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Mückenatlas Deutschland Fangt Mücken für das Bürgerforscher-Projekt!

Immer mehr exotische Mückenarten kommen nach Deutschland. Sie können Krankheiten übertragen, wenn sie mit Erregern infiziert sind. Wo und wie viele exotische Mücken sich bei uns aufhalten, überprüfen Wissenschaftler mit dem Mückenatlas und eurer Hilfe.

Stand: 17.08.2023

Seit 2004 wurden in Deutschland fünf exotische Stechmücken-Arten entdeckt, die sich zum Teil hierzulande angesiedelt haben und ausbreiten: die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), die Asiatische Buschmücke (Aedes japonicus), Aedes koreicus, Culiseta longiareolata und Anopheles petragnani.

Das Problem: Exotische Mücken haben das Potenzial, gefährlich zu sein. Denn sie können Tropenkrankheiten übertragen. Allerdings nur, wenn sie mit exotischen Krankheitserregern wie Viren oder Parasiten infiziert sind. Diese sind zwar schon nach Europa vorgedrungen, aber in Deutschland bislang nicht heimisch.

Der Mückenatlas - ein Bürgerforscher-Projekt

Forscher beobachten die eingewanderten exotischen Mücken genau und verfolgen, welche Arten tropischer Stechmücken wo in Deutschland zu finden sind. Dafür wurde 2012 der Mückenatlas ins Leben gerufen. Bei diesem Projekt kann jeder Bürger in Deutschland mitmachen und Mücken einsenden. Initiatoren sind das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg und das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in Greifswald. Inzwischen hat sich der Mückenatlas zu einem der erfolgreichsten Citizen-Science-Projekte, also Bürgerforscher-Projekte, entwickelt.

Beim Mückenatlas zählt jede Mücke

Mücken sammeln für die Forschung.

Bislang haben die Wissenschaftler von über 34.000 Teilnehmenden mehr als 202.000 Stechmücken aus ganz Deutschland bekommen (Stand: August 2023). Zehntausende Mücken bestimmen und kartieren sie jedes Jahr für den Mückenatlas und leiten sogar ihre Forschungsfragen von den Einsendungen ab, sagt Mückenexpertin Doreen Werner vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). Sie betreut den Mückenatlas unter anderem. Um ein möglichst großes Spektrum an Arten zu fangen, haben Forscher des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), Partner des Bürgerforscher-Projektes, bundesweit auch rund 100 Mücken-Fallen an sehr spezifischen Standorten aufgestellt.

Mücken gejagt, verschickt und dann?

Trotz der Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie wurden in den Jahren 2020 und 2021 Tausende Mücken an das Forschungsprojekt geschickt. Auch Infektionen mit dem West-Nil-Virus bei Pferden, Vögeln und Menschen wurden verzeichnet. In Baden-Württemberg konnte mithilfe der Mückenatlas-Einsendungen ein neues Vorkommen der Asiatischen Tigermücke nachgewiesen werden. 2022, im vergangenen Sommer, wurden in einer Berliner Kleingartenanlage im Bezirk Treptow-Köpenick erneut Asiatische Tigermücken gefunden, nachdem sie bereits 2021 dort entdeckt worden waren.

Wie ihr beim Mückenatlas mitmachen könnt

Mitmachen, aber bitte nicht draufhauen!

Das Wichtigste zuerst: Bitte, zerklatscht Mücken nicht! Zerquetscht nützen die Insekten der Wissenschaft nicht mehr. Die Stechmücken sollen unbeschädigt eingefangen und in ein passendes Gefäß befördert werden, zum Beispiel ein Einweckglas. Danach kommen sie über Nacht ins Tiefkühlfach. Anschließend werden sie an das ZALF geschickt. Für den Mückenatlas suchen Forscher Mücken aus allen Teilen Deutschlands. Vor allem aus dünn besiedelten Regionen kommen wenige Einsendungen. Weitere Informationen zum Mückenatlas, wie ihr Mückenjäger werden könnt und Wissenswertes über Stechmücken gibt es hier:

"Durch die in Europa in den letzten Jahren zunehmenden Ausbrüche von Stechmücken-übertragenen Krankheiten wie Dengue-, West-Nil- oder Chikungunya-Fieber sowie den Zika-Virus-Ausbruch in Südamerika wurde die aktuelle Bedeutung von Stechmücken als Krankheitsüberträger unter Beweis gestellt. Zur Risikoabschätzung benötigen wir dringend Daten zur Verbreitung der in Deutschland vorkommenden invasiven und einheimischen Arten."

