Religion & Orientierung


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Zeitstrahl Katholikentage im Überlick

Im Oktober 1848 treffen sich Christen zur ersten Generalversammlung in Deutschland. Heute versammeln sich Katholiken aus ganz Deutschland alle zwei Jahre in einer anderen Stadt. Dabei kam es immer wieder zu heftigen Konflikten.

Von: Andrea Kammhuber

Stand: 02.05.2016

  • 1848
    Vorparlament in der Paulskirche 1848 | Bild: picture-alliance/dpa

    Vorparlament in der Paulskirche 1848

    Oktober 1848

    Mainz - Aufbruchstimmung

    1848: Ein turbulentes Jahr. Das Jahr der Revolution, der Aufbruchsstimmung in Europa. In der Frankfurter Paulskirche wird vom 31. März bis zum 3. April die Frankfurter Nationalversammlung vorbereitet. Wie die politischen Bewegungen beanspruchen auch die Katholiken bürgerliche Freiheiten: Versammlungs-, Vereins- und Pressefreiheit, Gewissens- und Religionsfreiheit. Am 23. März wird in Mainz der "Pius-Verein für religiöse Freiheit" gegründet. Domkapitular Adam Franz Lennig, der Vorsitzende des Mainzer Pius-Vereins, lädt im Oktober zur ersten Generalversammlung ein.

  • 1849
    Steinerne Brücke in Regensburg und Dom | Bild: picture-alliance/dpa

    Steinerne Brücke in Regensburg und Dom

    1849

    Regensburg - Bayerns erster Katholikentag

    Ein Jahr nach dem ersten Katholikentreffen 1848 in Mainz finden gleich zwei Katholikentage statt: Im Frühjahr treffen sich die katholischen Laien in Breslau. Nur fünf Monate später, vom 2. Bis 10. Oktober 1849, findet der erste Katholikentag auf bayerischem Boden in Regensburg statt. Neben Fragen zu Bildung, Erziehung und Caritas haben die Katholiken ein zentrales Anliegen: die "Freiheit der Kirche vom Staat". Auf dem Katholikentag in Regensburg wird auch der "Bonifatiusverein für das katholische Deutschland" gegründet.

  • 1868
    Legitimationskarte | Bild: Staatsbib. Bamberg

    Legitimationskarte für den Zutritt zum Kirchentag

    1868

    Bamberg - Die Folgen des Konzils

    1868 beschließt der 19. Katholikentag in Bamberg die Bildung des "Zentralkomitees der deutschen Katholikentage", das künftig die "Generalversammlungen der katholischen Vereine" vorbereiten soll. Zum ersten Präsidenten wird Karl Fürst zu Löwenstein ernannt. Er will ein sozialpolitisches Programm formulieren lassen und lädt Vordenker der sozialistischen Soziallehre ins Schloss Haid nach Böhmen ein.

  • 1871
    Otto von Bismarck | Bild: picture-alliance/dpa

    Otto von Bismarck

    1871

    Mainz - Empörung in Europa

    1870 hatte Papst Pius IX. erklärt, dass der Papst unfehlbar sei. Ein Dogma. Viele liberal denkenden Menschen in Europa sind empört. Auch im mehrheitlich protestantischen Preußen regt sich Widerspruch. Otto von Bismarck verurteilt das Unfehlbarkeitsdogma. Überhaupt ist ihm die katholische Kirche und ihre Einmischung in die Politik ein Dorn im Auge.

  • 1913

    1913

    Metz - Kurz vor dem Krieg

    Die letzte Generalversammlung der Katholiken vor dem 1. Weltkrieg findet 1913 in Metz statt. Präsident ist Alois Fürst zu Löwenstein, die Organisation übernimmt ein junger Jurist: Dr. Robert Schuman. Der Erste Weltkrieg macht die Generalversammlungen erst einmal unmöglich. Die nationale Begeisterung erfasst auch viele Katholiken. Nicht wenige melden sich freiwillig für den Kriegsdienst, um mehr Respekt und Gleichberechtigung im Reich zu erhalten. Die Kriegsbegeisterten beschriften sie mit Parolen wie "Von München über Metz nach Paris" (Foto).

