Kultur - Kunst und Design


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Traunreut Maximum an Kunst

Heiner Friedrichs Kunstmuseum "DASMAXIMUM" in Traunreut hat eine neue Skulptur in seinem Bestand: John Chamberlains "Burnt Piano" ist eines der letzten Werke des 2011 gestorbenen amerikanischen Bildhauers.

Stand: 29.07.2013 | Archiv

John Chamberlain: BURNTPIANO, um 2009 | Bild: Franz Kimmel

Die Traunreuter Fridtjof-Nansen-Straße gehörte lange nicht zu den Adressen, die versierte Kunstmuseumsbesucher in ihr Navi programmiert hatten. 1938 um eine Munitionsfabrik herum entstanden, wurde aus der Gemeinde erst 1960 eine Stadt. Und mindestens genauso jung wie Traunreut ist auch die Kunst, die DASMAXIMUM in den alten Munitionslagerhallen der Fabrik zeigt, wo nach dem Krieg zunächst Bohrmaschinen hergestellt wurden.

Heiner Friedrich ist der Sohn jenes Bohrmaschinenfabrikanten - und der Stifter des Museums. In den 60ern führte er zusammen mit Franz Dahlem eine Galerie in München und brachte mit Cy Twombly und Dan Flavin damals noch völlig unbekannte amerikanische Künstler an die Isar.

Ein Galerist, seiner Zeit voraus

Heiner Friedrich

Er sei ohnehin ständig in New York gewesen, sagt Friedrich, Andy Warhol, Cy Twombly und Walter De Maria habe er bereits gekannt, als ihm eines Tages John Chamberlain auf der Straße über den Weg gelaufen sei. Chamberlain hatte in den späten 50ern angefangen, mit einer Schrottpresse alte Autokarosserien zu herrlich beschwingten Skulpturen zu falten. Neun davon sind in der Nordhalle des neuen Museums ausgestellt, neun von über 150, die sich in Friedrichs Besitz befinden. Viele Werke aus seinem Bestand zeigt er in den Räumen der Dia Art Foundation an verschiedenen Orten in den Vereinigten Staaten, wo er seit 1971 lebt. 

Die Künstler, die er schätzt, fördert oder begleitet er Jahrzehnte, wenn nicht ihr Leben lang. Vielleicht ist "Dauer" überhaupt ein Lebensthema Friedrichs: Für ihn, der sich so der Kunst verschrieben hat, ist es eine Herzensangelegenheit, Werke dauerhaft zugänglich zu machen. Mindestens drei Jahre soll die Auswahl an Arbeiten in den Museumshallen so bleiben - höchstens Maria Zerres könnte Friedrich da einen Strich durch die Rechnung machen, aber natürlich mit seiner Erlaubnis. Die 1961 geborene Malerin arbeitet in ihrem Traunreuter Atelier und darf in den von ihr bespielten Räumen frei schalten und walten. Im hintersten Saal hängen Gemälde, die sind so neu, dass sie zurzeit weder auf dem Raumplan verzeichnet sind noch überhaupt Titel haben.

Kunst für immer

Rauminstallation von Walter De Maria

"Dauer" verbindet Friedrich auch besonders mit dem "Land Art"-Künstler Walter De Maria, der den Raum der Galerie Friedrich in München 1968 mit 50 Kubikmetern Erde anfüllte. Die Erdschicht war etwa 60 Zentimeter hoch, die Galerie nicht mehr betretbar. Seit 1977 gibt es De Marias "Earth Room" in New York als Dauerinstallation im Rahmen von Friedrichs Dia Art Foundation. Vieles von dem, was De Maria vorschwebte, half Friedrich umzusetzen. Das legendäre "Lightning Field" auf einem Hochplateau in New Mexico beispielsweise, wo man während abendlicher Gewitter beobachten kann, wie Blitze in die 400 Stahlpfähle einschlagen. Das Ganze geht nur mit Übernachtung. Hinfahren, kurz schauen und wieder zurückfahren ist nicht drin.

Zeit für Kunst

Genau wie in Traunreut - wer von München oder Salzburg kommt, hat ohnehin schon eine Weile im Zug oder Auto verbracht. Schnell durch die Ausstellung zu rennen, würde nicht nur zeitlich in keinem Verhältnis stehen, es würde auch der Kunst nicht gerecht. Hier hängen Werke von Warhol aus den 80ern, die man nicht oft im Museum sieht, Fotografien von Chamberlain, die man noch seltener zu sehen bekommt. Klar, wer sein Museum DASMAXIMUM nennt, lehnt sich weit aus dem Fenster, denn ein Maximum kennt keine Steigerung. Besser geht's nicht - und besser, das stimmt dann auch. Tut es.

Mit alten Gewohnheiten brechen

Auch wenn sich über einige Dinge streiten ließe. Friedrich hat sehr klare Vorstellungen davon, wie er die Kunst in den Mittelpunkt rücken möchte. Dazu gehört für ihn auch, auf eine Werkbeschreibung neben oder unter den Arbeiten zu verzichten. Wer wissen will, wovor er gerade steht, muss sich mithilfe des Raumplans orientieren, auf dem Künstler und Werktitel verzeichnet sind - das wird sicher einige Besucher nerven, andererseits: Es zwingt sie auch, eingefahrene Bewegungsmuster zu ändern, die schließlich meist in gebückter Handlung unmittelbar vor der Wand enden oder da anfangen, und lässt die Besucher den eigenen Abstand zu den Arbeiten von vornherein frei finden. Und vielleicht findet sich bei einigen Besuchern die Traunreuter Adresse schon bald in der Favoritenliste des Navigationsgeräts.


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