Doreen Werner, Biologin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF)

Wie kommen die exotischen Mücken nach Deutschland?

Die zunehmende Globalisierung und vor allem der länderübergreifende Warentransport begünstigen, dass Stechmücken, die bisher nicht in Deutschland zu finden waren, eingeschleppt werden und sich hier ansiedeln. Die Asiatische Tigermücke gilt als besonderes Risiko und ist vor allem in Bayern und Baden-Württemberg verbreitet. Weit mehr als zwanzig, vor allem aus den Tropen bekannte Krankheitserreger, könne diese Art nachweislich übertragen - darunter das Dengue-, Gelbfieber- und West-Nil-Virus, aber auch das berüchtigte Zika-Virus, sagt Helge Kampen, Infektionsbiologe am Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit in Greifswald, Mecklenburg-Vorpommern. Noch sind diese Viren aber nicht in Deutschland angekommen, nur ihre "Träger", tropische Mücken. Professor Sven Klimpel vom Senckenberg Deutsches Entomologisches Institut in Müncheberg fügt an:

"Wir wissen, dass wir es in naher Zukunft immer mehr mit durch Insekten übertragene Erkrankungen zu tun haben werden. Nicht gleich, aber in zehn, fünfzehn Jahren. Und da ist es wichtig, dass man weiß, welche Mückenarten vorkommen, um präventiv darauf einwirken zu können."

Professor Sven Klimpel

Heimische Mücken als Krankheitsüberträger

Doch nicht nur eingewanderte Mücken sollten beobachtet werden: Auch die gefährlichen tropischen Krankheitserreger können einwandern und dann von heimischen Mücken verbreitet werden. So infizierten sich seit 2019 in Deutschland mehrere Menschen mit dem West-Nil-Virus, das eigentlich aus Afrika stammt. Anfang Mai 2023 äußerte der Virologe Christian Drosten die Befürchtung, dass die Anzahl der Mücken, die das West-Nil-Virus in sich tragen, in Deutschland voraussichtlich zunehmen werde. Dennoch betonte er, dass kein Grund zu Panik bestehe.

Eigentlich ist das West-Nil-Fieber eine Tierseuche, die vor allem Vögel befällt. Sie kann aber auch Menschen krank machen. "Die Krankheit zeigt keine eindeutigen Symptome und kann von leichter Übelkeit und Kopfschmerzen über Fieber bis hin zu schweren neurologischen Schäden variieren", sagt Mücken-Expertin Doreen Werner.

Mücken und infizierte Menschen trennen

Das ZALF arbeitet mit dem Robert Koch-Institut (RKI) zusammen, um die Verbreitung von tropischen Krankheitserregern in Deutschland zu verhindern. Hat sich ein Reiserückkehrer mit einer Tropenkrankheit angesteckt, wird sein Wohnort kontrolliert und dafür gesorgt, dass diese Person in Deutschland nicht in Kontakt mit tropischen Mückenpopulationen kommt. Es scheint absurd, aber es ist möglich, Mücken und Menschen zu trennen, denn Mücken fliegen nur in kleinen Radien.

Mücken können Würmer auf Hunde übertragen

In Deutschland wurde zudem der von Mücken übertragene Hundeherzwurm (Dirofilaria immitis) als neuer Parasit nachgewiesen, der normalerweise im Mittelmeerraum vorkommt. Mücken übertragen die Wurmlarven auf Hunde. Ausgewachsen kann der Wurm das Hundeherz schädigen. Für Menschen ist er in der Regel ungefährlich. Anders der Hundehautwurm (Dirofilaria repens), der beim Menschen Hirnhautentzündung auslösen kann. Seine Larven wurden bereits in mehreren heimischen Stechmückenarten entdeckt.

Mücken und das Coronavirus

Als Überträger des SARS-CoV-2-Virus, das Covid-19 auslösen kann, taugen Stechmücken nicht. Das schreiben die Initiatoren des Mückenatlas auf ihrer Internetseite. Und das belegt unter anderem eine US-amerikanische Studie, die Mitte Juli 2020 im Fachmagazin "scientific reports" veröffentlicht wurde.

Die Rolle von Mücken im Ökosystem

Mücken sind lästig. Neben dem Stechen und Blutsaugen, das nur Weibchen zur Eiablage brauchen, erfüllen Mücken aber sinnvolle Aufgaben: Ähnlich wie Bienen bestäuben sie Blüten, Mücken-Larven bauen Mikroorganismen und kleinste organische Substanzen in Gewässern ab und Mücken sind das Futter von Vögeln und Fledermäusen.

Sendungen mit Infos rund um das Thema Mücken:


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