  • 1922
    Undatierte Aufnahme von Kardinal Michael von Faulhaber. | Bild: picture-alliance/dpa

    Kardinal Michael von Faulhaber

    1922

    München - Auf dem Weg zur Demokratie

    In seiner Eröffnungsansprache rückt der Münchner Kardinal Michael Faulhaber die Revolution von 1918 und die dadurch möglich gewordene Gründung der Weimarer Republik in die Nähe von "Meineid und Hochverrat". In 23 Reden ruft er die Christen zum Gehorsam gegenüber den Bischöfen auf. Es kommt zum Streit mit dem amtierenden Präsidenten des Katholikentags, dem damaligen Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer. Kardinal Faulhaber wehrt sich entschieden gegen ein "Laienregiment" und möchte die Katholikentage auf Exerzitien reduzieren.

  • 1931

    1931

    Nürnberg - Auf protestantischem Boden

    Erst 1931 wird mit Nürnberg zum ersten Mal eine traditionell rein protestantische Großstadt zum Veranstaltungsort des Katholikentags gewählt, da die Stadt durch die Zuwanderung seit dem 19. Jahrhundert einen bedeutenden katholischen Bevölkerungsanteil erhalten hatte. Die nationalsozialistische Gesinnung weitet sich aus. Joseph Joos, Präsident des Katholikentags, warnt vor dem Unheil dieser Entwicklung.

  • 1933

    1933

    Das vorläufige Ende unter Hitler

    Nach der Machtergreifung der NSDAP drängen die Nationalsozialisten die Kirchen aus dem öffentlichen Leben. Von den Katholikentagen wird ein Treuebekenntnis zum Dritten Reich verlangt. Die Verantwortlichen weigern sich. Als Konsequenz werden Versammlungen untersagt, die katholischen Verbände aufgelöst. Von den Katholikentagen wird ein Treuebekenntnis zum Dritten Reich verlangt. Die Verantwortlichen weigern sich. In den kommenden Jahren unter Hitler wird kein Katholikentag mehr stattfinden.

  • 1945
    Vertriebene nach dem zweiten Weltkrieg | Bild: picture-alliance/dpa

    Ein Flüchtlingszug mit Sudentendeutschen ist im Durchgangslager Wiesau eingetroffen.

    1945

    Deutschland - Mühsamer Wiederaufbau

    Durch den Krieg, Flucht und Vertreibung bricht die Seelsorge zusammen. Die internationalen Verbindungen der deutschen Katholiken sind im Krieg zerrissen. Mühsam muss das Vertrauen wieder aufgebaut werden. Über eine halbe Million Heimatvertriebene und Flüchtlinge passieren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges das Durchgangslager in Wiesau (Foto).

  • 1948
    Pakat "Deutscher Katholikentag Mainz 1948" | Bild: picture-alliance/dpa

    Plakat zur Ankündigung des Katholikentages

    1948

    Mainz - Vom Umgang mit Schuld und Versagen

    Der erste Katholikentag nach dem Krieg findet 1948 in Mainz statt und feiert zugleich sein 100-jähriges Jubiläum. Das Motto lautet: "Nicht klagen, handeln!" Das steht auch auf dem Plakat, das den 72. Katholikentag ankündet. Man will christliches Engagement zeigen und sich um den Wiederaufbau kümmern. Vor allem geht es darum, sich Schuld und Versagen gegenüber den Juden einzugestehen und sich entschieden für einen demokratischen Staat einzusetzen, die Bundesrepublik Deutschland.

  • 1949
    Bochum 1949 | Bild: picture-alliance/dpa

    Gottesdienst auf dem Bochumer Katholikentag.

    1949

    Bochum - Den Neuanfang wagen

    Der zweite Katholikentag nach dem Zweiten Weltkrieg steht unter dem Motto "Gerechtigkeit schafft Frieden". Von den Entschlüssen des Katholikentages gehen starke Impulse für die Sozialpolitik aus, z.B. Resolutionen zur Mitbestimmung und zur Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand. Der Bochumer Katholikentag ist die größte katholische Glaubenskundgebung in den Jahren des Wiederaufbaus. An der Schlusskundgebung nehmen rund eine halbe Million Gläubige teil. Sie stehen auf einem Stoppelfeld vor dem Hintergrund der Bochumer Vereins-Hochöfen, Schlackenhalden und Fördertürme.

