Religion & Orientierung


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Jüdisches Leben in Bayern Deportation aus Bayern

Zu Beginn der 40er-Jahre des 20. Jahrhunderts drohte den in Deutschland verbliebenen Juden die von den Nazis so genannte "Endlösung": die Deportation in die Vernichtungslager. Schon vor der Wannsee-Konferenz im Januar 1942, bei der die Nazis organisatorische Einzelheiten besprachen, war die Tötungs-Maschinerie auf vollen Touren angelaufen.

Stand: 03.01.2021 | Archiv

Aus Würzburg deportierte Jüdin | Bild: picture-alliance/dpa

Ende der 1930er-Jahre wurde die Situation für Juden unerträglich. Diejenigen, die nicht "freiwillig" Deutschland verlassen hatten, wurden zwangsenteignet - ihr Besitz "arisiert". Zudem wurden sie systematisch derart entrechtet, dass zur Auswanderung eigentlich keine Alternative blieb. Doch auch dafür errichteten die Nazis durch die fast unbezahlbare "Reichsfluchtsteuer" eine hohe Hürde, 1941 verbot man den Juden die Emigration ganz und entzog ihnen gleichzeitig die deutsche Staatsbürgerschaft.

Den verbliebenen Juden drohte nun die von den Nazis so genannte "Endlösung": die Deportation in die Vernichtungslager. Schon vor der Wannsee-Konferenz im Januar 1942, bei der die Nazis organisatorische Einzelheiten besprachen, war die Tötungs-Maschinerie auf vollen Touren angelaufen.

Systematische Ermordung bayerischer Juden in KZs
DatumDeportierte JudenZiel
20.11.19411.000 aus Altbayern und SchwabenRiga
27.11.1941535 aus Nürnberg, 202 aus Würzburg, 106 aus BambergRiga
24.03.1942650 aus Nürnberg, 335 aus WürzburgIzbica bei Lublin
03.04.1942433 aus Schwaben, 343 aus München, 213 aus Sammelstelle RegensburgPiaski bei Lublin
25.04.1942856 aus Würzburg, 105 aus BambergIzbica bei Lublin
03.06.1942 - 23.02.19451.674 bei 40 Deportationen aus Sammelstelle München-MilbertshofenTheresienstadt
Sept. 1942884 aus FrankenTheresienstadt
13.03.1943Unbekannte Anzahl aus der Sammelstelle München-MilbertshofenAuschwitz
17./18.06.194370 aus Nürnberg und Fürth, 57 aus Würzburg, 16 aus BambergAuschwitz
Quelle: Wolfgang Benz, Deportation und ErmordungIn: Geschichte und Kultur der Juden in Bayern, Aufsätze (hg. von Manfred Treml)

Die Nazis wickelten den Genozid so anonym wie möglich ab und vernichteten die Beweise. Natürlich stehen hinter diesen abstrakten Zahlen konkrete Einzelschicksale. Doch Informationen darüber sind bis auf die wenigen Berichte von Überlebenden so gut wie nicht vorhanden. Nur so viel ist klar: Zurück aus den Lagern kam fast niemand.

Hintergrund - Schicksal der Juden in den Lagern

Riga

Die Bedingungen im Rigaer Lager "Jungfernhof" waren so schlecht, dass dort täglich 20 bis 30 Menschen starben. Die übrigen wurden erschossen.

Piaski, Izbica

Die dorthin verbrachten Juden wurden vermutlich zum größten Teil im Frühjahr 1943 in den Gaskammern der Vernichtungslager Belzec und Sobibor ermordet.

Theresienstadt

Bei der Verschleppung ins "Altersghetto" Theresienstadt (heute: Terezin) gaukelten die Nazis den Juden vor, es handle sich um einen "Umzug" in einen Rentenwohnsitz. In Wirklichkeit ging es um Enteignung.

Auschwitz

Die Deportation nach Auschwitz bedeutete für die meisten den sofortigen Tod in der Gaskammer, wenn nicht zuvor noch die Restarbeitskraft ausgebeutet wurde.

Bilanz des Grauens

1933 lebten in Bayern knapp 42.000 Juden. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs waren es noch etwa 10.000. Vom Herbst 1941 bis Februar 1945 wurden 8.376 davon nach Recherchen des Antisemitismus-Forschers Wolfgang Benz deportiert. Fast alle fielen der Shoa zum Opfer.

Über die Ermordung bayerischer Juden vor allem in den KZs, die die Nazis im besetzten Polen errichtet hatten, darf nicht vergessen werden, dass jüdische und andere Häftlinge aus vielen Nationen in bayerischen Lagern umkamen.

Die KZs Dachau und Flossenbürg waren von den Nazis zwar nicht als Vernichtungslager eingerichtet, dennoch wurden auch sie zu Stätten des Massenmordes. In Dachau starben mindestens 30.000 Menschen durch Erschießungen, medizinische Experimente, Folter, Hunger, Krankheiten oder Erschöpfung.

Ebenfalls rund 30.000 Todesopfer durch gezielte Tötung oder katastrophale Lebensbedingungen waren in Flossenbürg zu beklagen.


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