. Denn er geht nicht auf Alfred Nobels Testament zurück, sondern wurde erst nachträglich von der Schwedischen Reichsbank gestiftet - "in Gedenken an Alfred Nobel". Der Anlass war der 300. Geburtstag der Bank.

Dem Chemiker und Industriellen Alfred Nobel selbst sollen die Wirtschaftswissenschaften jedoch nie ganz geheuer und deshalb niemals preiswürdig gewesen sein. Jedoch werden die Preisträger wie bei den Nobelpreisen für Physik und Chemie von der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften nominiert und auch im Rahmen der gesamten Preisverleihung überreicht. Doch ihre Namen tauchen im Verzeichnis der Nobelpreisträger nur in einem Anhang auf und werden statt auf die Flächen der Nobel-Medaille auf deren Rand eingraviert.

Wirtschafts-Preisträger der vergangenen Jahre

  • 2016: Oliver Hart (Großbritannien) und Bengt Holmström (Finnland) für ihre Forschungsarbeiten zur Vertragstheorie im Wirtschaftsleben
  • 2015: Angus Deaton (Schottland) für seine bahnbrechenden Arbeiten über Konsum, Armut, Ungleichheit und Gesundheit
  • 2014: Jean Tirole (Frankreich) für seine Arbeiten zu den Themen Marktmacht und Regulierung, vom "Zähmen mächtiger Firmen"
  • 2013: Eugene F. Fama, Lars Peter Hansen und Robert J. Shiller (alle USA) für ihre empirischen Analysen von Aktienkursen
  • 2012: Die Spieltheoretiker Alvin E. Roth (USA) und Lloyd S. Shapley (USA) für ihre grundlegenden Erkennisse, wie verschiedene wirtschaftliche Akteure optimal für alle zusammenkommen.
  • 2011: Thomas Sargent und Christopher Sims für ihre empirische Untersuchung von Ursache und Wirkung in der Makroökonomie
  • 2010: P. Diamond, D. Mortensen, C. Pissarides: für ihre Such-Theorie für Märkte wie den Arbeitsmarkt
  • 2009: Elinor Ostrom, Oliver Eaton Williamson, USA: für ihre Studien über eine konfliktfreie Organisation der Märkte
  • 2008: Paul Krugman, USA: für seine Studien als Handelstheoretiker
  • 2007: Leonid Hurwicz, Eric Maskin, Rober Myerson, alle USA: für die Entwicklung der Theorie des Mechanism Design
  • 2006: Edmund Phelps, USA: für die Erforschung des Zusammenhangs von Preisentwicklung und Arbeitsmarkt
  • 2005: Robert Aumann, Israel und USA, Thomas Schelling, USA: für die Weiterentwicklung der Spieltheorie auf Konfliktsituationen
  • 2004: Finn Kydland, Norwegen, Edward Prescott, USA: für ihren Beitrag zur dynamischen Makroökonomie
  • 2003: Robert Engle, USA, Clive Granger, Großbritannien: für Methoden zur Analyse ökonomischer Zeitreihen
  • 2002: Daniel Kahneman, USA und Israel, Vernon Smith, USA: für die Einführung psychologischer Herangehensweisen in die Wirtschaftswissenschaft
  • 2001: George Akerlof, Michal Spence, Joseph Stiglitz, alle USA: für ihre Analyse von Märkten asymmetrischer Information

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