  • 1952

    1952

    Berlin - Tage der Einheit

    "Gott lebt"- unter diesem Motto steht der 75. Deutsche Katholikentag, der vom 19.-24. August 1952 im geteilten Berlin stattfindet. Die Organisatoren vermeiden politische Themen. Und doch hat dieses Treffen die Anmutung einer Demonstration. Besonders den vielen Teilnehmer aus der Sowjetzone macht es Hoffnung, denn die Schikanen seitens des SED-Regimes sind immens. Prof. Hans Maier, der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken von 1976-1988, erinnert sich.

  • 1962
    Papst Johannes XXIII. bei der feierlichen Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils im Jahre 1962. | Bild: BR

    Papst Johannes XXIII.

    1962

    Hannover- Die große Revolution

    Papst Johannes XXIII. wagt die Revolution. Er möchte die Botschaft der Kirche in die heutige Zeit übersetzen. Dazu lädt er über 3.000 Bischöfe aus aller Welt und viele bedeutende Theologen zwischen 1962 und 1965 nach Rom ein. Zu den Neuerungen gehört etwa die grundlegende Reform der Liturgie mit der Erlaubnis zur Verwendung der Landessprache im Gottesdienst und mit der Zelebration "zum Volk hin". Die Rolle der Laien soll gestärkt werden. Ein Thema auch auf dem Katholikentag in Hannover.

  • 1966

    1966

    Bamberg - Auf neuen Pfaden

    Der erste Katholikentag nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) findet vom 13. bis 17. Juli 1966 in Bamberg statt. Für die deutschen Katholiken ist es die erste Gelegenheit, die Neuorientierung der katholischen Kirche im 20. Jahrhundert umzusetzen und das Konzil "einzudeutschen". Ein wesentlicher Motor dieses Treffens wird der damalige Bamberger Erzbischof Josef Schneider (1906-1998), der auch an sämtlichen Sitzungen des Konzils teilnimmt. Der junge Theologieprofessor Joseph Ratzinger äußert seine Bedenken was die bevorstehenden Neuerungen in der Kirche anbelangt.

  • 1968

    1968

    Essen - Protest und Aufruhr

    Vier Wochen vor dem Katholikentag in Essen hatte Papst Paul VI. seine Enzyklika "Humanae vitae" veröffentlicht. Darin verurteilt der Papst die Pille als Mittel zur Empfängnis-verhütung. Der Katholikentag in Essen gerät in Aufruhr. 4.000 Besucher eines Forumsgesprächs, bei dem es um die christliche Ehe auf Grundlage von "Humanae Vitae" geht, verfassen eine Resolution. Darin bitten sie den Papst, die lehramtliche Position zur Empfängnisverhütung zu überarbeiten.

  • 1984

    1984

    München - Der Aufbruch der Jugend

    "Dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt", dieses Wort von Pater Alfred Delp steht über dem Katholikentag, der vom 4.-8. Juli 1984 in München stattfindet. Ein Event mit mehr als 100.000 Gästen, die über politische Fragen, Frieden, Umweltschutz und ethische Themen wie den "Schutz des ungeborenen Lebens" diskutieren. 70 % der Teilnehmer sind keine 25 Jahre alt. Viele wünschen sich allerdings eine ökumenische Feier. Der gemeinsame Auftritt des evangelischen Theologen Jörg Zink und Prof. Hans Küng auf einer Gegenveranstaltung von "Kirche von unten" sorgt für Schlagzeilen.

  • 1990
    Kardinal Sterzinsky auf dem Katholikentag in Berlin | Bild: picture-alliance/dpa

    Kardinal Sterzinsky

    1990

    Berlin - Wieder vereint

    1989 löst Georg Sterzinsky Joachim Meisner als Bischof von Berlin ab. Ab 1990 begleitet Kardinal Sterzinsky (Foto) die Neuordnung der Katholischen Kirche in den neuen Bundesländern. 35.000 Gläubige aus der DDR und 90.000 westliche Teilnehmer versammeln sich unter dem Motto "Wie im Himmel so auf Erden" zum 90. Deutschen Katholikentag in Berlin. Es ist der erste Katholikentag nach dem Fall der Mauer. Die "grenzenlose" Begeisterung ist groß, die Erwartungen auch. Die nächsten Katholikentage werden nüchterner.

  • 1994

    1994

    Dresden - Auf der Suche nach Einheit

    Der 92. Deutsche Katholikentag in Dresden 1994 ist der erste Katholikentag in den neuen Bundesländern. Im Mittelpunkt steht die Suche nach dem Weg zur Einheit - der staatlichen und gesellschaftlichen Einheit in Deutschland, Europa und der einen Welt, der Einheit unter den Christen und Religionen. Das Leitwort: "Unterwegs zur Einheit". In über tausend Veranstaltungen wird gesungen, gebetet und diskutiert über Menschenwürde, Lebensrecht und die Verantwortung der Christen in der Welt. Doch das Leitwort "Unterwegs zur Einheit" sehen viele Kritiker als nicht eingelöst.

  • 2000

    2000

    Hamburg - Neu vernetzt

    "Sein ist die Zeit" unter diesem Motto steht der 94. Deutsche Katholikentag in Hamburg. Rund 50.000 Besucher machen sich zu dem Mega-Kirchen-Event auf den Weg in die Hansestadt. Im Mittelpunkt stehen Fragen der Ökumene, die Sozialarbeit der Kirchen sowie die gesellschaftlichen Veränderungen durch die zunehmende Globalisierung der Wirtschaft. Der Katholikentag begibt sich auch in der virtuellen Welt auf Spurensuche.

  • 2003

    2003

    Berlin - 1. Ökumenischer Kirchentag

    Der ökumenische Kirchentag wird gemeinsam vom Deutschen Evangelischen Kirchentag und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken organisiert. Unter dem Motto "Ihr sollt ein Segen sein" ist es die erste gemeinsame Veranstaltung der beiden großen Kirchen in Deutschland seit ihrer Spaltung vor mehr als 450 Jahren. Fast 200.000 Besucher bringen mit ihren orangenen Kirchentagsschals Farbe in die Stadt. Der Streit ums gemeinsame Abendmahl sorgt für Zündstoff. Der katholische Priester Gotthold Hasenhüttl wird anschließend suspendiert. 2006 verliert er auch seine Lehrerlaubnis.

  • 2004

    2004

    Ulm - Neue Offenheit

    Unter dem Motto "Leben aus Gottes Kraft". diskutieren rund 30.000 Besucher in Ulm über gesellschaftspolitische Streitthemen - von der Alterssicherung über Grenzen der Biotechnik bis zum Dialog mit dem Islam. Binnenkirchlich stehen die Forderung nach einer gemeinsamen Synode aller deutschen Bistümer und die Themen Ökumene, Priestermangel und Finanznöte auf dem Programm. Bernd Niebrügge berichtet über den Katholikentag in Ulm.

  • 2010

    2010

    München - Verantwortung tragen

    "Damit ihr Hoffnung habt" unter diesem Leitwort steht der 2. Ökumenische Kirchentag, der vom12.-16. Mai 2010 in München stattfindet. Christinnen und Christen verschiedener Konfessionen stehen zu ihrer Verantwortung für die Zukunft von Kirche und Welt. Sie beten gemeinsam und diskutieren über gesellschaftspolitische Fragen, über soziale Gerechtigkeit, Ethik und Bewahrung der Schöpfung. Es gibt keine Tabuthemen: offen wird auf den Podien über sexuellen Missbrauch in der Kirche gesprochen, über Homosexualität und Fundamentalismus.

  • 2012

    2012

    Mannheim - Den Aufbruch wagen

    Beim Katholikentag in Mannheim stehen Themen wie demografischer Wandel, Klimawandel und Integration im Mittelpunkt. Rund 80.000 Besucher suchen im multikulturellen Mannheim nach Lösungsansätzen, z.B. wie der Dialog der Kulturen im alltäglichen Zusammenleben besser gelingen kann. Sie gehen aber auch der Frage nach, wo liegen die Grenzen der Toleranz? Unter dem Motto "Einen neuen Aufbruch wagen" geht es in Zeiten des von den Bischöfen ausgerufenen Dialogprozesses um eine verbesserte Gesprächskultur und die Glaubwürdigkeit der Kirche.


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